200-jährige Zuger Kantonsgesetze

Kürzt des Bischofs Gehalt!

Im Kanton Zug gammeln noch zweihundertjährige Gesetze vor sich hin.

(Bild: Flickr Schwarzwert Naturfotografie)

Die Stadt Zug muss 1,8 Millionen Franken an Alterswohnungen zahlen, weil sie vergessen hat, das entsprechende Gesetz zu löschen. Auch der Kanton hat noch alte Gesetze. «Schwachsinnige» und «arme Irre» dürften sich freuen. Der Bischof dafür gar nicht.

Holen Sie Ihre Wollsocken und setzen Sie den Glühwein auf: Heute wird’s gemütlich. Wenn es draussen immer garstiger wird und der Winter seine kalten Finger durch die Ritzen der Tür streckt, dann sollte man sich schnellstens vor das nächste Kaminfeuer retten und in nostalgischen Welten dämmern. Heute gibt’s zwar keine Märchen der Brüder Grimm, aber etwas beinahe so Gutes und genauso Altes: Gesetze und Verordnungen des Kantons Zug.

Gerade zur Zeit der Gebrüder Grimm organisierte unter anderem der Kanton Zug nämlich das Bistum Basel neu.

Die hohen Stände haben gesprochen.

Die hohen Stände haben gesprochen.

(Bild: Screenshot Zuger Gesetzessammlung)

«Von der Wichtigkeit durchdrungen … Blahblah … des dritten März Tausend und Acht und Hundert und zwanzig … Blah» Sagt mal, was habt ihr gegen Zahlen? Was ist das überhaupt für 1 Rechtschreibung? Aber darum geht’s jetzt nicht.

Bis heute stehen die damaligen Abmachungen in der gültigen Fassung der Zuger Rechtssammlung. Hat doch etwas Beruhigendes, Worte zu betrachten, die bis heute an Gültigkeit nichts eingebüsst haben. Aber nicht alle dürften echte Freude ab dieser Beständigkeit verspüren.

Da muss wohl einer sparen... Aber Gesetz ist Gesetz.

Da muss wohl einer sparen… Aber Gesetz ist Gesetz.

(Bild: Screenshot)

Laut der Übereinkunft von 1828 haben wir es schwarz auf weiss: Der für Zug zuständige Bischof soll 8000 Franken verdienen, nicht mehr oder weniger. Endlich ist das mal geregelt, die Gehälter der Bischöfe sorgen schliesslich immer wieder für Diskussionen. Für den Bischof Felix Gmür wird die Umstellung aber bestimmt nicht leicht: Von 170’000 Franken auf 8000 jährlich ist ein grosser Sprung.

Der Vertrag mit dem Nachbar-Königreich

Der Vertrag sorgt dafür, dass es keine Unklarheiten gibt bei Konkursfällen im Königreich Württemberg und dem Kanton Zug.

Der Vertrag sorgt dafür, dass es keine Unklarheiten gibt bei Konkursfällen im Königreich Württemberg und dem Kanton Zug.

(Bild: Screenshot Zuger Gesetzessammlung)

Klarheit bringt auch der Vertrag der Zuger mit dem Königreich Württemberg. Und zwar ist in der Zuger Rechtssammlung seit 1825 geregelt, wie Konkursverfahren in den beiden Ländern zu handhaben sind. Ja, «beiden Ländern», denn 1825 gab’s sowas wie die Schweiz als Land ja noch gar nicht. Das Königreich Württemberg in Deutschland existiert seit dem Ersten Weltkrieg übrigens auch nicht mehr.

Selbstverständlich gibt es auch Gesetze in der Sammlung des Kantons Zug, die aus einer Zeit stammen, als es bereits solche Dinge wie Glühbirnen oder Elektrizität gab. Wie die Verordnungen über die Viehpfändung von 1912.

Betreibungsbeamte verdienen zwei Franken pro gepfändete Kuh. Klingt fair.

Betreibungsbeamte verdienen zwei Franken pro gepfändete Kuh. Klingt fair.

(Bild: Screenshot Zuger Gesetzessammlung)

 

Die Betreibungsbeamten dürfen pro Vieh eine Gebühr von zwei Franken erheben, nachdem sie sich versichert haben, dass das Vieh überhaupt existiert. Klingt fair. Auch Betreibungsbeamte müssen schliesslich essen. Und trinken. Was uns zum nächsten Gesetz bringt.

Die anderen 90 Prozent dürfen sie für private Mittagessen ausgeben, da sind wir grosszügig.

Die anderen 90 Prozent dürfen sie für private Mittagessen ausgeben, da sind wir grosszügig.

(Bild: Screenshot Zuger Gesetzessammlung)

Alkoholmonopol heisst, dass nur der Staat reinen Alkohol herstellen darf. Noch bevor es auf Bundesebene eine Regelung dazu gab, hat sich der Kanton Zug bereits Gedanken dazu gemacht, wie man die finanziellen Einnahmen aus diesem Monopol verwenden sollte. Das ist dabei herausgekommen:

 

Paragraf 2 betreffend der Verwendung der Einnahmen aus dem Alkoholmonopol.

Paragraf 2 betreffend die Verwendung der Einnahmen aus dem Alkoholmonopol.

(Bild: Screenshot)

Ein Skandal: Seit Jahren wird der Artikel ignoriert. Oder wer erinnert sich an die letzten Schulsuppenanstalten? Oder wann wurde wohl zuletzt ein armer Durchreisender mit Naturalverpflegung versorgt? Auch kümmert man sich im Allgemeinen wohl nur mangelhaft um all die Schwachsinnigen.

Gemeinden haben noch Zeit bis zum ersten Dezember!

Bis zum ersten Dezember können Gesuche zur Unterstützung von Schwachsinnigen und Irren noch eingereicht werden.

Bis zum ersten Dezember können Gesuche zur Unterstützung von Schwachsinnigen und Irren noch eingereicht werden.

(Bild: Screenshot Zuger Gesetzessammlung)

Laut Paragraf drei dürfen übrigens Gemeinden, die glauben, sie helfen Irren und Schwachsinnigen, die Rechnungen bis zum ersten Dezember noch an den Kanton schicken. Dass der Kanton seit 1932 – dann wurde das Alkoholmonopol auf Bundesebene eingeführt – nichts mehr am Alkoholmonopol verdient, ist ja nicht das Problem der Gemeinden.

 

Altes Gesetz zwingt Stadt Zug dazu, 1,8 Millionen zu zahlen

«Ich finde nichts vernünftiger in der Welt, als von den Torheiten anderer Vorteil zu ziehen», sagte Goethe. Und ungehörigerweise behält der Neunmalkluge damit bis heute recht.

Die Stadtzuger FDP fordert, dass die Rechtssammlung der Stadt unter die Lupe genommen wird. Hintergrund ist ein Reglement von 1973, das die Stadt verpflichtet, insgesamt 1,8 Millionen an die Alterswohnungen im Waldheim zu zahlen.

Eine Motion der FDP der Stadt Zug fordert nun, dass Gesetze, die älter als 15 Jahre sind, systematisch überprüft werden. Wie fruchtbar die Suche sein wird, ist jedoch nicht klar, denn laut dem Zuger Stadtschreiber Martin Würmli besteht bereits ein solches Konzept: «Wenn ein neues Reglement erlassen wird, dann überprüft man die Rechtssammlung auf Widersprüche.» Die Stadt habe eine relativ übersichtliche Rechtssammlung, sagt Würmli weiter. «Das Präsidialdepartement hat beispielsweise etwa 20 Erlasse, da merkt man schnell, ob etwas veraltet ist.»

Wenn man Gesetze von Anfang an mit Verfallsdatum versehen würde, müsste man beispielsweise alle paar Jahre wieder über das Taubenfütterungsverbot von 1967 diskutieren. Darum geht es bei der FDP-Motion auch gar nicht: «Wir wollen vom Stadtrat wissen, ob das System funktioniert, die Rechtssammlung gepflegt wird und es eine Überarbeitung braucht», sagt Eliane Birchmeier, Stadtzuger Gemeinderätin der FDP, die die Motion eingegeben hat. Das Problem aber bleibt: Wer die eigenen Gesetze nicht kennt, dem hilft keine noch so gut gepflegte Sammlung der Welt.

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Heinz Gadient
    Heinz Gadient, 21.11.2016, 12:26 Uhr

    Das ist ja recht lustig. Weniger lustig finde ich, dass der Bischof Fr. 170’000.- verdient. (Hab ich das richtig gelesen?) Ich nehme an, dass er keine Miete bezahlen muss und auch sonst das Meiste gratis hat. Also wofür Fr. 14’000.- im Monat? Börselen? Teures Hobby, oder was?

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