Obergericht fällt Urteil gegen Zuger Ex-Stadtrat

Ivo Romer: Entscheid der zweiten Instanz steht an

Ivo Romer (links) und sein Pflichtverteidiger Matthys Hausheer betreten das Gerichtsgebäude.

(Bild: Archiv / mam)

Der Fall warf vor sechs Jahre hohe Wellen: ein Stadtrat, der sozusagen als Nebenbeschäftigung eine ältere Dame betreute und ihr Millionenvermögen verprasste. Nun steht mit dem morgigen Urteil des Zuger Obergerichts der nächste Akt in der Causa Ivo Romer an. Es ist nicht anzunehmen, dass der Vorhang damit endgültig fallen wird.

Gut vier Monate nach der Berufsverhandlung am Zuger Obergericht (zentralplus berichtete) fällt die Berufungsinstanz am Mittwoch ihr Urteil gegen den früheren FDP-Stadtrat Ivo Romer.

Laut erstinstanzlichem Urteil hat der Ex-Magistrat das Vertrauen der Basler Witwe Alice Erika de Beaufort-Bubeck, die ihren späten Lebensabend in Zug verbrachte, gewonnen und ihr Vermögen für sich abgezweigt (zentralplus berichtete). Mit den so ergaunerten 3,8 Millionen Franken finanzierte er sich einen luxuriösen Lebensstil und trat bei Sportvereinen als Mäzen auf.

Alle Parteien legten Berufung ein

Im September 2011 verstarb die Millionärin de Beaufort, im April 2012 wurde durch ihre Nachkommen Strafanzeige eingereicht (siehe Box am Endes Artikels). Das Zuger Strafgericht verurteilte Romer im Februar 2017 zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren. Es sprach den einstigen Stadtzuger Finanzvorsteher zwar vom Vorwurf des Betrugs frei, verurteilte ihn jedoch wegen mehrfacher qualifizierter Veruntreuung, ungetreuer Geschäftsbesorgung und Urkundenfälschung.

Zudem soll er 1,9 Millionen Franken an die Nachkommen der Frau und 1,8 Millionen Franken an eine Stiftung zahlen. Die Staatsanwaltschaft will, dass Romer auch wegen Geldwäscherei verurteilt wird und beantragt eine Erhöhung der Strafe auf 5 Jahre und 4 Monate. Die Privatkläger verlangen zusätzlich einen Schuldspruch wegen Betrug. Im ersten Prozess forderte die Anklage noch eine Gefängnisstrafe von sechs Jahren und zehn Monaten.

Ivo Romer sieht sich als Justizopfer und verlangt einen Freispruch. Während des ersten Prozesses im Sommer 2016 sagte Romer, dass er bedaure, dass Frau de Beaufort nicht mehr unter uns sei und diesen Prozess beenden könnte. Gleichzeitig sprach er von «böswilligen Unterstellungen» und sei überzeugt, immer den Willen der Frau erfüllt zu haben.

«Ruiniert… und traurig, aber aufrecht»

Bei den Prozessen gab sich Romer einsilbig und wortkarg und unternahm keine Versuche, die Vorwürfe inhaltlich zu entkräften. Da er bereits während der Untersuchung die Aussagen verweigert hat, mussten die Indizien entscheiden. Er verdiene rund 500 bis 1’000 Franken im Monat, war eine der wenigen Wortmeldungen. «Ich bin ruiniert in meiner Existenz, traurig, aber ich bleibe aufrecht», so der Ex-Stadtrat damals.

Sollte eine Partei mit dem Urteil des Obergerichts nicht einverstanden sein, steht als letzte Berufungsinstanz das Bundesgericht an.

Chronologie der wichtigsten Ereignisse

2004: Ivo Romer lernt als UBS-Angestellter die 89-jährige vermögende Witwe Alice de Beaufort-Bubeck kennen und gewinnt ihr Vertrauen. Er beginnt sich um ihr Vermögen zu kümmern.

2006: Romer wird nach einer internen Untersuchung, die nicht nach aussen dringt, von der UBS Zug freigestellt. Er betreut die Frau von da an als privater Vermögensverwalter.

2009: FDP-Stadtrat Ulrich Straub tritt zurück. Ivo Romer ist der erste und einzige Ersatzkandidat der FDP und wird vom Stadtrat als gewählt erklärt.

September 2011: Alice de Beaufort-Bubeck stirbt im Alter von 96 Jahren. Von ihrem Vermögen von rund 6 Millionen Franken sind auf ihrem Privatkonto noch rund 15’000 Franken übrig. Auch eine von ihr errichtete Familienstiftung in Basel ist pleite.

April 2012: Die Kinder der verstorbenen Millionärin erstatten Anzeige gegen Ivo Romer. Die Vorwürfe: Veruntreuung, betrügerischer Missbrauch, Urkundenfälschung und Geldwäscherei.

November 2012: Es wird bekannt, dass die Zuger Staatsanwaltschaft gegen den damaligen FDP-Stadtrat und Finanzvorstand Ivo Romer ermittelt.

Dezember 2012: Romer tritt von seinem Amt zurück.

August 2014: Die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) des Zuger Parlaments kommt zum Schluss, dass Romer nicht systematisch seitens des Zuger Stadtrats oder von Mitgliedern der Vormundschaftsbehörde bewusst oder aktiv geschützt wurde.
Kritik übt die PUK jedoch an der Vormundschaftsbehörde und Sozialvorsteher Andreas Bossard (CSP). Sie habe 2010 zu wenig Druck auf Romer ausgeübt, als die Angehörigen meldeten, dass Romer die Rechnungen für Pflegeleistungen nicht mehr bezahle.

August 2015: Die Zuger Staatsanwaltschaft hat ihre Untersuchungen nach drei Jahren abgeschlossen. Es wird ein Indizienprozess, weil Romer grösstenteils die Aussagen verweigerte.

Juli 2016: Prozess am Strafgericht Zug

Februar 2017: Mündliche Urteilseröffnung. Das Zuger Strafgericht verurteilt Romer zu einer Freiheitsstrafe von 4,5 Jahren. Romer und sein Zuger Pflichtverteidiger Matthys Hausheer legen Berufung ein. Privatkläger und die Staatsanwaltschaft legen Anschlussberufung ein (siehe Box).

14. Dezember 2017: Berufungsprozess vor dem Zuger Obergericht. Alle Seiten im Verfahren haben Berufung eingelegt.

25. April 2018: Urteil des Zuger Obergerichts

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