Luzern: «Aktion Busenfreundin» in Schönheitsklinik

Für grössere Busen gibt es nun unbefristet Rabatt

Schönheitschirurg und Busenfreund: Jürg Häcki.

(Bild: Mirjam Oertli)

Letztes Jahr geriet die Lucerne Clinic mit ihrer «Aktion Busenfreundin» in die Schlagzeilen: Kommen Frauen zu zweit zur Brustvergrösserung, wird’s billiger. Die Kritik am Ausverkauf von Schönheits-OPs liess Gründer und Inhaber der Klinik Jürg Häcki unbeeindruckt. Im Gegenteil: Seit Kurzem bietet er das Angebot dauerhaft an.

Die Atmosphäre gleicht einem Edel-Spa oder einer Luxushotel-Lobby. Wer durch die Türe der Lucerne Clinic tritt – des Zentrums für Medical Beauty, wie die Klinik für sich wirbt –, kann es erahnen: Hier geht es nicht um entstellende körperliche Makel oder rekonstruktive Eingriffe nach Krankheiten und Unfällen. «Ich mache nur, was mit Schönheit zu tun hat», sagt denn auch Gründer und Inhaber Jürg Häcki. Das heisse, so der Facharzt FMH für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, er konzentriere sich auf rein ästhetische Anliegen.

Häcki sitzt entspannt an seinem Schreibtisch. Medienaufmerksamkeit ist er sich gewohnt. Ins Kreuzfeuer der medialen Kritik war er vor etwas mehr als einem Jahr mit seiner «Aktion Busenfreundin» geraten: Wenn zwei Frauen zusammen zur Brustvergrösserung kommen, wird es billiger für beide. Anstelle von zweimal 8’900 Franken bezahlen beide je 7’900 Franken.

Schönheitsoperation als Rabattgeschäft

Mengenrabatt für einen grossen Busen also. Der «Blick» berichtete daraufhin von einem Streit um die ursprüngliche Werbeidee. Häcki wurde vorgeworfen, die Aktion von einem Zürcher Schönheitschirurgen abgekupfert zu haben. In erster Linie aber kam grundsätzliche Kritik: Es sei unverantwortlich, Werbung und Rabatte für Schönheitsoperationen zu machen, so der Tenor insbesondere von Patientenorganisationen. Allerdings blieben die Bedenken soweit folgenlos. Jedenfalls hat Häcki seine «Aktion Busenfreundin» vor Kurzem in sein Standardangebot aufgenommen.

«Das Angebot stiess auf Anklang», erklärt er. »Weil man eine Aktion nicht dauerhaft Aktion nennen kann, gehört sie nun zu den normalen Leistungen.» Auf Anklang stossen, das heisst: Von 200 bis 250 Brustvergrösserungen, die er jährlich vornimmt, standen bisher etwa 10 Prozent im Zusammenhang mit der Aktion. Weil immer wieder Anfragen von Frauen kamen, die eine «Busenfreundin» suchen, liess die Klinik gar eine Facebook-Gruppe erstellen, wo sich «Busenfreundinnen» finden können.

Verstoss gegen Verhaltenskodex?

Brustoperationen bezeichnet Häcki als seine Spezialität: Sie machen rund 30 Prozent seiner Arbeit aus. Im Angebot auf der Webseite ist allerdings von der Augenoberlidstraffung bis zur Schamlippenkorrektur noch einiges mehr aufgeführt. Dies inklusive Preisliste. «Ganz transparent», so Häcki.

«Ist es unethisch, einen Eingriff für 7’900 Franken anzubieten anstatt für 15’000 Franken?»

Jürg Häcki, Schönheitschirurg

Doch Werbung, Mengenrabatte, Facebook-Gruppen und Preislisten: Nicht etwas zu viel des Guten? Häcki nimmt die Vorwürfe gelassen – damals wie heute. Die meisten Privatspitäler hätten Online-Auftritte und Transparenz sei heute wichtig. Natürlich könne man sich grundsätzlich überlegen, ob man Brustvergrösserungen anbieten solle oder nicht.

Doch das Bedürfnis sei da. «Die Frauen, die das wollen, leiden.» Nachher jedenfalls seien sie extrem glücklich. «Und die zweite Frage ist dann: Ist es unethisch, einen Eingriff für 7’900 Franken anzubieten anstatt für 15’000 Franken?», so Häcki. Die Antwort liefert er gleich selbst, indem er die soziale Gerechtigkeit ins Spiel bringt. Dank günstigeren Angeboten könnten sich heute auch weniger gut gestellte Leute Schönheitsoperationen leisten. «Oder sie müssen dafür nicht ins Ausland fahren, wo Vorbesprechung und Operation am selben Tag stattfinden und keine Möglichkeit auf eine Nachkontrolle besteht.»

Mit seiner offensiven Werbung stösst er allerdings auch in eigenen Fachkreisen nicht auf Gegenliebe. Die Schweizerische Gesellschaft für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie, bei der Häcki Mitglied ist, sagt auf Anfrage: «Unser Verhaltenskodex untersagt solche Werbung. Der Praxisinhaber wurde bereits angehalten, sie zu unterlassen.» Als Mitglied habe er sich dazu verpflichtet, sich an den Kodex zu halten. Doch Häcki kontert: Als Arzt halte er die Richtlinien der Gesellschaft vollständig ein. Die Werbung mache seine Klinik als Firma, wie dies auch viele andere renommierte Kliniken täten. «Da müssten sonst etliche Mitglieder aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.»

«Ich sage nie, was schön ist»

Vor ihm liegt ein halbes Dutzend Silikonkissen auf dem Tisch. Anschauungsmaterial, teils rund, teils in Tropfenform, ganz nach den Vorlieben von Interessentinnen. Trägt er nicht gar dazu bei, ein unrealistisches Schönheitsideal zu zementieren? «Nein, ich sage nie, was schön ist. Die Geschmäcker sind zum Glück verschieden. Die Leute kommen mit eigenen Vorstellungen und ich kläre sie auf, was machbar ist.» Auch schon habe er Leute abgewiesen. Das kommt vor, wenn er glaubt, jemanden nicht zufriedenstellen zu können. Und er betont: «Ich habe noch nie versucht, jemanden davon zu überzeugen, eine Schönheitsoperation zu machen.» Ausserdem: Wer keine Operation wolle, liesse sich selbst dann nicht operieren, wenn es gratis wäre.

Doch das Bedürfnis sei, eben, bei vielen da. Tatsache ist, dass die Schönheitsindustrie boomt. Immer mehr Menschen lassen sich also für ihre Schönheit unters Messer legen und nehmen damit ohne medizinische Notwendigkeit die Risiken des Eingriffs in Kauf.

Zunehmender Trend zu Eingriffen

«Der Trend zu Eingriffen wird noch zunehmen», so Häcki. «In fünfzig Jahren werden wir an einem ganz anderen Punkt sein.» Er verweist auf den Gangnam-Distrikt in Seoul, der die höchste Dichte an Schönheitschirurgen weltweit habe. «Da wird schon in der U-Bahn für Eingriffe geworben.»

«Als Inhaber bin ich selbstverständlich auch für die finanzielle Seite der Klinik verantwortlich»: Schönheitschirurg Jürg Häcki.

«Als Inhaber bin ich selbstverständlich auch für die finanzielle Seite der Klinik verantwortlich»: Schönheitschirurg Jürg Häcki.

(Bild: Mirjam Oertli)

Noch sind solche Zustände bei uns allenfalls Zukunftsmusik. Wenn er aber manchmal sehe, wie offen junge Leute auch hierzulande heute der Schönheitschirurgie gegenüberstünden, sei das auch für ihn manchmal erschreckend, so Häcki. «Die Jungen schiessen von morgens bis abends Selfies, posten sie, vergleichen sich, werden unsicher mit ihrem Äusseren.» Mit solchen Patientinnen rede er Klartext. Damit sie selber einsähen, dass eine Operation nicht die Lösung sei. «Als Schönheitschirurg empfinde ich auch eine grosse Verantwortung.»

Boomende Industrie, offensive Werbung. Ihm ein gar starkes Geschäftsinteresse zu unterstellen, liegt nah. «Während meiner Berufsausübung als Arzt steht allein der Patient im Mittelpunkt», entgegnet er darauf. Finanzielle Interessen hätten da keinen Platz. «Doch als Inhaber bin ich selbstverständlich auch für die finanzielle Seite der Klinik verantwortlich. So müssen wir entscheiden, welche Preise wir für die Dienstleistungen benötigen und wie viele Mitarbeitende wir beschäftigen können.»

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