Luzerner Rettungskräfte übten auf dem See

MS Diamant: Wie ein Übungsszenario zum Ernstfall wurde

Bei der Havarie der MS Diamant standen diverse Rettungskräfte im Einsatz.

(Bild: Facebookseite/ Feuerwehr Stadt Luzern)

Eine Havarie wie jene der MS Diamant gibt es nicht alle Tage. Dementsprechend ungewohnt muss die Situation für die Einsatzkräfte sein – denkt man. Doch was für ein Zufall: Eine Grossübung thematisierte genau das wenige Wochen davor. Die Feuerwehr konnte wichtige Erfahrungen sammeln.

Der Unfall der MS Diamant vom 7. Dezember erschütterte die Innerschweiz (zentralplus berichtete). Dass das SGV-Schmuckstück nach nur einem halben Jahr im Einsatz bereits zu sinken drohte, war für die Direktbeteiligten aber wohl auch für die Öffentlichkeit ein Schock. Die MS Diamant wurde bereits am Tag ihrer Inbetriebnahme zu einem Aushängeschild der Flotte auf dem Vierwaldstättersee. 

An diesem 7. Dezember verhinderten 65 Einsatzkräfte Schlimmeres. Für die Feuerwehr sicherlich ein spezieller Einsatz, wie der kantonale Feuerwehrinspektor, Vinzenz Graf, erklärt. «Das war bestimmt kein alltäglicher Einsatz.» Dass die Feuerwehr hauptsächlich Feuer lösche, sei jedoch ein falsches Bild. «Das macht nur 20 bis 25 Prozent der Einsätze aus.» Öl-Unfälle oder technische Hilfeleistungen würden einen weiteren Teil ausmachen, oder auch die Bekämpfung von Elementarschäden wie Sturmschäden oder Überschwemmungen. «Alle diese Szenarien werden regelmässig geübt.»

Periodisch werden Grossübungen mit allen Notfallorganisationen durchgeführt. So auch am 11. November die sogenannte «Übung Nebelhorn». Szenario: Eine Schiffskollision mit Brand, vielen Verletzten sowie einem Leck im Dieseltank mit auslaufendem Öl. Übungsleiter Vinzenz Graf spricht von purem Zufall. «Dass tatsächlich Ereignisse eintreffen, die wir üben, ist keine gute Tendenz», lacht er. Um ernsthaft nachzuschieben: «Ich bin sehr froh, machten wir diese Übung. Wir haben für den Einsatz beim Unglück der MS Diamant profitiert.»

Zwei Jahre Vorbereitungszeit

Bei einem Schiffsunglück sei die Zusammenarbeit zwischen der Einsatzführung der Blaulichtorganisationen und der Crew des Schiffes sehr entscheidend. «Beim Ereignis mit der MS Diamant hat das gut funktioniert», sagt Graf. «Die Pläne waren auf dem Schiff vorhanden und wurden genutzt.» Die Crew kenne das Schiff und verfüge so über entsprechende Verhaltensanweisungen. Die gute und kantonsübergreifende Zusammenarbeit mit Polizei, Feuerwehr und Sanität rund um den See, bestätigt auch Stefan Schulthess, Direktor der Schifffahrtsgesellschaft.

Beim Ernsteinsatz bei der MS Diamant waren Taucher involviert.

Beim Ernsteinsatz bei der MS Diamant waren Taucher involviert.

(Bild: Facebookseite/ Feuerwehr Stadt Luzern)

Den geglückten Einsatz nur auf die Übung Nebelhorn zu schieben, wäre schon etwas übertrieben, sagt Vinzenz Graf. «Viel wichtiger war der Prozess im Vorfeld.» Die Vorbereitung auf eine solche Übung dauere zwei Jahre. «Eine breit abgestützte Arbeitsgruppe mit Feuerwehr, Polizei, Rettungsdienst und Vertretern der SGV hat sich eingehend mit dem Einsatzspektrum auf dem Vierwaldstättersee auseinandergesetzt und mögliche Szenarien bearbeitet.»

Eigene Sicherheit geht vor

Zudem habe das Bundesamt für Verkehr im 2016 einen Leitfaden für die «Ereignisbewältigung in der Fahrgastschifffahrt» herausgegeben, erklärt Graf. Dieser bilde eine Basis zur Überprüfung von Notfallkonzepten und Einsätzplänen. Zudem biete er Anhaltspunkte für personelle und materielle Ressourcen.

Die Übung Nebelhorn wird detailliert ausgewertet. «Bei der Übung waren 15 externe Schiedsrichter anwesend, welche unsere Leistung beobachteten», sagt Graf. Bei der Übung stand insbesondere die Rettung von 50 Verletzten im Vordergrund. Eine Haupterkenntnis betrifft die intensive Kommunikation zwischen den Ereignisdiensten. «Gerade zu Beginn eines Einsatzes können die Zustände chaotisch sein, weil viele Beteiligte involviert sind. Dies zu meistern ist eine der grössten Herausforderungen.» 

Die Feuerwehr hat ein Video zur Übung Nebelhorn erstellt:

20171111_Uebung_Nebelhorn from zentralplus on Vimeo.

 

Die Übung habe auch gezeigt, dass die Rettungskräfte ihre eigene Sicherheit teils in den Hintergrund rücken würden. «Hier wollen wir uns verbessern», sagt Graf. Auch nach dem Ereignis vom 7. Dezember haben die beteiligten Einsatzformationen in einen After Action Review den Einsatz besprochen und analysiert. 

Nach der Übung wie auch edm Ernsteinsatz auf dem See hat man nun wichtige Erkenntnisse gesammelt. «Trotzdem ist jeder Einsatz wieder etwas Neues», wart Graf vor gefährlicher Routine. «Und für die nächste Zeit können wir gerne auf Einsätze auf dem See verzichten.»

Sehen Sie in der Bildstrecke Fotos der Feuerwehr Stadt Luzern von der Übung Nebelhorn:

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