«Kunsti»-Studenten fühlen sich in Emmen verloren

Neuer Hochschulstandort: Studenten vermissen die Sentimatt

Top-Ausstattung: die Filmregie an der Kunsthochschule Luzern im Untergeschoss des Bau 745.

(Bild: Randy Tischler)

Wer den Bau 745 der Hochschule Luzern – Design & Kunst in Emmen betritt, staunt über die Grosszügigkeit und den Industrie-Touch. Auch den Studierenden gefällt das Gebäude. Trotzdem fühlen sich viele in der Emmer Agglo noch verloren. Eine Studentin verrät, wieso sie die Sentimatt vermissen und was es jetzt braucht.

Schöne neue Industrie-Welt: Seit eineinhalb Jahren ist die «Kunsti» in der Emmer Viscosistadt zuhause. Die Hälfte der Studenten ist in den Bau 745, die umgebaute Fabrikhalle, eingezogen. Die Direktorin ist vom neuen Ort begeistert, wie sie kürzlich im Interview mit zentralplus verriet.

Richtig loslegen kann die Hochschule in der Viscosistadt allerdings erst 2019: wenn der Neubau daneben fertig ist und die restlichen Studenten und Mitarbeiter einziehen, die jetzt noch im alten Sentimatt hausen.

Die Frage ist: Wie gefällt es den Studenten in der Viscosistadt? Was sagen die angehenden Designer, Filmer und Künstler zur Lage in der Agglomeration? Wir haben uns mit Larissa Odermatt unterhalten, sie vertritt die Studierenden der Hochschule Luzern – Design & Kunst.

zentralplus: Bei einem Besuch hatte ich kürzlich das Gefühl, dass der Bau 745 belebt ist. Wie erleben Sie das?

Larissa Odermatt: Wir kommen uns immer noch etwas verloren vor. Wir sind die ersten Neuen und hocken hier mitten in der Industrie. Darum fühlen wir uns noch etwas abgeschottet.

zentralplus: Fühlen Sie sich an den Rand gedrängt?

Odermatt: Es gibt da unterschiedliche Meinungen, aber man kommt sich schon etwas ausgegrenzt vor. Klar, der Wohnraum ist in Reussbühl oder Emmen viel günstiger als etwa in der Neustadt, das ist gut für die Studis. Aber vorher hatten wir die Baselstrasse, man traf sich in der Gewerbehalle, in der Metzgerhalle oder im Kaffee Kind. Hier fehlt noch eine Bar, die passt, und man hat nicht immer Lust, in der Schule zu bleiben. Man muss sich einfach bewusst sein, dass man aus der Stadt rausrutscht, und sich fragen: Was bleibt dann noch?

«Man spürt den Umbruch»: Larissa Odermatt steckt im zweiten Jahr ihrer Filmausbildung an der Kunsthochschule.

«Man spürt den Umbruch»: Larissa Odermatt steckt im zweiten Jahr ihrer Videoausbildung an der Kunsthochschule.

(Bild: zvg)

zentralplus: Dafür sind Sie Pioniere.

Odermatt: Klar, mir gefällt die Industrie und es hat mega viel Potential hier, alles ist im Umbruch. Für Emmen ist es eine Aufwertung und förderlich, dass hier etwas Kulturelles entsteht. Ich hoffe einfach, dass es nicht so wird wie in Zürich West mit den teuren Industrielofts. Das würde den Studierenden nicht helfen. Es wird hier etwas Schönes geben, wenn’s nicht zu exquisit wird.

«Es begann harzig, aber jetzt ist viel in Bewegung, um das Haus gemütlicher zu machen.»

zentralplus: Zuvor war die «Kunsti» über sechs Standorte in der Stadt verteilt. Ist es nicht besser, an einem Ort zu sein?

Odermatt: Es ist auch schade. Wenn ich etwa an die Rössligasse in der Altstadt denke. Zum Beispiel ist die Metallwerkstatt da sehr schön. Es ist hier in der Viscosi schwieriger, die Leute anzulocken, als in der Sentimatt und der Rössligasse.

Zur Person

Die 25-jährige Larissa Odermatt ist Präsidentin von «Sumo», der Studierendenorganisation der Hochschule Luzern – Design & Kunst. Sie studiert im zweiten Jahr im Bachelorstudiengang Video, zuvor hat sie den Vorkurs besucht.

zentralplus: Das Gebäude ist ja recht zweckmässig – also eigentlich ideal.

Odermatt: Es kommt langsam, jetzt braucht es noch einen Effort, um mehr zu erreichen. Wenn dann alle Studiengänge hier sind, könnte vielleicht eine Villa Kunterbunt entstehen. Als wir hier einzogen, war halt alles ganz neu. Die Wände waren weiss und kühl. Für jene, die zuvor in der Sentimatt studierten, war es eine schwierige Umstellung. Dort war alles eingesessen, überall hat’s Kunst, man musste keine Sorge tragen zu den alten Wänden.

zentralplus: Man trauert also der Sentimatt nach, was ist da so toll?

Odermatt: Ja, viele vermissen die Sentimatt, man fühlte sich da einfach mehr daheim. Das Gebäude hat schon sehr viele Jahre auf dem Buckel, aber im grossen Innenhof oder im Café traf man Leute aus allen Studiengängen. Hier ist das schwieriger, es hat viele Treppenhäuser und die Eingangshalle ist im Bau 745 zwar gross, aber noch nicht so gemütlich. Aber eben, es ist noch eine grosse Baustelle.

zentralplus: Sie studieren Video, da hat sich die Infrastruktur am neuen Standort stark verbessert.

Odermatt: Ja, wir haben hier viel bessere Schnittplätze, Soundstudios und ein eigenes Kino. Für uns ist es zehn Mal besser als in der Baselstrasse, wo wir zuvor waren. Da waren wir auch etwas abgeschottet und unter uns. 

Für Sound und Video hat sich die Infrastruktur an der Hochschule Luzern stark verbessert.

Für Sound und Video hat sich die Infrastruktur an der Hochschule Luzern stark verbessert.

(Bild: Randy Tischler)

zentralplus: Was gefällt Ihnen jetzt schon am Bau 745?

Odermatt: Die Terrasse ist mega schön und gross, die wird im Sommer viel genutzt und man lernt andere kennen. Wir haben einen Grill, einen Pingpongtisch und viele Pflanzen. Auch die hohen Räume hier sind toll, es hat viele Fenster, der Ausblick ist super. Wie gesagt: Es ist noch neu, es hat viel Potential, jetzt müssen wir es umsetzen.

zentralplus: Was unternehmen die Studierenden denn?

Odermatt: Die Halle wurde im Rohbau belassen – das merkt man immer noch. Es braucht jetzt noch mehr Mut der Studierenden, einfach mal Hand anzulegen und etwas zu verändern. Es begann harzig, aber jetzt ist viel in Bewegung, um das Haus gemütlicher zu machen, vor allem in der Eingangshalle. Wir werden langsam lockerer und man lässt uns machen.

zentralplus: Werden Sie unterstützt?

Odermatt: Ja, die Leitung hat offene Ohren für unsere Anliegen. Sie haben auch eine Umfrage gemacht, was wir uns in der Eingangshalle wünschen.

Arbeitsnischen der Animations-Studenten.

Arbeitsnischen der Animations-Studenten.

(Bild: jwy)

zentralplus: Sie sind also optimistisch?

Odermatt: Es wird sicher nochmals ganz anders, wenn ab 2019 alle Studiengänge hier sind. Es ist im Moment eine grosse Trennung, weil alle Werkstätten noch in der Sentimatt sind. Gerade jene, die Kunst und Vermittlung studieren, sind immer in Bewegung zwischen Atelier und Werkstätten und deshalb noch nicht so sesshaft. Man spürt den Umbruch, aber viele von uns werden weg sein, wenn es richtig losgeht. Auch ich werde den Neuanfang nicht mehr miterleben.

zentralplus: Wie haben eigentlich die Arbeiter hier in der Industrie auf die neuen Nachbarn reagiert?

Odermatt: Die Viscosistadt ist ein guter Ort mitten in der Industrie. Hier treffen verschiedenste Leute aufeinander. Aber es gibt noch nicht wirklich eine Durchmischung oder eine verbale Auseinandersetzung. Aber es ist spannend zu sehen, wer hier so arbeitet. Sie haben sich an die Studierenden gewöhnt und umgekehrt.

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