Die Zuger bekommen den Wassermangel nun zu spüren

«Kühe haben lieber null statt dreissig Grad»

Manche mögen's weniger heiss. Kühe etwa. Und auch Gemüse.

(Bild: Adobe Stock)

Wir sitzen mitten in der Hitzephase. Die Wiesen sind schon ziemlich braun, die Waldbrandgefahr steigt, die Kühe sind unproduktiver. Während Bauern nun innovativ werden müssen, ist die Trockenheit für seltene Pflanzenarten eine Chance. Blöderweise aber auch für unerwünschtes Kraut.

Den Zugern blüht ein Nationalfeiertag ohne Schall und Rauch. Am Montag erliess der Kanton für den 1. August ein absolutes Feuerverbot im Freien (zentralplus berichtete). Will heissen: Nirgends im Freien darf man mehr Feuer entfachen, auch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern ist verboten. Wer sich dem widersetzt, macht sich strafbar.

Frank Kleiner, Sprecher der Zuger Strafverfolgungsbehörden, erklärt: «Entfacht jemand unerlaubterweise ein Feuer in einer Feuerstelle im Freien, wird das mit 200 Franken geahndet. Wenn jemand draussen Feuerwerkskörper zündet, kostet das 100 Franken.»

Kleiner gibt jedoch zu bedenken, dass solch unerlaubtes Verhalten auch zu einer Anzeige führen könne. «Etwa, wenn jemand fahrlässig handelt und beispielsweise zum Schaden eines anderen oder unter Herbeiführung der Gemeingefahr eine Feuersbrunst verursacht. Dann droht dem Verursacher eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe», sagt Kleiner.

«Rosensträucher sind zufrieden, wenn sie täglich eine Spritzkanne voll Wasser erhalten.»

Othmar Trinkler, Präsident Dorfgenossenschaft Menzingen

Nicht nur in Sachen Feuerwerk müssen Zuger Einschränkungen in Kauf nehmen. Am letzten Freitag hat die Dorfgenossenschaft Menzingen die Bevölkerung dazu aufgerufen, aktiv Wasser zu sparen. «Dies, nachdem wir festgestellt hatten, dass in der Gemeinde täglich bis zu 400 Kubikmeter Wasser mehr als üblich gebraucht wurden», sagt Othmar Trinkler, Präsident der Dorfgenossenschaft.

Derzeit herrscht in Zug sehr grosse Waldbrandgefahr. Darum haben die Kantone Zug und Luzern ein Feuerverbot erlassen.

Derzeit herrscht in Zug sehr grosse Waldbrandgefahr. Darum haben die Kantone Zug und Luzern ein Feuerverbot erlassen.

(Bild: Bundesamt für Umwelt)

Die Menzinger müssen bereits jetzt Wasser sparen

«Es ist anzunehmen, dass diese Zunahme aufgrund vermehrter Rasen- und Gartenbewässerung passierte.» Man wolle der Bevölkerung jedoch nicht unnötig Vorschriften machen, sondern diese sensibilisieren. «Man kann Wasser sparen, ohne auf Komfort zu verzichten. Rosensträucher sind zufrieden, wenn sie täglich eine Spritzkanne voll Wasser erhalten», so Trinkler. «Und allein, indem man beim Rasieren oder Zähneputzen das Wasser zwischendurch abschaltet, kann man Wasser sparen.»

Und obwohl nun diese Massnahmen in Menzingen ergriffen wurden, beteuert Trinkler: «Die Menzinger Bevölkerung muss noch nicht verdursten. Nicht zuletzt, weil wir im Notfall auch Wasser bei einer Nachbarversorgung in Bethlehem bei Edlibach beziehen dürften.» Dennoch sei die Einschränkung sinnvoll. Nicht zuletzt, weil es auch in den nächsten zwei Wochen nicht nach Regen aussehe.

Muss das arme Reh nun dürsten?

Im Gegenteil. Täglich sollen die Temperaturen in der kommenden Woche über die 30-Grad-Marke klettern. Muss man sich um die hiesige Flora und Fauna sorgen?

«Die Trockenheit sehe ich im Bezug auf Wildtiere aktuell nicht als Problem.»

Martin Ziegler vom Zuger Amt für Wald und Wild

Martin Ziegler vom Amt für Wald und Wild erklärt auf Nachfrage von zentralplus: «Die Trockenheit sehe ich im Bezug auf Wildtiere aktuell nicht als Problem. Rehe können noch immer Gras fressen, das weniger trocken ist, ausserdem gibt es Quell- und andere Bäche, die nach wie vor Wasser führen.» Es sei also nicht so, dass Rehe und Füchse Durst leiden müssten.

Im Gegensatz zu den Fischen, die hier und dort Gefahr laufen, auf dem Trockenen zu liegen. Oder aber, dass sie in den verbleibenden Wassertümpeln zu wenig Sauerstoff erhalten.

Darum etwa hat das Amt für Wald und Wild in kleineren Bächen, so etwa im Baarer Lissibach, Notabfischungen vorgenommen. «Wenn möglich, setzen wir die Fische im Unterlauf desselben Baches ab. Oder aber wir zügeln sie in benachbarte Gewässer», sagt Ziegler. «Natürlich aber nur in Flüsse und Seen, in denen die selben Fischarten bereits vorkommen», ergänzt der Abteilungsleiter für Schutzwald, Waldbiodiversität und Naturgefahren.

Frohe Zeiten für seltene Arten

Die Trockenheit hat jedoch nicht nur Nachteile, so Ziegler. «Die trockenen Wiesen sehen zwar schlimm aus, doch gibt es durchaus Arten, welche die aktuelle Wetterlage nicht nur ertragen, sondern gar davon profitieren. Darunter auch seltene Arten.» Gängige Pflanzen, welche insbesondere bei Feuchtigkeit gedeihen, würden bei der aktuellen Klimalage hingegen zurückgedrängt.

«Wenn es so heiss ist wie jetzt, bekommen die Blätter Sonnenbrand.»

Edgar Boog, Gemüsebauer aus Hünenberg

Doch es gibt auch eine Kehrseite der Medaille. So können sich laut Ziegler auf neu entstehenden Pionierstandorten, das heisst, dort, wo vertrocknete Pflanzen Lücken hinterlassen, invasive Arten niederlassen. «Ein typisches Beispiel ist etwa der Sommerflieder. Dieser sieht zwar schön aus, verdrängt jedoch die einheimische Vegetation», sagt Ziegler.

Für Gemüsebauern ist die Hitze schlimmer als die Trockenheit

Für den Hünenberger Gemüsebauern Edgar Boog ist nicht nur die Trockenheit, sondern insbesondere auch die Hitze ein Problem. «Wenn es so heiss ist wie jetzt, bekommen die Blätter Sonnenbrand. Deshalb versuchen wir, die heiklen Pflanzen mit Schattiernetzen zu schützen», sagt Boog.

Gerade für die Kulturen, die in Boogs «Buuregarte» wachsen, brauche es reichlich Wasser. «Wir sind jedoch darauf eingerichtet. Unser Hof liegt nahe an der Reuss, wir haben vom Kanton eine Bewilligung, dort Wasser abzupumpen, um unsere Kulturen zu bewässern», so der Bauer. «Aber das ist generell so bei Gemüsebauern. Sie alle haben in der Regel Wasserzugang. Ansonsten stünde zu viel Arbeit und Kapital auf dem Spiel.» Die Viehhaltung, die Gras und Heu benötigt leide deshalb eher unter dem Wassermangel, so Boog.

Und er hat Recht. «Das Futter wird je länger, je knapper», sagt der Hünenberger Milchbauer Philipp Hegglin. Insbesondere, weil man die Viehweiden nicht wässern könne. «Die guten Futtergräser werden weniger, die Qualität nimmt ab. Das werden wir wohl nächstes oder übernächstes Jahr zu spüren bekommen», so Hegglin.

Schon jetzt fehlt den Bauern ein Schnitt

Weil das Gras im Moment nicht wachse, fehle bereits ein Schnitt. «Damit der Boden nicht völlig austrocknet, lasse ich das Gras im Moment stehen», sagt der Bauer und ergänzt, «ob das etwas bringt, ist Spekulation.» Eine solche Trockenheit habe Hegglin noch nie erlebt.

«Für die Kühe ist die Hitze natürlich ein Stress.»

Philipp Hegglin, Hünenberger Landwirt

Er selbst mache sich zwar keine Sorgen, zu wenig Futter für seine Kühe zu haben. «Wir haben eine gute Futterbilanz und leben nicht über die Verhältnisse hinaus. Doch für die Kühe ist die Hitze natürlich ein Stress», so der Hünenberger.

«Kühe haben lieber null statt dreissig Grad. Mit zwei Grossraumlüftern erzeugen wir jedoch einen Zug im Stall, damit es einigermassen angenehm ist. Das Wohlbefinden der Tiere ist das A und O», sagt er. «Trotzdem leisten die Kühe bei dreissig Grad nicht gleich viel wie bei zwanzig. Das ist ja beim Menschen nicht anders.»

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