Auf Tour mit dem Zuger Wespenkiller

«Jetzt passiert hier gleich ein Mord!»

Rogenmoser macht sich bereit für den Einsatz.

(Bild: wia)

Wespen sind lästig. Besonders, wenn es sich die Tiere unter dem eigenen Dach gemütlich machen und aggressiv werden. Wir waren mit dem Schädlingsbekämpfer Marco Rogenmoser unterwegs. Es ist eine Geschichte ohne Happyend. Jedenfalls für die Wespen.

Plötzlich brummt und schwirrt es, etwas schwarz-gelb Gestreiftes fliegt im nervösen Zickzack um die Köpfe der Grillparty-Gäste. Und sofort rudern die Furchtsamen in ausgereifter Bruce-Lee-Manier mit den Armen, andere ergreifen gar die Flucht.

Es ist unbestritten: Bei Wespen hört der Spass – und erst recht die Tierfreundschaft – auf. Insbesondere, wenn sich die Viecher im eigenen Haus einquartieren. In solchen Fällen schafft Marco Rogenmoser Abhilfe. Der Oberägerer ist ausgebildeter Bauer, leitet ein Baumpflege-Unternehmen und ist seit sechs Jahren Wespennest-Killer. Oder politisch korrekt: Schädlingsbekämpfer. Das wollen wir genauer wissen. Und gehen mit auf Hausbesuch. Die zartbesaiteten Leser seien an dieser Stelle gewarnt. Es ist keine Geschichte mit Happy End. Jedenfalls nicht für die Wespen.

«Dabei bin ich doch im Tierschutzverein.»

Eine wespengeplagte Rentnerin

Wir treffen Rogenmoser in Baar, vor dem Haus zweier wespengeplagter Seniorinnen. Sie sind sichtlich froh über unseren Besuch. Auch wenn eine der Damen reumütig zugibt: «Dabei bin ich doch im Tierschutzverein. Und jetzt passiert hier gleich ein Mord an der Hans-Waldmann-Strasse!» Doch hätten sie keinen anderen Weg mehr gesehen. Sie könnten vor lauter Wespen schon gar nicht mehr auf dem Vorplatz sitzen, sagt die Frau. Ihre Freundin sei kürzlich gar gestochen worden – ohne etwas falsch gemacht zu haben. «Ich habe mir schon überlegt, ob ich vielleicht mit Haarspray reagieren soll», sagt die ältere Frau nachdenklich. Und alle schmunzeln und sind froh, dass sie es dann doch hat bleiben lassen.

Rogenmoser schaut sich die Lage an. Das Nest sitzt tief hinter den Storen. Herausnehmen sei in diesem Fall nicht möglich. Die Tiere werden also gründlich vergiftet.

Damit die Wirkung der Wespenbekämpfung länger anhält, doppelt Rogenmoser nach der Benützung des Sprays mit Pulver nach.

Damit die Wirkung der Wespenbekämpfung länger anhält, doppelt Rogenmoser nach der Benützung des Sprays mit Pulver nach.

(Bild: wia)

Sind wir hier eigentlich in Lebensgefahr?

Routiniert bereitet sich der Fachmann auf seinen Einsatz vor. Zieht sich ein weisses Gewand aus dickem Stoff über die Kleidung, auf den Kopf kommt ein Netz. Und er greift zum Giftspray. Kommen nun ganze Wolken von aggressiven Wespen aus dem Nest? Sind wir hier, nur in zwei Metern Distanz, sicher? Doch sogleich zeigt sich, dass wir umsonst um unser Leben gefürchtet haben. Das Gift wirkt schnell. «Innert 10 Sekunden sind die Tiere im Nest tot», sagt Rogenmoser. Ein paar Wespen schwirren umher, doch auch sie scheinen bereits schwächer zu werden.

«Die Wespen brauchen täglichen Kontakt zur Königin. Wenn sie den nicht haben, verelenden sie.»

Marco Rogenmoser, Schädlingsbekämpfer

«Die Wespen, die noch unterwegs sind, werden ebenfalls sterben. Sie brauchen täglichen Kontakt zur Königin. Wenn sie den nicht haben, verelenden sie», erklärt Rogenmoser pragmatisch. Ein wenig peinlich ist es uns schon, dass wir nicht einmal wussten, dass Wespen eine Königin haben.

Hier wohnen sie (noch), die Wespen.

Hier wohnen sie (noch), die Wespen.

(Bild: wia)

Wespen umsiedeln lohnt sich nicht

Werden die Wespen denn nie umgesiedelt anstatt getötet? «Es gibt Leute, die das machen. Doch für uns wäre der Aufwand schlichtweg zu gross», so Mann unter dem Netz. In der Tat. Während des Spätsommers hat Rogenmoser täglich acht bis zehn Einsätze. Die bewältigt er jedoch nicht alle selber. «Wir sind drei Leute, die sich diese Arbeit teilen.»

Weil Rogenmoser das Nest nicht entfernen kann, bestäubt er es zur Sicherheit noch mit einem Langzeitgift. Was das mit den Tieren anstellt, fragen wir. «Es zerstört die Lackschicht auf den Wespen und lässt die Tiere vertrocknen.» Aha. Immerhin können die beiden Seniorinnen nun endlich wieder auf ihrem Vorplatz sitzen. Sie bedanken sich entsprechend herzlich bei Rogenmoser, und weiter geht’s, in Richtung Baarer Früeberg.

Die Hornisse – viel harmloser als ihr Ruf

Wie der 36-Jährige erzählt, sei die Vorgehensweise bei Bienen- und Hornissennestern anders. «Wildbienen etwa sind überhaupt nicht problematisch. Im Gegenteil, sie sind erwünscht. Das versuchen wir den Leuten jeweils zu vermitteln. Zuchtbienen, die ausgeschwärmt sind, sammeln wir indes ein und übergeben sie einem Imker.» Und Hornissen? «Die fangen wir und geben sie einer Organisation weiter, die sich für deren Erhalt einsetzt.»

Es empfiehlt sich, als Wespenbekämpfer keine Höhenangst zu haben.

Es empfiehlt sich, als Wespenbekämpfer keine Höhenangst zu haben.

(Bild: wia)

Wie Rogenmoser erklärt, gebe es immer weniger Exemplare dieser grossen Wespenart. Ausserdem seien sie kaum aggressiv und zudem sei ihr Stich – wider allen Mythen – deutlich weniger giftig als der einer Honigbiene.

Mittlerweile stehen wir vor einem schicken, modernen Haus. Im Storenschacht des Schlafzimmers hat sich ein grosses Wespenvolk breitgemacht, erklärt die Bewohnerin. Der Fachmann schätzt nach der ersten Betrachtung, dass hier 400 bis 500 Tiere wohnen dürften. Und sie haben ganze Arbeit geleistet. Die Wespen haben sich so tief in die Wand gegraben, dass sogar im Innern des Zimmers auf dem Fensterbrett eine feine, graue Pulverschicht liegt. Auch auf dem Balkon sichtet Rogenmoser bei seinem Rundgang drei Nester. Allesamt ziemlich gut versteckt und nur mit geübtem Blick ersichtlich.

«Wenn man immer nur auf Bäumen herumturnt, wird’s vielleicht einmal langweilig.»

Marco Rogenmoser, Schädlingsbekämpfer

Früher habe die Feuerwehr noch Wespennester entfernt, erklärt der Oberägerer, während er in seinen Schutzanzug schlüpft. Doch das habe sich nicht mehr gelohnt für sie. Denn jeder, der Wespen- und Hornissennester entsorgt, müsse über die entsprechende Ausbildung verfügen. «Und die ist aufwendig und nicht billig», ergänzt er. Auch Rogenmoser hat sich diese Arbeit anfänglich nicht gewünscht. «Das passt eigentlich nicht zur Baumpflege.» Dennoch habe er sich von seinem Vorgänger überreden lassen. Heute sieht er das Beseitigen von Insektennestern als Ausgleich. «Wenn man immer nur auf Bäumen herumturnt, wird’s vielleicht einmal langweilig», sagt er verschmitzt.

Zwischen Storen und Hauswand lässt sich ein grösseres Nest erkennen.

Zwischen Storen und Hauswand lässt sich ein grösseres Nest erkennen.

(Bild: wia)

Ein auswegloser Kampf

Rogenmoser wiederholt die Prozedur mit dem Giftspray beim grossen Nest vor dem Schlafzimmer. Der Fachmann wird von einem Dutzend Wespen umschwirrt, einige versuchen ihn am Rücken und am Gesichtsnetz anzugreifen. Vergeblich. Unbeeindruckt erklärt der Fachmann: «Wir würden wohl auch aggressiv, wenn wir nach Hause kämen und merkten, dass jemand unser Heim zerstört hat.» Das Schwirren nimmt nun merklich ab. Ein paar Tierchen krümmen sich derweil mittleiderregend auf dem Fenstersims.

Auch die Nester an der Hausfassade müssen dran glauben. Es ist so heiss, dass der Wespengegner seine Schutzmontur weglässt. Manchmal brauche es Kompromisse. Doch scheint er seine Sache im Griff zu haben, denn gestochen werde er so gut wie nie. «Während der Arbeit vielleicht ein- oder zweimal jährlich. Dafür habe ich es vorgestern fertiggebracht, in ein Wespennest zu stehen, als ich meinem Vater beim Heuen half», erklärt er und lacht.

Für die Wespen endet der menschliche Einsatz tödlich.

Für die Wespen endet der menschliche Einsatz tödlich.

(Bild: wia)

Die Lösung? Ruhe bewahren!

Etwa vierzig Minuten später ist das Haus wespenfrei. Doch die nächsten Termine stehen gleich an. Dieses Mal im Säuliamt. Auch Aufträge aus Schwyz, dem Aargau und Luzern nimmt er an. «Wir sind fast die einzigen, die diese Arbeit machen», bestätigt Rogenmoser unseren Verdacht.

Zu guter Letzt wollen wir vom Profi wissen, was zu tun ist, wenn man von Wespen umschwirrt wird. «Ruhe bewahren», so die pragmatische Antwort. Auch lohne es sich nicht, beim Essen einen separaten Teller für Wespen aufzustellen. «Wie sollen die Tiere wissen, dass nur dieser Teller für sie bestimmt ist?»

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