Fast 20 Jahre beim Luzerner Behindertenfahrdienst

«Mr. LuTixi» Rolf Hermetschweiler tritt zurück

Rolf Hermetschweiler (links) mit Geschäftsführer Mario Bucher vor dem Tixi-Taxi.

(Bild: Natalie Ehrenzweig)

Nach knapp 20 Jahren tritt Rolf Hermetschweiler als Vorstandsmitglied und Präsident der Genossenschaft LuTixi zurück. Der Behindertenfahrdienst spürt den Spardruck der Politik und die Konkurrenz durch private Dienstleister. Für den Nachfolger hält der Mr. LuTixi aber noch einige Ideen parat.

«Ich kann das LuTixi nur empfehlen, ich bin bombenzufrieden mit ihm», schwärmt Heidy Imfeld aus Kriens. Die Rollstuhlfahrerin nützt den Fahrdienstleister oft: «Wenn ich zum Zahnarzt oder nach Nottwil muss, melde ich sofort meine Fahrten an. Einmal musste ich nach Lungern, aber es war kein Chauffeur frei. Da hat mich Mario Bucher, der Chef persönlich, gefahren», preist die Krienserin den Service von LuTixi an.

Einfach «so reingerutscht»

Das LuTixi ist eine Genossenschaft, die 1979 gegründet wurde und den Auftrag hat, Menschen im Rollstuhl und gehbehinderte Menschen zu transportieren. Präsident Rolf Hermetschweiler erinnert sich: «Ich rutschte da so rein, als ich 1995/1996 als Fasnachtsmärt-Chef vom Luzerner Fasnachtskomitee dem LuTixi geholfen habe, ein Auto gesponsert zu bekommen. Damals kam ich in Kontakt mit dem Vorstand.» Nach knapp 20 Jahren im Vorstand der Genossenschaft bereitet Hermetschweiler nun seinen Rücktritt vor.

«Heute geht es dem LuTixi soweit gut.»

Rolf Hermetschweiler

Zu Beginn ging es dem LuTixi finanziell sehr schlecht. «Ich habe es umstrukturiert und professionalisiert. Eine Stiftung half uns, die Schulden zu begleichen. Heute geht es dem LuTixi soweit gut», freut sich Rolf Hermetschweiler. In den knapp 14 Jahren hat die Gesellschaft in Bezug auf die Emanzipation von Behinderten wichtige Stationen durchlaufen.

«Wichtig war natürlich, als 2003 das Behindertengleichstellungsgesetz eingeführt wurde», betont Hermetschweiler. Darin ist festgeschrieben, dass Menschen mit Behinderungen ein hindernisfreier Zugang zum öV zu gewährleisten ist, damit sie selbstständig Kontakte pflegen oder arbeiten können. Behinderte, die nicht selber den öV benützen können, werden in ihrer Mobilität unterstützt: 2011 führte Pro Infirmis Luzern die Tixi-Taxi-Bons ein.

Spardruck trifft auch Behindertentaxi

«Wir haben uns damals sehr gewehrt, denn wir finden die Subventionierung der einzelnen Personen nicht sinnvoll. So werden nämlich auch ganz normale Taxifirmen berücksichtigt, statt die spezialisierten Anbieter zu unterstützen», erklärt Rolf Hermetschweiler. Die Höhe der Bons ist jährlich unterschiedlich und hängt laut Pro Infirmis von den zur Verfügung gestellten Mitteln von Kanton und Gemeinden ab.

Da gespart wird und die Zahl der Bezugsberechtigten zugenommen hat, werden ab 2017 nur noch Bezüger einer Hilflosenentschädigung der IV in den Genuss der Bons kommen. In diesem Jahr hat Heidy Imfeld Bons im Wert von 1800 Franken erhalten. Bis jetzt musste sie allerdings bereits für 4700 Franken Fahrten von LuTixi in Anspruch nehmen.

Zu wenig freiwillige Fahrer

«Ich habe schon von Bekannten gehört, das LuTixi sei teuer – eine Fahrt kostet in der Agglomeration 30 Franken. Aber ich erkläre ihnen immer, dass die Fahrzeuge und deren Unterhalt viel kosten», betont Rollstuhlfahrerin Imfeld. 150’000 Franken muss Geschäftsführer Mario Bucher im Jahr an Spenden einsammeln, um den Betrieb des LuTixi aufrechtzuerhalten. Und dies, obwohl 30 freiwillige Fahrer unterwegs sind. «Wir haben leider nicht genug freiwillige Fahrer und Fahrerinnen, sodass wir auch mit Zivildienstleistenden arbeiten müssen. Die sind zwar günstiger als ein Chauffeur, aber halt nicht gratis», erklärt Rolf Hermetschweiler.

«Ich fand es besser, als der Kunde sich noch mit 5 Franken an der Fahrt beteiligen musste.»

8000 Fahrten mit acht Fahrzeugen im Jahr leistet das LuTixi ungefähr. Die Zahl sei seit der Einführung der Bons gesunken, da nun eben auch andere Anbieter zum Zug kämen, die ihre Fahrzeuge nicht extra umbauen. Der frühere SVP-Politiker Rolf Hermetschweiler ist mit dem Sparen auf dem Buckel der Abhängigen, die sich nicht wehren können, nicht einverstanden. Aber: «Ich fand es besser, als der Kunde sich noch mit 5 Franken an der Fahrt beteiligen musste. Jemand, der Bus fahren will, muss ja sein Ticket auch selber bezahlen.» Das Geld liege – etwa für das LuTixi – auf der Strasse. «Aber es ist ein Knochenjob, die Spenden zusammenzubekommen», weiss er.

Zeit für Golf und Enkel

Hermetschweiler ist sichtlich stolz auf sein Team bei LuTixi. «Am Anfang war ich noch selber in der Zentrale, heute habe ich einen guten Geschäftsführer und muss mich nicht mehr gross kümmern», freut er sich. Doch es brauche wieder mal jemanden mit neuen Ideen, anderen Kontakten. «Nach so vielen Jahren muss man darauf achten, dass man nicht ausbrennt», sagt der abtretende Präsident.

«Nach so vielen Jahren muss man darauf achten, dass man nicht ausbrennt.»

Auch aus anderen Funktionen, etwa aus der Politik, dem Fasnachtskomitee oder dem Curling, hat sich der 67-Jährige zurückgezogen. «Das konnte ich alles immer nur mit der Unterstützung meiner Frau machen. Jetzt will ich wieder mehr Zeit haben, um zu golfen und mit meinen Enkeln zusammen zu sein, wie letzte Woche, als wir zusammen in Rust waren», erzählt er strahlend.

Für die Zukunft und seinen Nachfolger wünscht sich der Präsident, dass das LuTixi mehr freiwillige Fahrer findet und sich auch Engagierte für den Vorstand melden. Und im Gespräch wird klar: Er hätte noch viele Ideen, wie etwa das Anbieten eines Patiententransports. Doch das überlässt er seinem Nachfolger: Wenn alles klappt, sollte der nächste Präsident im Februar oder März das Zepter übernehmen. Vielleicht grad rechtzeitig, dass der Fasnächtler Rolf Hermetschweiler mit seinen Enkeln an die Fasnacht gehen kann.

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