Fall Malters: Anwalt des Sohnes will Gutachten

Neue Beweise sollen Fehler der Polizeichefs zeigen

In diesem Haus spielte sich das Drama von Malters ab. (Bild: azi)

Zwei externe Gutachter sollen den Polizeieinsatz im Fall Malters beurteilen: Das verlangt der Anwalt des Privatklägers. Er hat entsprechende Beweisanträge gestellt. Er hofft damit auf stärkere Belege für die These, dass die beiden angeklagten Polizeichefs im März 2016 den Suizid einer Frau hätten verhindern können.

Hätte der Selbstmord einer Frau bei einem Polizeieinsatz im März 2016 verhindert werden können? Mit dieser Frage muss sich das Bezirksgericht Kriens befassen, bei dem gegen die damals leitenden Polizeikader Anklage wegen fahrlässiger Tötung erhoben wurde. Bevor es zur Verhandlung kommt, sollen nun aber zwei externe Gutachten angefertigt werden. Das zumindest verlangt der Anwalt des Sohnes der Frau, der als Privatkläger auftritt. Er hat entsprechende Beweisanträge gestellt.

Im Gerichtsfall geht es um einen Polizeieinsatz in Malters, der tragisch endete: Eine damals 65-jährige Frau verschanzte sich in einem Haus, in dem die Behörden eine Hanfanlage vermuteten. Als die Polizei nach stundenlangen Verhandlungen mit der psychisch kranken Frau das Gebäude stürmte, erschoss sie sich. Ihr Sohn, der die Hanfanlage betrieben haben soll, erhob daraufhin schwere Vorwürfe gegen die Polizei. Die Einsatzleitung habe eine angebliche Warnung des Polizeipsychologen ignoriert und damit den Suizid der Frau mitverantwortet.

Einschätzung eines Polizei-Experten?

Im Januar erhob der mit dem Fall beauftragte ausserordentliche Staatsanwalt Christoph Rüedi gegen den Polizeikommandanten und den Chef der Kriminalpolizei Anklage. Er kam zum Schluss, dass der Suizid der Frau vermeidbar gewesen wäre. Die beiden Polizeikader müssen sich deshalb wegen Verdachts auf fahrlässige Tötung vor Gericht verantworten. Der Staatsanwalt fordert für beide Angeklagten je eine Busse sowie eine bedingte Geldstrafe von 50’400 Franken respektive 67’200 Franken (zentralplus berichtete).

«Ich möchte durch einen polizeilichen Experten beurteilen lassen, ob der Einsatz bereits mangelhaft geplant gewesen war.»

Oskar Gysler, Anwalt des Privatklägers

Die Parteien konnten inzwischen beim Bezirksgericht Kriens Beweisanträge stellen – und das wurde gemacht. Der Anwalt des Sohnes, Oskar Gysler, bestätigt gegenüber zentralplus, dass er zwei Gutachten verlangt. Es handelt sich einerseits um eine polizeiliche Abklärung. «Ich möchte durch einen polizeilichen Experten beurteilen lassen, ob der Einsatz, so wie er geplant und durchgeführt wurde, mit erheblichen Risiken für die Verstorbene und die Polizisten behaftet gewesen sei.» Der externe Gutachter soll demnach prüfen, ob andere Einsatzvarianten bestanden hätten und ob der Suizid der Frau bei der Hausstürmung vorhersehbar war oder nicht.

Anwalt hofft auf stärkere Beweise

Auf der anderen Seite sollen gemäss Oskar Gysler psychologisch-psychiatrische Abklärungen getätigt werden. «Da geht es zum einen um die Frage, ob die Beurteilung des Polizeipsychologen vor Ort korrekt war», sagt der Anwalt. Dieser hat offenbar von der Hausstürmung abgeraten und der Polizei weitere Verhandlungen mit der Frau empfohlen.

«Zum anderen soll das Gutachten klären, ob weitere Verhandlungen den Suizid der Frau mutmasslich hätten verhindern können.» Das sei zwar eine hypothetische Frage, die laut Gysler jedoch in die Überlegungen der Einsatzleiter hätte einfliessen müssen.

Der Sohn der in Malters verstorbenen Frau hat den Zürcher Rechtsanwalt Oskar Gysler als Verteidiger verpflichtet.

Der Zürcher Rechtsanwalt Oskar Gysler vertritt den Sohn der in Malters verstorbenen Frau.

(Bild: zVg)

Doch wieso braucht es externe Spezialisten für Aspekte, die der ausserordentliche Staatsanwalt in seiner Voruntersuchung bereits berücksichtigt hat? «Es sind Fragen, für die es einen Fachspezialisten braucht», begründet Oskar Gysler. Er anerkennt zwar, dass der Staatsanwalt diese Fragen bereits untersucht hat. Dabei sei er zum Schluss gekommen, dass ein hohes «Interventionsrisiko» bestand, und dass es keine Hinweise gegeben habe, dass die Einschätzung des Polizeipsychologen falsch gewesen sei.

Doch Gysler geht davon aus, dass die Angeklagten diese Einschätzung bestreiten. Deshalb hofft er, die «Unverhältnismässigkeit» des Einsatzes mit zwei unabhängigen Gutachten stützen zu können.

Gericht muss entscheiden

Nun muss das Bezirksgericht entscheiden, ob es die zwei Gutachten für nötig hält. Falls die Anträge bewilligt werden, dürfte sich die Strafverhandlung verzögern, da diese Beweise vorher eingeholt werden müssen.

Wann die Verhandlung am Bezirksgericht Kriens stattfindet, ist entsprechend noch offen. Die Anwälte der beiden Polizeikader haben laut Beat Hess, dem Anwalt des Chefs der Kriminalpolizei, keine Beweisanträge gestellt. Für die zwei Angeklagten gilt die Unschuldsvermutung.

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