Möglicher Köder vom Churchill-Quai verschwunden

Werden in Luzern Hunde vergiftet?

Mit Giftködern gegen Hunde? Momentan kursieren Meldungen von Vorfällen beim Churchill-Quai.

(Bild: Montage pze)

Bei der Hundewiese am Churchill-Quai tauchte der Verdacht auf, jemand vergifte die Hunde mit präpariertem Futter. Der Giftköder wurde Strassenarbeitern abgegeben – ist aber nie bei einer offiziellen Stelle angekommen. Was passierte mit der Probe?

Immer wieder tauchen in Luzern Meldungen über Giftköder auf, mit welchen Hundhasser den Vierbeinern an den Kragen wollen. Vor Kurzem berichtete zentralplus über die IG Hundewiese (hier geht es zum Bericht) und stiess dabei auf eine solche Meldung in den sozialen Medien. «Am Churchill-Quai Luzern bitte aufgepasst. Es wurden Giftköder ausgelegt», postete Facebook-Nutzerin Tanja Zemp mit dazugehörigem Bild in die Gruppe der IG Hundewiese.

Die Luzernerin erklärt, sie habe das Futter gefunden und Mitarbeitern der Stadt mitgegeben. «Deren Aussage war, es seien bei ihnen auch schon Hundefallen mit Nägeln abgegeben worden», schreibt Zemp weiter. Die Fallen und Giftköder seien laut den Werkhofmitarbeitern an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet worden – was nun auch mit dem angeblichen Giftköder passieren soll, den sie gefunden hat.

Fund nie bei der Polizei angekommen

Nun aber die grosse Ernüchterung: Bei der Stadt weiss keiner von den Giftködern – Die Veterinärpolizei lässt verlauten: Keine Meldung von Giftködern aus dem Churchill-Quai. Der Fleischhaufen, den das Foto zeigt und um den es in diesem konkreten Fall geht, scheint einfach verschwunden zu sein. Was ist mit der abgegebenen Probe geschehen?

Das Foto, welches Tanja Zemp auf Facebook postete, zeigt den angeblichen Giftköder.

Das Foto, welches Tanja Zemp auf Facebook postete, zeigt den angeblichen Giftköder.

(Bild: screenshot)

Stadtgärtnerei weiss von nichts

Cornel Suter, Leiter der Stadtgärtnerei, sagt: «Bei uns sind alle Mitarbeiter vertraut mit den Abläufen in heiklen Situationen.» Er könne sich nicht vorstellen, dass einer seiner Mitarbeiter einfach eine ihnen übergebene Probe unachtsam in die Tonne wirft. «Ich habe explizit beim zuständigen Ressort nachgefragt, es weiss niemand bei der Stadtgärtnerei etwas von einer übergebenen Giftköderprobe.»

Strasseninspektorat fand Schnur mit Scherben

Auch beim Strasseninspektorat hat man keine Kenntnisse von abgegebenen Ködern. «Unsere Leute wissen, dass man solche Proben weiterleiten muss», so Florian Aschbacher, Leiter Betrieb und Strassenunterhalt. Er habe seine Mitarbeitenden gefragt, Kenntnis eines solchen Vorfalls habe niemand. 

Und die Nagelfallen? «Auch von abgegebenen Fallen haben wir beim Strasseninspektorat nichts gehört», so Aschbacher. Nur eine Schnur mit Scherben sei übergeben worden. «Wir haben dies aber geprüft und kamen zur Einschätzung, dass es sich nicht zwingend um eine absichtlich gestellte Falle handelt», sagt Aschbacher. Man überwache die Gegend ständig, aber abgesehen von der Scherbenschnur seien ihm in jüngster Zeit am Churchill-Quai keine Vorfälle bekannt, weder Gift- noch Nagelfallen.

«Tierärzte sprechen auch von Vergiftung, auch wenn der Hund einfach etwas Verdorbenes gegessen hat.»

Martin Keiser, Tierarzt

«Ich habe da Vertrauen in meine Leute. Wenn es einen Vorfall gegeben hätte, so wäre dieser gemeldet worden», so Aschbacher.

Vergiftungsverdacht schwer zu verifizieren

Falls ein Tier plötzlich Krankheitszeichen zeigt, so sei eine Einschätzung über eine mögliche, mutwillige Vergiftung eine grosse Herausforderung, so Martin Keiser, Tierarzt in der Tierklinik Obergrund. «Die Symptomatik kann der einer Magen-Darm-Grippe ähneln», so Keiser, «die Tiere leiden oft an Erbrechen, später an Durchfall und/oder Appetitlosigkeit.» Deshalb hätten viele Hundehalter schnell das Gefühl, ihr Tier sei Opfer einer Vergiftung geworden – obwohl dem gar nicht so sei. Aber: «Natürlich gibt es auch klassische Vergiftungen mit absolut spezifischen Symptomen, die sich dann von reinen Magen-Darm-Problemen unterscheiden», so Keiser.

Dazu kommt ein sprachliches Problem: «Tierärzte sprechen auch von Vergiftung, auch wenn der Hund einfach etwas Verdorbenes gegessen hat. Das heisst noch nicht, dass jemand vorsätzlich den Hund mit Giftstoffen schädigen wollte.» Oftmals hätten die Leute dadurch aber das Gefühl, ihr Tier sei mutwillig vergiftet worden. Dabei sei es sehr schwer, Giftstoffe nachzuweisen, wenn man nicht wisse, auf welche Toxine man testen müsse.

Jemand vermutet, dass es sich um Erbrochenes handelt. Die IG Hundewiese mahnt zur Vorsicht.

Jemand vermutet, dass es sich um Erbrochenes handelt. Die IG Hundewiese mahnt zur Vorsicht.

(Bild: screenshot)

Oftmals sei die Vergiftung vom Tier selbstverschuldet und nicht mutwillig: «Wenn ein Hund mit Rattengift in Berührung kommt, kann das ein Fall von vorsätzlicher Vergiftung sein – der Hund kann aber auch eine vergiftete Ratte oder Maus gefressen haben.» Diese Fälle auseinanderzuhalten, sei sehr schwer.

Es sei ihm vor allem ein Anliegen: «Bei Meldungen von Giftködern soll man vorsichtig sein und auf sein Tier aufpassen – aber nicht überreagieren, wenn irgendwo etwas Verdächtiges herumliegt.» Und: «Gibt es einen Verdacht auf Vergiftung, so raten wir unseren Kunden, bei der Polizei eine Anzeige aufzugeben.»

Giftköder immer wieder im Gespräch

Der Verdacht von vergifteten Tierködern oder gestellten Tierfallen tauchen immer wieder auf. Als im Jahr 2015 Geschichten über mutmassliche Giftköder an der Kleinen Emme oder in Ebikon an der Ron auf Facebook kursierten, liess sich Simon Kopp, Sprecher der Polizei, gegenüber der «Luzerner Zeitung» zitieren: «Wir bedauern, dass im Internet solche Panik gemacht wird.» Viele Leute stützten sich damals scheinbar auf Aussagen vom Hören-Sagen – aber konkrete Vorfälle konnte, ähnlich wie im Fall Churchill-Quai, die Polizei nicht bestätigen.

Künftig direkt bei Polizei abgeben

Hat denn Tanja Zemp alles erfunden, nur Gerüchte gestreut? Die Hundebesitzerin wehrt sich: «Ich habe mich korrekt verhalten und den Köder bei der nächsten Anlaufstelle abgegeben.» Dass der Köder offenbar nicht ordnungsgemäss weitergeleitet wurde, sei nicht ihr Fehler. Doch man wolle ab jetzt den direkten Weg gehen: «Zukünftige Fälle werden Hündeler in Absprache mit der IG Hundewiese nur noch bei der Polizei direkt abgeben und melden.»

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1 Kommentar
  • Profilfoto von fabianmartin
    fabianmartin, 04.03.2017, 10:18 Uhr

    Als Kernteam der IG Hundewiese erhalten wir gelegentlich Rückmeldungen von Mitgliedern, die uns auf vermeintliche Giftköder oder Verletzungsfallen aufmerksam machen. Vermeintlich darum, da sich selten auf den ersten Blick mit Sicherheit sagen lässt, um was es sich tatsächlich handelt. Nach den hier im Artikel geschilderten Vorgängen haben wir reagiert und unseren Mitgliedern geraten bei einem Verdacht stets direkt die Polizei zu informieren. Nur so kann zweifelsfrei geklärt werden, um was es sich wirklich handelt. Es geht nicht um Panikmache sondern darum bei begründetem Verdacht Sicherheit zu erlangen.
    Wir hoffen natürlich stets, dass sich die Befürchtungen in solchen Fällen nicht erhärten. Sollte dies jedoch trotzdem der Fall sein, ist es für Hundehalter wichtig im betroffenen Gebiet besondere Vorsicht walten zu lassen. Denn in erster Linie sind wir Hundehalter für das Wohlergehen unserer Hunde verantwortlich. Die Tiere sind hier das schwächste Glied, das es zu schützen gilt.
    Vielen Dank auf jeden Fall an Pascal Zeder für diesen Artikel. Wir sind uns sicher, dass die ausgewogene Berichterstattung, auch unter Beiziehung von Tiermedizinern, zu einer Sensibilisierung beiträgt ohne Hysterie zu schüren.

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