Erleichtern und Erleichterung im Vögeligärtli

20 Jahre warten auf ein öffentliches WC

Früher Parkplatz, heute Baugerüst, bald ein WC: Neben der Enstsorgungsstelle an der Frankenstrasse steht ab Weihnachten ein öffentliches WC.  (Bild: jwy)

Viele glauben es wohl erst, wenn es so weit ist: Das Vögeligärtli erhält bald ein öffentliches WC. Definitiv. Damit wird eine über 20 Jahre alte Forderung erfüllt, die mit Einsprachen immer wieder verhindert wurde. Kehrt nun in Luzern endlich der WC-Frieden ein?

Erleichterung zum ersten: Die Luzerner Neustadt schaut wieder ruhigeren Zeiten entgegen – die Gesamterneuerung Hirschmatt, die seit Frühling 2015 die Strassen erzittern lässt und das Quartier in ein Labyrinth verwandelte, schwenkt in die Zielgerade ein.

Ziele der Gesamtsanierung waren: Werkleitungen sanieren, Lebens- und Wirtschaftsraum aufwerten und Verkehrssicherheit erhöhen. Am 12. September beginnt nun die letzte intensive Bauphase an der Dornacherstrasse und dauert bis 22. Oktober (zentralplus berichtete). Danach werden auch dort die Trottoirs neu gestaltet, Bäume gepflanzt und neue Markierungen aufgemalt.

Und dann – endlich! – soll die Neustadt wieder den Flaneuren und Boulevard-Cafés übergeben werden.

Zu Weihnachten gibt’s eine Blechkiste

Erleichterung zum zweiten: Mit der Gesamterneuerung geht auch eine andere leidige Geschichte zu Ende. Das Vögeligärtli erhält – endlich! – eine WC-Anlage. Das ist nötig, denn der Park ist neben dem Europaplatz die beliebteste Wildpinkler-Zone der Stadt. Ganz zum Leidwesen der vielen Kinder, die dort tagtäglich spielen, und der Studenten aus der Bibliothek, die dort mittags ihr Sandwich essen.

Pünktlich zu Weihnachten wird die neue WC-Anlage gleich neben der Entsorgungsstation auf einem Parkplatz zu stehen kommen. Die Arbeiten dauern voraussichtlich vom 14. November bis 23. Dezember, gearbeitet wird von Montag bis Samstag zwischen 7 und 17 Uhr.

Eine 20-jährige Forderung

Eine Toilette im Vögeligärtli – das ist eine Geschichte, die schon vor 20 Jahren ihren Anfang nahm, wie folgendes Video des Quartiervereins Hirschmatt-Neustadt von 1996 beweist (mit Simon Kopp, dem heutigen Sprecher der Luzerner Staatsanwaltschaft, als Moderator).

Schon der damalige Quartiervereins-Präsident Edgar Scagliola bedauerte im Interview, dass das WC im Vögeligärtli wegen Einsprachen nicht realisiert werden kann (ab Minute 13:27): «Wir haben die Stadt gefragt, ob es ein WC gibt, sie wäre einverstanden gewesen, aber leider gab es Einsprachen», sagt Scagliola im Video. «Das WC ist momentan auf Eis gelegt.»

Das äusserst sehenswerte Video von 1996 über das Hirschmattquartier:

 

2012: ein neuer Anlauf

Die WC-Anlage sorgte seither immer wieder für Diskussionen: 2012 nahm die Stadt einen neuen Anlauf und plante ein WC neben dem Spielplatz am Rande des Vögeligärtlis. Doch eine private Einsprache verhinderte den Bau erneut (zentralplus berichtete). Anwohner fanden, dass das Gebäude die denkmalgeschützten Fassaden der umliegenden Häuser an der Morgartenstrasse störe – das Kantonsgericht gab ihnen recht.

Die Stadt musste wieder von vorne beginnen und einen neuen Standort suchen. Diesen hat sie dann auf einem der Parkplätze neben der Entsorgungsstation an der Frankenstrasse, vis-à-vis des Restaurants Max, gefunden. Auch dagegen gab es von Anwohnern eine Einsprache, doch sie blitzten vor dem Stadtrat wieder ab, zogen den Entscheid diesmal aber nicht weiter. «Wir wussten, dass wir in einem städtebaulich sensiblen Ensemble bauen. Doch wir wollten mit der WC-Anlage vorwärtsmachen und haben gemeinsam mit allen beteiligten Stellen – Immobilien, Denkmalpflege, Stadtgestaltung, Tiefbauamt – neben der Entsorgungsstation einen guten Standort gefunden», sagt Roger Schürmann, Oberbauleiter beim Tiefbauamt.

Beim Kreis kommt das WC hin. Das Kreuz markiert die ursprüngliche Stelle, die wegen Einsprachen gescheitert ist.  (Bild: Google Maps)

Beim Kreis kommt das WC hin. Das Kreuz markiert die ursprüngliche Stelle, die wegen Einsprachen gescheitert ist.  (Bild: Google Maps)

Das gleiche Modell wie auf dem Bahnhofplatz

Nun muss die Stadt nur noch das Ende der Neustadtsanierung abwarten, dann können die Arbeiten für das WC-Häuschen losgehen. Im Moment stehen auf den Parkplätzen neben dem Vögeligärtli noch die grossen Bau-Plattformen mit Containern, die nach der Sanierung abgebaut werden müssen. Erst danach kann man die Gestaltung der Umgebung in Angriff nehmen.

«Ein über 20-jähriges Anliegen des Quartiervereins wird nun endlich umgesetzt.»

Markus Schulthess, Co-Präsident des Quartiervereins

Das neue WC kostet voraussichtlich 350’000 Franken, ursprünglich ging man von mehr als 400’000 Franken aus. Günstiger kommt es, weil alle Tiefbauarbeiten (Wasser-, Abwasser- und  Elektroanschluss) sowie Umgebungs- und Fundationsarbeiten im Rahmen der Gesamtsanierung erledigt wurden. Das neue WC ist eine der kompakten «Blechkisten», wie man sie schon von der Lidowiese oder vom Bahnhofplatz kennt, mit einem Uni-Sex-WC und einer Behindertentoilette.

Zugang vom Park her

Markus Schulthess, Co-Präsident des Quartiervereins Hirschmatt-Neustadt, sagt auf Anfrage: «Ein über 20-jähriges Anliegen des Quartiervereins wird nun endlich umgesetzt.» Allerdings warte er noch genauere Informationen zur Ausrichtung der Eingänge ab – diese müssten aus seiner Sicht aus Sicherheitsgründen gut sichtbar sein.

Laut Roger Schürmann werden die WC-Eingänge zum Vögeligärtli hin gerichtet sein. Man werde vom Park her einen Zugang schaffen, sodass man nicht aussen rum laufen müsse.

So ist die künftige WC-Anlage (rot) am Rand des Vögeligärtlis geplant.  (Bild: zvg)

So ist die künftige WC-Anlage (rot) am Rand des Vögeligärtlis geplant.  (Bild: zvg)

Ob das WC das Wildpinkeln und Littering letztlich verhindere, bezweifelt Schulthess. Aber: «Die Nutzenden des Vögeligärtlis während des Tages werden sicher froh darum sein.» Bei einem so grossen und stark besuchten öffentlichen Park brauche es ein öffentliches WC.

Das Inseli folgt als Nächstes

Die neue Anlage im Vögeligärtli ist die erste Massnahme des WC-Masterplans 2 der Stadt. Demnach sollen einst insgesamt 40 öffentliche, saubere und behindertengerechte Toiletten in der Innenstadt zur Verfügung stehen. Das kostet die Stadt 1,9 Millionen Franken. Ursprünglich wollte die Stadt die WCs auf 29 reduzieren – doch davon wich der Stadtrat nach einem Aufschrei wieder ab.

Im Verlauf des nächsten Jahres sollen die WC-Anlagen Inseli und jene im Kreuzstutz saniert werden. Danach kommen jene Unter der Egg und beim Bleichergarten an die Reihe. Auch die Sanierung der Inseli-Toiletten ging nicht ohne Nebengeräusche vonstatten: Statt 790’000 Franken darf die Sanierung nur 350’000 Franken kosten, das entschied das Parlament (zentralplus berichtete) und sprach sich somit gegen die «Luxuslösung» des Stadtrats aus.

Es möge nach über 20 Jahren WC-Frieden einkehren in der Stadt Luzern.

Die WC-Anlage beim Inseli, hinter dem KKL, befindet sich in einem schlechten Zustand und soll nun zügig saniert werden.

Die WC-Anlage beim Inseli, hinter dem KKL, befindet sich in einem schlechten Zustand und soll nun zügig saniert werden.

(Bild: Luca Wolf)

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