Eine Stelle zu finden, erfordert Ausdauer und mentale Stärke. Und manchmal auch ein Quäntchen Exhibitionismus. Wir waren mit Stellensuchenden an der Jobmesse in Cham auf Jobsuche. Und haben dabei viel Enttäuschung, aber auch hoffnungsvolle Momente erlebt.
«Eigentlich wäre ein Kaffee jetzt sehr willkommen», sagt Gaby Genner und blickt zu den Ständen der Personalagenturen, die sich an den Wänden des Lorzensaals aufgebaut haben. Genner ist kaufmännische Angestellte, seit eineinhalb Monaten auf Stellensuche und kommt sich ein wenig ausgestellt vor. «Ich fühle mich hier wie auf einer Viehschau.» Sie hat bereits einen Personalvermittler aufgesucht, ruht sich nun in der Mitte des Saals aus und bereitet sich darauf vor, die nächsten abzuklappern.
Genners Ziel: eine neue Stelle. Ihre Erwartungen: gedämpft. «Mein Handicap ist mein Alter», erklärt die Baarerin, die vif und aufgeweckt wirkt: «Ich bin fast 50.» An einer Jobmesse sei sie zum ersten Mal, fände die Idee aber gut. Ein paar Kontakte mehr könnten nicht schaden. «Man darf nie aufgeben», meint sie. Sie hat bereits 65 Bewerbungen losgeschickt und dabei «die lustigsten Absagen bekommen».
Abschalten ist wichtig
Lustig, nicht niederschmetternd? «Man muss sich einen Schalter in den Kopf pflanzen», erklärt Genner, «und ihn umlegen, wenn zu viele Absagen kommen.» Anders sei die Enttäuschung nicht auszuhalten. Vor Jahren habe sie einmal 250 Bewerbungen verschickt, bis sie eine Stelle fand.
«Vielleicht kann ich ein paar Kontakte knüpfen und erhalte konkrete Hinweise auf einen Job in einer andern Branche.»
Ellen Hämmerle, Zug
Ellen Hämmerle aus Zug hat ein anderes Problem: einen seltenen Beruf. «Die Textilbranche ist in der Schweiz nicht gerade am Boomen», sagt die Bekleidungstechnikerin. «Ich bin deshalb schon länger auf Arbeitssuche.» Ihr Alter sei bei der Jobsuche kein Hindernis, sagt die 43-Jährige. Aber sie sei alleinerziehende Mutter. Das hörten mögliche Arbeitgeber nicht besonders gern.
Kontakte ja, Stellen nein
Hämmerle hatte gehofft, an der Jobmesse Angebote für feste Anstellungen zu finden. «Aber hier sind ja nur Personalagenturen», sagt sie enttäuscht. Und beschliesst, das Beste daraus zu machen. «Vielleicht kann ich ein paar Kontakte knüpfen und erhalte konkrete Hinweise auf einen Job in einer andern Branche.» Wo denn? «Zum Beispiel als Sachbearbeiterin im Büro», meint sie. Hämmerle beschliesst, sich zu den Personalagenturen aufzumachen und nachher noch ein Fachreferat anzuhören.
Am Dienstag fand in Cham die 5. Zuger Jobmesse statt, eine Idee, die man sich im Kanton Luzern abgeschaut hat. Ziel ist es, Stellensuchende und Stellenvermittler physisch zusammenzubringen. Neben Personalgenturen waren die verschiedenen staatlichen und halbstaatlichen Einrichtungen mit Ständen und Dienstleistungen vertreten. Eingeladen waren 2’700 Leute, die sich beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) als Stellensuchende registriert haben, und viele davon erschienen auch im Verlauf des Tages – sodass immer zwischen 60 und 150 Leute im Lorzensaal anwesend waren.
«Eine gute Sache»
Zuversicht versprüht dagegen Andreas Bachmann, ein Mann wie ein Turm. Der hochgewachsene Baarer war Schreiner/Maschinist und musste nach einem Arbeitsunfall umschulen. Er hat nochmals die Schulbank gedrückt und ist nun Sachbearbeiter Planung. Sein Problem: «Ich bin erst im Winter aus der Schule gekommen und habe noch keine Arbeitspraxis auf meinem neuen Beruf.»
Eine Jobmesse besuche er zum ersten Mal. Sie sei «eine gute Sache». Obwohl: «Einige Personalvermittler haben fast nur Bauberufe im Angebot.» Für ihn sei wenig dabei. Dennoch: Bachmann unterhält sich noch eine ganze Weile mit den Ausstellern an der Jobmesse und verlässt den Lorzensaal mit dem gleichen Gepäck wie viele andere: ohne neuen Job, aber mit einigen neuen Kontakten auf dem Arbeitsmarkt.
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