Die Zugerin Carmen Wyss ist Biersommelière

«Frauen mögen bittere Getränke»

Vermittelt Frauen die Reize des Biers: Carmen Wyss.

(Bild: mam)

Bier ist der neue Wein. Und ein Getränk, das Frauen eigentlich mögen sollten. Behauptet eine Frau, die es wissen muss. Die Zugerin Carmen Wyss, die im normalen Leben einem Kaderjob bei einer Bank nachgeht, hat als Biersommelière ein exotisches Hobby.

Bier wurde von Frauen erfunden. Weil sie in grauer Vorzeit fürs Backen von Brot zuständig waren. Vor 7’000 Jahren gab man Wasser auf gebackenes Fladenbrot, das dann wohl eher versehentlich zu gären begann. «So kamen sie auf die Idee, den Brei mit leicht berauschender Wirkung zu trinken», sagt Carmen Wyss.

Die Zugerin macht sich im Normalfall mehr Gedanken um Haben und Soll – ihr tägliches Brot als Kommunikationsverantwortliche der Zuger Kantonalbank ist das Geschäft mit der Zinsdifferenz. Aber das war nicht immer so.

Kurse über den Gerstensaft

«Ich war früher bei Heineken Schweiz Leiterin für Kommunikation und Nachhaltigkeit», erzählt sie. Obwohl sie keine Ahnung von Bier gehabt habe, als sie sich um den Posten beworben habe. Man habe ihr dann – zur besseren Kenntnis der zu verkaufenden Produkte – einen «Bier-Mentor» zur Seite gestellt. «Das war ein wunderbarer und positiver Mensch», erinnert sich Carmen Wyss. Nach einem halben Jahr wusste sie über Gerstensaft gründlich Bescheid und war zur Bier-Liebhaberin geworden. «Mir wurden die Augen geöffnet. Es gibt unglaublich viele Geschmacksrichtungen zu entdecken.»

«Es gibt unglaublich viele Geschmacksrichtungen zu entdecken.»

Carmen Wyss, Biersommelière

Sie liess sich zur Biersommelière ausbilden und blieb dem Getränk auch nach dem Wechsel ins Bankfach verbunden. Seit mehreren Jahren gibt sie ihre Passion an andere Frauen weiter. Erst an der Migros-Klubschule, nun an der Volkshochschule Loreto.

Nur der weibliche Hopfen taugt

Zum Würzen von Bier brauche es grundsätzlich das weibliche Geschlecht. Nur von den weiblichen Hopfenzapfen könnten die Bitterstoffe beim Brauen gelöst werden, erklärt Carmen Wyss.

Was man laut Carmen Wyss beim Biertrinken beachten soll:

1. Nehmen Sie einen herzhaften Schluck, denn im hintern Teil der Zunge liegt die Wahrnehmungszone für Bitterkeit. Nur die Zungenspitze zu benetzen bringt nichts, denn sie ist reserviert für die Geschmacksrichtung süss. Hier wirkt Bier nur bitter.
2. Verwenden Sie das richtige Glas. Für charaktervolle, schwere Biere ein bauchiges Glas, zum Beispiel ein Rotweinglas. Für schlanke Biere wählt man ein schlankes, hohes Glas. So können sich Geschmack und Aroma entfalten.
3. Abgesehen von leichten Sommer- und Lagerbieren sollte man Bier nicht allzu kalt trinken. Gerade dunkle Biere zeigen mehr Geschmacksnuancen, wenn sie leicht temperiert genossen werden.
4. Nur absolut saubere Gläser verwenden. Schlecht gereinigte Gläser verhindern die Bildung einer Schaumkrone.
5. Werden verschiedene Biere verkostet, dann beginnt man beim alkoholschwachen Bier und geht später zum stärkeren Bier über. Also in der Regel werden zuerst helle, dann dunkle Biere serviert.

Trotzdem sind Frauen und Bier keine naheliegende Kombination. Bier haftet immer noch das Image des Männergetränks an. Man denkt an verschwitzte Bauarbeiter, die es zu jeder Pause trinken. An die Werktätigen, die damit den Feierabend in der verrauchten Landbeiz verlängern.

Image führt in die Irre

Für Carmen Wyss ist dies schlicht ein Missverständnis. Sie betrachtet ein belgisches Edelbier im Champagnerfläschchen und meint: «Frauen müssten Bier eigentlich mögen, denn sie mögen auch andere bittere Getränke.» Zum Beispiel? «Kaffee oder Campari.»

Auf Expertenniveau hat sich diese Einsicht längst verbreitet. Von den 304 Biersommeliers, die der Wirteverband Gastro-Suisse zusammen mit dem Schweizer Brauerei-Verband seit 2011 in einem achttägigen Lehrgang ausgebildet hat, sind 77 Frauen.

Bier ist der neue Wein

Wie auch immer: Entscheidend sei ohnehin, das Bier richtig zu trinken, sagt Carmen Wyss (siehe Box). Einen tüchtigen Schluck zu nehmen und nicht einfach die Zungenspitze anzunetzen. «Das ist die halbe Miete.» Ihre Kursteilnehmerinnen seien indes oft auch an den Kombinationsmöglichkeiten von Bier zu gutem Essen interessiert. «Das wird in Zukunft noch viel wichtiger werden», glaubt Wyss. Schliesslich ist das Bier der neue Wein.

Dies sehen auch ihre Arbeitskollegen bei der Bank so. «Oft sind sie zuerst überrascht, wenn sie von meinem Hobby hören», sagt Carmen Wyss. «Wenn ich ihnen dann erkläre, was man mit Bier kulinarisch alles anstellen kann, finden sie es interessant».

Nur eins kann sich die Zugerin im Zusammenhang mit Bier nicht vorstellen: «Es zu brauen. Das überlasse ich den Männern.»

Regeln zum Food-Drink-Pairing: Unterschiede ziehen sich an

zentralplus: Wie wähle ich das passende Bier zum Essen aus, Frau Wyss?

Carmen Wyss: Es gibt grundsätzlich zwei Prinzipien bei der Auswahl des idealen Biers als Essenbegleiter. Entweder man kombiniert Gleiches mit Gleichem.

zentralplus: Das heisst?

Wyss: Zum Beispiel ein helles Bier mit hellem Fleisch. Oder ein dunkles Bier zu einem Gericht mit einer schweren dunklen Sauce. Aber andererseits können auch starke Unterschiede gewinnend sein. So passt etwa ein bitteres Bier zu einem scharfen asiatischen Gericht.

zentralplus: Was empfehlen Sie als Essensbegleiter für Zuger Rötel?

Wyss: Rötel ist Fisch, hat weisses Fleisch, dazu würde ein helles Bier passen –  ein Lager, vielleicht aber noch besser ein Pils, also ein Spez-Bier.

zentralplus: Welches Gericht passt zu Erdmandli, dem Amber Bier der Brauerei Baar?

Wyss: Dazu geht vieles. Apéro-Gebäck, Pizza, auch ein Salat.

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