Kritik an der Einführung von Betreuungsgutscheinen

Verein Zuger Chinderhüser streicht die Segel

Noch sind die Zuger Chinderhüser ein eigenständiger Verein. Eine politische Veränderung zwingt ihn jedoch zu drastischen Veränderungen.

(Bild: wia)

In der Stadt Zug werden kommendes Jahr Betreuungsgutscheine eingeführt. Damit sinke auch die Qualität in den Kitas drastisch, ist der Verein Zuger Chinderhüser sicher. Und er kritisiert den Kanton, der für die entsprechende Gesetzeslage zuständig ist. Nun lösen die Chinderhüser per Ende Jahr ihren Verein auf.

Wehmütig kommt er daher, der Jahresbericht der «Zuger Chinderhüser». Diese betreiben in der Stadt Zug drei Kinderkrippen. Die Organisation steht vor grossen Veränderungen. Ende 2018 löst sich der Verein nämlich auf und wird vom Verein Kibiz übernommen.

Gründe dafür gibt es mehrere, wie Geschäftsführerin Dora Trachsel gegenüber zentralplus sagt: «Gerne hätten wir in den letzten Jahren expandiert. So wollten wir zwei weitere Standorte eröffnen und haben unsere Geschäftsstelle personell entsprechend aufgestockt, um den Herausforderungen gewachsen zu sein.» Aufgrund verschiedener Umstände sei dem Verein die Eröffnung der weiteren Standorte jedoch verwehrt geblieben. Das Wachstum wäre für die Chinderhüser ein wichtiger Schritt gewesen, da die Chinderhüser betriebswirtschaftlich eine kritische Grösse aufweisen und der Konkurrenzdruck unter den Krippen immer grösser werde, so Trachsel.

Sinkt die Qualität in Kinderkrippen bald?

Zudem kommt eine weitere Hürde auf den Verein zu. Kommendes Jahr werden in der Stadt Zug Betreuungsgutscheine eingeführt. Mit den Gutscheinen sollen Wartelisten abgebaut und die Eltern die Freiheit bei der Auswahl des Betreuungsplatzes erhalten. Mit dem Modellwechsel können alle Eltern direkt Unterstützungsbeiträge bei der Stadt beziehen. Heute können nur einzelne Kitas von der Stadt subventionierte Betreuungsplätze anbieten.

«Es fallen wesentliche Qualitätsmerkmale weg, an denen wir uns orientiert haben.»

Dora Trachsel, Geschäftsführerin Zuger Chinderhüser

«Das Problem dieser Änderung ist, dass die Qualitätsansprüche nicht mehr die Stadt definiert, sondern sie sich nach den Kriterien der Betriebsbewilligungen des Kantons richtet», sagt Trachsel. «Und dieser stellt andere Anforderungen.» So habe die Stadt Zug von den Kinderkrippen mit subventionierten Plätzen etwa gefordert, dass diese über einen Aussenraum verfügen, dass Kinder mindestens an zwei Tagen in der Woche in der Krippe betreut werden und die Institutionen ein Qualitätssystem haben. «Nun fallen wesentliche Qualitätsmerkmale weg, an denen wir uns orientiert haben», so die Geschäftsführerin der Zuger Chinderhüser.

«Wir haben einen sehr hohen Qualitätsanspruch. Unser Personal ist gut ausgebildet und wird laufend weitergebildet», so Trachsel. Und weil man nicht nur junge Mitarbeitende einstelle, würde der Verein zudem höhere Sozialleistungen zahlen. Dennoch seien die Preise vertretbar, ist die Geschäftsführerin überzeugt.

Künftig müssen Kitas keine Aussenräume mehr zur Verfügung stellen.

Künftig müssen Kitas keine Aussenräume mehr zur Verfügung stellen.

(Bild: wia)

Agieren, um nicht reagieren zu müssen

Das ändert sich ab 2019

Für die familienergänzende Kinderbetreuung ist auf kantonaler Ebene das Sozialamt zuständig. Dort sieht man im neuen Modell klare Vorteile. Etwa, dass mit dem Modell der Betreuungsgutscheine die öffentliche Hand ihre Beiträge in Abhängigkeit der existierenden Betreuungsverhältnisse ermittelt. Bei der Objektsubventionierung hingegen erfolgten die wiederkehrenden Pauschalbeträge unabhängig der tatsächlich erbrachten Leistungen.

Und sie sagt: «Diese Umstände sowie die Tatsache, dass sich unsere Kostenstruktur infolge ausbleibendem Wachstum kurzfristig nicht verändern lässt, hat uns bewogen zu agieren, um nicht reagieren müssen.» So hätten sich die Zuger Chinderhüser «schweren Herzens, aber mit Überzeugung» dazu entschieden, sich dem Verein Kibiz anzuschliessen.

«Es ist der einzige Verein in der Stadt, dessen Qualitätsansprüche und Kultur in Etwa vergleichbar sind», führt Trachsel aus. Mit der Massnahme können Synergien genutzt werden. So brauche es nur noch eine Geschäftsstelle, womit viele administrative Abläufe vereinfacht oder wegfallen würden.

«Der entstehende Wettbewerb wird sich sicherlich positiv auf die Qualität der Betreuung in den Kitas auswirken.»

Jris Bischof, Leiterin Zuger Sozialamt

Qualitätsverlust? Das Sozialamt widerspricht

Dem Vorwurf, mit der Einführung der Betreuungsgutscheine würden auch die Qualitätsansprüche an die Kinderkrippen sinken, widerspricht Jris Bischof, die Leiterin des kantonalen Sozialamtes: «Die Kritik ist nicht nachvollziehbar. Aus kantonaler Sicht gibt es keinen Grund zur Annahme, dass mit Betreuungsgutscheinen die Qualität sinken solle, da die gesetzlichen Vorgaben beziehungsweise die Rahmenbedingungen nicht ändern.»

Sie ergänzt: «Das Modell der Subjektivsubventionierung ermöglicht Wahlfreiheit und mehr Wettbewerb. Dies wird sich sicherlich positiv auf die Qualität der Betreuung in den Kitas auswirken.» Will heissen: Eltern, die bis anhin auf finanzielle Unterstützung der Stadt angewiesen waren, konnten ihre Kinder bisher nur in subventionierte Krippen schicken. So also etwa in eines der Zuger Chinderhüser. «Mit dem neuen Modell kommt auch die Herausforderung, dass die ehemals subventionierten Kitas nicht mehr automatisch ausgelastet sind», so Bischof.

Während also bei den Zuger Chinderhüsern eine Abnahme der Qualität befürchtet wird, beteuert man auf Seiten des Kantons, dass die Qualität in den Kitas vielmehr steigen werde mit den Betreuungsgutscheinen. Widerspruch hin oder her: Stadtzuger Eltern dürften sich jedenfalls darüber freuen, dass sie künftig freie Hand bei der Kita-Wahl haben. Auch dann, wenn sie auf Subventionen angewiesen sind.

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