Luzernerin rettet ihrer Nachbarin das Leben

«Ich wusste: Es reicht nicht, wenn wir auf die Feuerwehr warten»

Beherzte Helferin in Not: Nora Furer aus Luzern.

(Bild: zvg/Christian Schnur)

Als es im Haus nebenan brannte, war Nora Furer sofort zur Stelle. Mit ihrem schnellen Einsatz hat sie einer Nachbarin im Mai das Leben gerettet, als diese aus dem vierten Stock sprang und überlebte. Nun ist die Luzernerin für den Prix Courage nominiert – auch wenn sie das erst gar nicht wollte.

Das Haus in Reussbühl brannte lichterloh am Abend des 23. Mai. Die 24-jährige Nora Furrer war gerade vom Joggen nach Hause gekommen, als sie durch ihre Mitbewohnerinnen auf den Brand im Nachbarshaus aufmerksam wurde. Sie reagierte sofort: Am Fenster im vierten Stock des brennenden Hauses sass eine junge Frau in Panik – bereit zum Sprung auf den Beton.

Furer rief alle Anwesenden auf, Matratzen herzuschaffen. Schliesslich lagen vier Matratzen unter dem Fenster, eine fünfte wurde von Helfern in die Luft gehalten. Dies rettete der Frau das Leben. Sie überstand den Sprung ohne grössere Verletzungen (zentralplus berichtete).

Für diesen Einsatz ist die Studentin für den «Prix Courage» des «Beobachters» nominiert. «Ohne Nora Furers beherztes, aber auch wohlüberlegtes Handeln wäre die Frau entweder in den Flammen ­umgekommen oder in den sicheren Tod gesprungen», heisst es als Begründung.

zentralplus: Nora Furer, können Sie nochmals schildern, was Sie am 23. Mai um 18 Uhr gemacht haben?

Nora Furer: Ich bin gerade nach Hause gekommen und war im Wohnzimmer am Telefonieren. Meine Mitbewohnerinnen waren auf dem Balkon und haben plötzlich gerufen. Ich habe sofort aufgelegt und bin rausgerannt.

«Ich stand total unter Adrenalin und alles ging sehr schnell.»

zentralplus: Was ist dann passiert?

Furer: Wir sind zu dritt zum Nachbarshaus gerannt, der oberste Stock stand schon voll in Flammen. Es waren schon andere Leute da, aber niemand hat etwas unternommen.

Video zur Nomination:

 

zentralplus: Und dann sahen Sie die Frau im vierten Stock?

Furer: Genau, im obersten Stock sass eine junge Frau auf dem Fenstersims. Hinter ihr hat es geraucht und gebrannt, sie hat geschrien. Das war ein heftiger Anblick. Man steht dort und muss reagieren, weiss aber im ersten Moment nicht wie. Ich wusste: Die Frau muss springen, da wird es wohl nicht reichen, auf die Feuerwehr zu warten.

zentralplus: Und dann hatten Sie eine Idee?

Furer: Ich stand total unter Adrenalin und alles ging sehr schnell. Dann hatte ich den Geistesblitz mit den Matratzen. Ich wusste nicht, ob das wirklich ausreichen würde, aber wir sind ins Haus gerannt und haben eine grosse Matratze geholt. Alle anderen haben wir dazu aufgerufen, das Gleiche zu tun, so dass wir möglichst viele Matratzen hatten. Diese haben wir unterhalb des Fensters aufeinandergelegt.

Das Feuer breitete sich im oberen Teil des Hauses schnell aus.

Das Feuer breitete sich im oberen Teil des Hauses schnell aus.

(Bild: Luzerner Polizei)

zentralplus: Sie gingen trotzdem noch ins brennende Haus, wieso?

Furer: Ich dachte, dass ich vielleicht vom Fenster unterhalb helfen kann. Aber im zweiten Stock merkte ich, dass bereits Teile der Decke zusammenbrachen. Alles war voller Rauch, also musste ich wieder umkehren. Zuerst bin ich aber noch durch alle Wohnungen gerannt, um nachzuschauen, ob da noch jemand ist. In dem Moment, als ich wieder rauskam, ist die Frau gesprungen. Sie landete genau auf den Matratzen und es ist ihr nicht viel passiert. Sie zog sich einen Bandscheibenvorfall zu, hatte aber ansonsten keine bleibenden Verletzungen. Sie hatte extremes Glück.

«Ich gerate regelmässig in Situationen, in denen ich helfe.»

zentralplus: Hatten Sie selber keine Angst?

Furer: Überhaupt nicht, dieser Moment hat sich wie ein Film abgespielt. Ich habe mich nicht gefährdet gefühlt, ausser im brennenden Haus. Da musste ich schnell umdrehen, es hätte nichts gebracht, wenn mir auch noch etwas passiert wäre.

Beherzte Helferin in Not: Nora Furer aus Luzern.

«Es geht mir nicht um Geld oder Ruhm»: Die Luzernerin Nora Furer hat Zivilcourage.

(Bild: zvg/Christian Schnur)

zentralplus: Wieso haben Sie geholfen?

Furer: Ich gerate ab und zu in Situationen, in denen ich helfen muss. Beim Brand standen so viele Leute rum, aber niemand ergriff die Initiative. Oder sie hatten keine Idee, ich weiss nicht, an was es liegt. Aber mir war klar: Wir müssen alles Mögliche probieren. Ich hatte schon die strubsten Bilder vor Augen … Zum Glück hatte ich eine Lösung. Keine Ahnung, was sonst passiert wäre.

Prix Courage

Der «Beobachter» hat die Nominierten für den «Beobachter Prix Courage 2017» bekanntgegeben. Unter den neun Anwärtern ist auch die Luzernerin Nora Furer. Die Wahl des Preisträgers erfolgt über ein Telefon- und SMS-Voting sowie über eine Jury. Der Preis ist mit 15’000 Franken dotiert und wird am 17. November in Zürich verliehen.

zentralplus: Woher kommt Ihr Drang zu helfen?

Furer: Es liegt wohl in meiner Familie, schon mein Vater ist oft an Unfälle geraten. Aber es sind nicht immer akute Situationen, sondern ich versuche auch auf psychischer Ebene zu helfen: Wenn’s jemandem nicht gut geht oder wenn jemand schlecht behandelt wird, bin ich eine, die schnell hilft. Ich gebe anderen eine Stimme und ermuntere sie, für sich einzustehen. Es ist mir ein sehr grosses Anliegen, dass es den Menschen gut geht.

zentralplus: Hat das auch einen beruflichen Hintergrund?

Furer: Das weniger, ich studiere Design-Management an der Kunsti in Luzern, ich bin nicht im Sozialen tätig. Aber ich leite schon lange Sommerlager und engagiere mich mit Freunden in unterschiedlichen Projekten. Es ist mir wichtig, das Positive weiterzugeben.

zentralplus: Brauchen wir mehr Zivilcourage?

Furer: Absolut. Das ist meine Hauptmotivation, bei diesem Preis mitzumachen. Ich war zuerst hin- und hergerissen, denn ich finde: Was ich gemacht habe, sollte selbstverständlich sein. Wieso soll ich einen Preis dafür erhalten? Es geht mir nicht um Geld oder Ruhm. Aber dennoch möchte ich diese Plattform nutzen, um meine Message rüberzubringen: Denkt nicht nur an euch! Vielleicht kann ich so ein paar Leute wachrütteln.

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