Fall Malters: Anwalt kritisiert Verwandtschaft

Verwandter des Kripo-Chefs schrieb Schlüsselbericht

Oskar Gysler, der Anwalt des klagenden Sohnes, gibt den Medien vor dem Kantonsgericht Auskunft.

(Bild: giw)

Diesen Dienstagvormittag verkündet das Krienser Bezirksgericht das Urteil im Fall Malters. Noch zuvor sorgen neue Details über die Polizeiarbeit des Luzerner Korps für Aufsehen. So wurde der sechzehnseitige Einsatzrapport von einem Verwandten des Kripo-Chefs verfasst – eines der beiden Angeklagten also.

Es ist seit Längerem bekannt: Erst auf Druck des Anwalts des Privatklägers liess die Luzerner Staatsanwaltschaft den ausserordentlichen Aargauer Staatsanwalt Christoph Rüedi den Fall Malters untersuchen (zentralplus berichtete). Doch der Staatsanwalt war offenbar mit weiteren Herausforderungen konfrontiert, die eine unabhängige Strafverfolgung gefährdeten. Dies zeigte sich auch während der Gerichtsverhandlung am vergangenen Montag (zentralplus berichtete).

Sechzehnseitiger Bericht

Oskar Gysler, der Anwalt des Sohnes der getöteten Frau, übte während der Verhandlung und auf Nachfrage Kritik an der Rolle eines nahen Verwandten des angeklagten Kripo-Chefs Daniel Bussmann: «Das Einsatzprotokoll, das als wichtige Grundlage für die Voruntersuchungen des Luzerner Staatsanwalts diente, wurde von Bussmanns Schwager verfasst.» Über 16 Seiten habe der Polizeifunker geschrieben, so Gysler gegenüber zentralplus. Die Verwandtschaft des Kripo-Chefs mit dem Rapportierenden sei erst in den Schlussuntersuchungen festgestellt worden.

Bussmanns Schwager war in den brenzligen Stunden des Einsatzes, also am Vormittag des 9. März 2016, an der Seite seines Vorgesetzten. Der Polizeigefreite kommt laut Gysler aus der Fachgruppe Leib und Leben und war für den Funkkontakt zwischen Bussmann und seinen Kaderleuten zuständig. Dass ein Verwandter des Kripo-Chefs in einer derart brisanten und juristisch heiklen Situation essenzielle Dokumentationen tätigt, macht Gysler stutzig. Was in diesem Bericht steht und ob die Verwandtschaft der beiden Einfluss auf den Bericht hat, ist indes nicht bekannt.

Die Polizei schweigt

Die Luzerner Polizei äussert sich mit Verweis auf das laufende Verfahren nur spärlich. Sie dementiert nicht, dass Bussmanns Schwager für die Polizei arbeitet. Ist es nicht problematisch, wenn eine familiennahe Person einen Bericht verfasst, in dem ein Verwandter eine Rolle spielt? Die Luzerner Polizei erklärt kurz angebunden: «Wenn dies für die Entscheidungsfindung des Gerichts von Belang ist, wird das Gericht sich dazu äussern.»

Auch die Empfehlung des Polizeipsychologen, auf keinen Fall einen Zugriff vorzunehmen, war nicht in den ursprünglichen Polizeirapporten erwähnt (zentralplus berichtete). Auch hier kam die Information erst durch Einvernahmen und durch Medienberichte ans Tageslicht.

Polizei kommt nicht zur Ruhe

Die neuerlichen Enthüllungen reihen sich ein in eine lange Liste von Affären innerhalb der Luzerner Polizei. Ein Beispiel ist der Skandal um ein Polizeikader, das trotz Vorwürfen von körperlicher Gewalt befördert wurde und dem ehemaligen Polizeikommandanten Beat Henseler den Job gekostet hat. Oder der Vorfall an der diesjährigen Fasnacht, als ein hoher Polizeibeamter einen bereits festgenommenen Taschendieb tätlich angegriffen haben soll (zentralplus berichtete).

Mit Verweis auf die laufende Administrativuntersuchung möchte die Polizei diesen neusten Vorfall nicht kommentieren. Ob die Luzerner Polizei Konsequenzen ergriffen oder interne Anordnungen erlassen hat, um ihr Image zu verbessern? Auch dazu schweigen die Verantwortlichen.


Nach Publikation des Artikel nahm die Luzerner Polizei am Dienstag wie folgt Stellung:

Die von zentralplus erwähnte Person hat nicht den Grad eines Polizeigefreiten. Er war als zuständiger Sachbearbeiter der Fachgruppe Leib & Leben vor Ort. Er hat in seiner Funktion als Sachbearbeiter dieser Fachgruppe die Untersuchungen des Amtsoffiziums vor Ort (Staatsanwalt/Amtsarzt) protokolliert, die entsprechenden Ermittlungen im Zusammenhang mit dem aussergewöhnlichen Todesfalls getätigt und diese Ergebnisse in einem Bericht festgehalten.

Der Sachbearbeiter ist in Absprache mit dem verfahrensleitenden Staatsanwalt unmittelbar nach Bekanntwerden der Strafanzeige gegen den Kommandanten und den Chef Kripo in den Ausstand getreten. Vor dem Zugriff war er mit dem Chef Kripo in der Nähe des Weilers Lochmühle. Er stellte mit seinem Handfunkgerät die Funkverbindung zum Einsatzleiter sicher, damit sich dieser auf den Einsatz konzentrieren konnte.

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