43-jähriger Franzose spionierte PIN-Code aus

Trickbetrüger erschleicht sich an Bankomaten eine Viertelmillion

Der Tatort des Trickbetrügers: UBS-Filialen. Mehr als eine Viertelmillion Franken erhaschte er sich hier.

(Bild: Symbolbild: flickr/Frieda Spirit)

Ein 43-jähriger Franzose hat während Jahren in UBS-Filialen Kunden bei der PIN-Eingabe ausspioniert. Auch Luzerner und Zuger gehörten zu seinen Opfern. Mehr als eine Viertelmillion Franken hat sich der Täter dabei erbeutet.

358’061 Franken in 81 vorgefundenen Fällen in fünfeinhalb Jahren: Ein 43-jähriger Franzose wird vom Kriminalgericht zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Ende Juli 2015 wurde der gebürtige Franzose aufgrund seines auffälligen Verhaltens und des Signalements in einer UBS-Filiale in Zug von einem Polizisten festgenommen. Der Täter war in Frankreich bereits vorbestraft und hat sich einen Namen als Spezialist für Trickdiebstähle und missbräuchliche Geldbezüge erarbeitet, wie aus einem eben veröffentlichten Urteil des Luzerner Kriminalgerichts hervorgeht.

Täter handelte «mehrfach, im grossen Stil»

Der Täter handelte wiederholt mit derselben Masche: Er hielt sich jeweils in der Nähe eines UBS-Bankomaten auf und suchte sich ein geeignetes Opfer aus. Während diese Person am Bankomaten den PIN-Code eingab, sprach er die Person an und lenkte sie so ab. Zeitgleich spionierte er das Opfer beim Eingeben der PIN aus. Er verdeckte mit seiner Hand oder einem Gegenstand den Kartenschlitz, drückte die Abbruchtaste und steckte die Karte bei sich ein. Dem Opfer sagte er dann, dass der Automat defekt sei und die Karte eingezogen wurde. Im Anschluss bezog er mit der erbeuteten Karte Geld. Da die Taten jeweils zu Wochenendbeginn stattfanden, konnte er so während zwei Tagen die Bezugslimite ausschöpfen. Weshalb der Täter ausschliesslich in UBS-Filialen sein Unwesen trieb, geht aus dem Gerichtsurteil nicht hervor.

Täter weist die Schuld in 59 Fällen von sich

Der Täter gestand 24 der Tatvorwürfe. In den 59 übrigen Fällen bestritt er seine Schuld. Er habe sich zu diesen Zeitpunkten nicht in der Schweiz aufgehalten oder erkenne sich selbst nicht auf den Fotos der Überwachungskameras der UBS-Filialen. Auch komme er aus «einer Familie von Dieben» – so dass auf den Beweisfotos eine Person abgebildet sei, die ihm nur «sehr ähnlich» sehe.

Beweisstücke reichen nicht aus – entlasten Täter jedoch auch nicht

Die Verteidigerin des Verurteilten kritisierte, dass die Polizei bei der Fotodokumentation der Überwachungskameras der Bankfilialen keine Gesichtsmerkmale – wie Muttermale – erarbeiten konnte, die für eine klare Übereinstimmung des Angeklagten mit der Person auf dem Foto sprechen würden. Die Statur der Person auf den Fotos und diejenige des Verurteilten stimmen jedoch überein.

Auch trug der Täter auf den unterschiedlichen Fotos zum Teil dieselbe Kleidung – eine helle Schiebermütze, ein silbernes Armband und einen grauen Mantel. Diese Kleidung wurde auf Fotos derjenigen Taten ausfindig gemacht, die der Trickbetrüger gestanden hat. Dieselbe Kleidung ist jedoch auch auf Überwachungsbildern von Fällen zu sehen, die der Verbrecher bestritten hat. Mit anderen Worten: Aus Sicht der Polizei reichen die Fotos als Beweis für die Täterschaft des Verurteilten nicht aus – jedoch entlasten sie ihn auch nicht. Die Fotos der Überwachungskameras stellen nichtsdestotrotz ein wichtiges Belastungsindiz dar.

Als weiteres Indiz wurde er wiederholt von Radaren geblitzt. Seine Identität auf diesen Fotos bestritt er nicht. Sie beweisen, dass sich der Straftäter zu diesen Zeitpunkten in der Schweiz aufgehalten hat. Zeitnah zu diesen Geschwindigkeitsübertretungen kam es zu Trickdiebstählen an Bankomaten in der Schweiz. Die Radarfotos stimmen zeitlich wie auch örtlich mit den vorgeworfenen Delikten überein.

Franzose reiste mehrmals in die Schweiz, um einzig und allein Delikte zu begehen

Das Luzerner Kriminalgericht wirft dem Franzosen vor, er sei jeweils einzig in die Schweiz eingereist, um Vermögensdelikte zu begehen. Er weist jedoch die Vorwürfe von sich – er sei «manchmal» auch in die Schweiz gekommen, um etwas zu kaufen, oder er sei auf der Durchreise gewesen.

Der 43-Jährige hat mehrfach gegen die Einreisevorschriften verstossen. So habe er sich mehrmals in der Schweiz aufgehalten, obwohl er eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung dargestellt habe.

Unglaubwürdige Aussagen: Täter gab Lebenspartnerin als Edelprostituierte aus

Es wurde nachgewiesen, dass der Gesetzesbrecher mehrfach wahrheitswidrig ausgesagt hatte. So wollte er auch seine Lebenspartnerin decken und sagte aus, dass er auf einem Radarfoto mit einer Edelprostituierten abgelichtet worden sei. Seine Lebenspartnerin jedoch gestand, selbst auf dem Bild zu sein und als Fahrerin ihren Partner teilweise begleitet zu haben.

Auch den Aussagen des Straftäters in Bezug auf das Tatmotiv könne nicht geglaubt werden, wie es in dem Gerichtsurteil heisst. Der Verurteilte behauptete mehrmals, er habe aus Spielsucht die Taten veranlasst. Das beschlagnahmte Geld habe er anschliessend im Casino und bei Sportwetten verspielt. Jedoch liegen der Staatsanwaltschaft keine Beweise vor, dass der Gesetzesbrecher von einer Spielsucht betroffen wäre.

Das Luzerner Kriminalgericht verurteilt den Trickbetrüger zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten. Der Verurteilte wird in keinem Fall freigesprochen und muss für den Schadensersatz 72 Privatkläger, die diesen beanspruchten, aufkommen.

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