Luzern: Tierhalteentzug vorerst nicht vorgesehen

Trotz Tierquälerei: Ufhuser Bauer behält 420 Kühe

Der Luzerner Kantonstierarzt Otto Ineichen während der Pressekonferenz am Mittwochnachmittag.

(Bild: giw)

Obwohl die Probleme auf den Bauernhöfen in Ufhusen seit anfangs Jahr bekannt waren, griff der Luzerner Veterinärdienst erst diese Woche durch. Man habe den Halter wiederholt kontrolliert und ihm Auflagen gemacht, rechtfertigen sich die Verantwortlichen. Den 31 verletzten Rindern droht nun die Einschläferung. Dennoch darf der Bauer seine 420 weiteren Tiere vorerst behalten.

Insgesamt 31 Rinder aus sechs verschiedenen Höfen wurden am vergangenen Dienstag von den Luzerner Behörden beschlagnahmt (zentralplus berichtete). Sie wurden in einem externen Stall untergebracht. Alle Höfe gehören dem gleichen Halterpaar in Ufhusen. Insgesamt 450 Kälber, Rinder und Stiere sind im Besitz der Grossbauern, sagte Kantonstierarzt Otto Ineichen am Mittwoch an einer kurzfristig anberaumten Medienkonferenz. Der genaue Aufenthaltsort sowie Bilder der erkrankten Tiere und des Gutes werden aus rechtlichen Gründen nicht publiziert vom Kanton.

Vor Ort im Einsatz seien sechs Mitarbeiter des Veterinärdienstes, zwei externe Hilfskräfte und die Luzerner Polizei gewesen. Der Einsatz dauerte den ganzen Tag, erklären die Verantwortlichen. Die Kantonsmitarbeiter wurden durch eine Meldung von Anwohnern bereits Anfang Jahr auf den Fall aufmerksam gemacht. Diese hätten aufgrund von Tierlauten die Behörden alarmiert.

Bereits mehrfach kontrolliert

Das grösste Problem waren sogenannte Lahmheiten. Die beschlagnahmten Tiere liefen zuweilen auf nur drei Beinen, erklärt der Luzerner Ineichen. Das sei ein Zeichen für starke Schmerzen, unter welchen die Tiere litten. Zuweilen seien Infektionen in Klauenbereich der Rinder festgestellt worden. Die Tiere werden je nach Zustand gesund gepflegt oder eingeschläfert. Ein möglicher Grund sei die fehlende oder nicht sachgemässe Klauenpflege, sagt der Kantonstierarzt. Die Klauenpflege ist laut Ineichen eine schwierige Aufgabe, welche den Beizug von Spezialisten erfordert.

Weshalb wurde nicht schneller eingegriffen? Mitarbeiter des Veterinärdienstes hatten die Tierhaltungen schon zuvor wiederholt unangemeldet besucht und erhebliche Tierschutzmängel festgestellt. Im Anschluss wurden die Halter vom Veterinärdienst angewiesen, die Mängel zu beheben. Bei einer wiederholten Kontrolle am Dienstag wurden jedoch kranke Tiere entdeckt, deshalb nun die Beschlagnahmung. Die Halter hatten sich nicht oder nur teilweise an die Anordnung gehalten, die kranken Rinder tierärztlich betreuen zu lassen. Jedoch habe sich das Bauernpaar laut Ineichen auch an viele Anweisungen gehalten und diese sofort umgesetzt.

Kantonstierarzt Otto Ineichen erklärt das Vorgehen des Veterinärdienstes:

 

Verfahren in Vorbereitung

Mit welchen Konsequenzen muss das Grossbauernpaar rechnen? Karin Schnarwiler, juristische Mitarbeiterin des Veterinärdienstes, sagt, dass im Fall von Tierquälerei bis zu drei Jahre Gefängnisstrafe oder Bussen ausgesprochen werden können. Dafür müssten aber systematische Missbräuche oder Vernachlässigung festgestellt werden. Ausserdem besteht ein Artikel gegen vorschriftswidrige Tierhaltung, die mit Busse bestraft werden kann.

Zunahme der Meldungen

Durch periodische Kontrollen von gewerblichen und bewilligungspflichtigen Tierhaltungen wird im Kanton der Tierschutz überprüft. Hinzu kommen Kontrollen, die aufgrund von Meldungen durch Dritte erfolgen, wie im Fall von Ufhusen. Die jährlich rund 250 unangemeldeten Kontrollen bei gewerblichen Nutztierhaltern im Kanton Luzern entsprechen einer deutlichen Zunahme im Verlauf der letzten Jahre.

Solche Kontrollen führen ausser bei Bagatellen laut Schnarwiler in der Regel zu einem Verfahren gegen die Halter. Gründe für die Zunahme der Kontrollen sind laut Schnarwiler nicht eindeutig klar. Es kann eine tatsächliche Zunahme der Missbräuche bedeuten oder aber Dritte würden vermehrt Meldungen machen im Kanton Luzern. Mit 2,5 Tierschutz-Strafverfahren pro 10’000 Einwohner liegt der Kanton Luzern im Schweizer Schnitt. Im Vergleich: In St. Gallen sind es rund 4,5 Fälle und in Freiburg 1,5.

Das Verfahren gegen das Halterpaar wird derzeit durch den Veterinärdienst vorbereitet. «Die Beschlagnahmung der Rinder stellt eine einschneidende Massnahme dar», so Schnarwiler. Die Kosten für die Beschlagnahmung, Pflege oder eine mögliche Einschläferung der Tiere werden den Haltern in Rechnung gestellt, erklärt Schnarwiler. Werden einzelne Tiere geschlachtet und verkauft, würde dies zugunsten der Bauernfamilie verrechnet.

Und was geschieht mit den übrigen Tieren auf dem Hof? Sie bleiben vorerst auf den sechs Höfen und Weisungen zur Haltung werden an die Halter ausgegeben. Die Mängel seien unverzüglich zu beheben. Der Veterinärdienst wird überprüfen, ob die angeordneten Massnahmen eingehalten werden oder ob weitere Massnahmen nötig sind.

Ein Verbot der Tierhaltung ist eine Möglichkeit, stelle jedoch die Ultima Ratio dar, so die Juristin. Um das Tierwohl auf den Höfen sicherzustellen, werden nun weitere Massnahmen angeordnet und deren Durchsetzung kontrolliert. Laut Kantonstierarzt Otto Ineichen werden pro Jahr rund zwei bis drei Tierhalterverbote ausgesprochen. Dies können jedoch auch private Tierhalter sein. Im Fall Ufhusen bestehe bisher keine Grundlage für den Entzug des Tierhalterechts. Ein solcher Eingriff hätte einschneidende Konsequenzen für die Betroffenen.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Sarastro
    Sarastro, 26.12.2017, 12:00 Uhr

    Es ist himmeltraurig, dass es hierzulande noch möglich ist, eine solch miserable Tierhaltung im grossen Stil und über längere Zeit zu betreiben. Gut dass endlich etwas dagegen unternommen wird. Was mich zusätzlich betrübt ist die Tatsache, dass heute immer mehr Tiere der Rindergattung eingeschläfert werden und folglich nicht mehr als Tierfutter (für Hunde) verwendet werden können. Das gleiche gilt für die tonnenweise Vernichtung von Lebensmitteln, die als Schweinefutter sinnvoll verwertet werden könnten. So etwas kann sich nur ein «Wohlfahrtsstaat» leisten und erst noch ohne ein schlechtes Gewissen!

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