Luzerner Polizeichefs ab Montag vor Gericht

Fall Malters: Jetzt gilt’s ernst für Achermann und Bussmann

Polizeikommandant Adrian Achermann (links) und Daniel Bussmann, Chef Kriminalpolizei, müssen sich wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten.

(Bild: les)

Polizeikommandant Adi Achermann und der Chef der Kriminalpolizei, Daniel Bussmann, sind wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Diesen Montag beginnt der Prozess in Luzern. Das Urteil dürfte Folgen für die Polizeiarbeit haben. Und auch politisch könnte die Sache heikel werden.

Diesen Montag stehen die Verantwortlichen des Polizeieinsatzes im «Fall Malters» vor Gericht. Adi Achermann und Daniel Bussmann werden wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Der Aargauer Staatsanwalt, Christoph Rüedi, hatte in einer Voruntersuchung die Umstände untersucht. Er kam zum Schluss, dass ein Fehlverhalten der Polizieichefs nicht ausgeschlossen werden könne.

Der Prozess findet wegen grossem Medieninteresse nicht im Bezirksgericht Kriens, sondern in einem grösseren Saals des Kantonsgerichts statt – die Verhandlung ist öffentlich. Und zentralplus wird vor Ort sein.

Am 9. März 2016 spielte sich in Malters ein Drama ab. Während 17 Stunden verschanzte sich eine 65-jährige Frau in ihrer Wohnung. Sie wehrte sich mit Waffengewalt gegen die Aushebung der Hanfanlage ihres Sohnes. Als die Polizei die Wohnung stürmte, nahm sich die Frau das Leben. Für die Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

Polizeikommandant wird der Lüge bezichtigt

Wie «Schweiz aktuell» vergangene Woche berichtete, war laut der Untersuchung und nach Einvernahme von zahlreichen Beteiligten der Luzerner Polizeiführung die psychische Krankheit der 65-jährigen Frau bewusst. Ein Polizeipsychologe hatte deutlich vor einem Zugriff gewarnt. «Ich habe zu 180 Grad anders beraten», sagte der Experte gemäss den Akten. Trotzdem entschied sich die Polizei für die Stürmung. 

In der Kritik steht auch Polizeikommandant Adi Achermann. Er hatte nach der Polizeiaktion betont, der Entscheid zur Stürmung sei einstimmig gefallen. Dies widerspricht jedoch den Aussagen des Psychologen. «Ein Polizeikommandant, der lügt, ist fehl am Platz», sagte etwa der Anwalt des Sohnes, Oskar Gysler, im Interview mit zentralplus. Im Prozess werden Achermann und Bussmann sich erstmals detailliert äussern. Bisher hatten sie nur betont, aus ihrer Sicht sei alles verhältnis- und rechtsmässig abgelaufen.

Der Staatsanwalt fordert für beide Angeklagten je eine Busse von 1’000 Franken sowie eine für zwei Jahre bedingte Geldstrafe von 50’400 Franken respektive 67’200 Franken. Dies geht aus der Anklageschrift hervor, welche zentralplus vorliegt.

In diesem Haus zwischen Scheune und Turm spielte sich das Drama von Malters ab.

In diesem Haus zwischen Scheune und Turm spielte sich das Drama von Malters ab.

(Bild: azi)

Urteil wird Polizeiarbeit beeinflussen

Bürgerliche Politiker kritisierten im Nachgang zum «Fall Malters» die angebliche Hetzjagd gegen Achermann und Bussmann. «Die Polizei hat ihre Pflicht erfüllt», sagte etwa CVP-Nationalrätin Andrea Gmür gegenüber zentralplus. Experten kritisierten die Haltung allerdings. «Es ist selbstverständlich, dass eine Anklage erhoben wird, wenn der Staatsanwalt einen rechtlich genügenden Verdacht hegt», sagte Staatsrechtler Markus Schefer von der Universität Basel auf Anfrage (zentralplus berichtete).

Das Urteil dürfte national mit Interesse zur Kenntnis genommen werden. Kommt es zu einer Verurteilung, würden polizeiliche Interventionen in Zukunft wohl viel stärker unter die Lupe genommen werden – die Handlungsfähigkeit der Polizei wäre eingeschränkt. Oder wie der Luzerner Justiz- und Polizeidirektor Paul Winiker zu zentralplus sagte: «Mich beschäftigt, dass bei jedem Einsatz eine Anklage drohen könnte. Wir als Staatsbürger müssen schauen, dass die Polizeikorps ihre Handlungsfähigkeit behalten und dass wir generell genügend Polizisten finden und im Speziellen auch über Kaderleute verfügen, die bereit sind, die Verantwortung einer Einsatzleitung zu übernehmen.»

Politisch könnte die Sache auch für Paul Winiker (SVP) heikel werden. Der Zuger alt Regierungsrat Hanspeter Uster arbeitet den Fall in einer Administrativuntersuchung auf. Diese ruht jedoch, bis das Verfahren abgeschlossen ist. Und diese könnte noch Jahre dauern, wenn der Fall immer wieder weitergezogen wird. Ob die beiden Polizeikader noch tragbar sind, wird unabhängig vom Urteil immer wieder zu reden geben.

 

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