Nationalfeier ohne Knall und Krach?

Zug: Dicke Luft am 1. August

Sorgt für grosse Kinderaugen: Feuerwerkstand vor Metalli. Dummerweise auch für viel Krach und Rauch.

(Bild: Carlo Schuler / Archivbild)

Das Feuerwerk am Nationalfeiertag sorgt für Freude und Staunen, aber auch für Lärm, Feinstaub und Diskussionen. Denn es könnte auch ganz anders gehen. Unterägeri bot schon vor Jahren eine emissionsfreie Alternative.

Der Aufruf der Gemeinde Udligenswil im Kanton Luzern erregte Aufsehen. Unter dem Titel «Rücksichtnahme am Nationalfeiertag» war im Infoblatt vom Juli/August zu lesen: «Es wäre schön, wenn am 1. August Feuerwerk durch andere Aktionen ersetzt würde.» Mögliche Alternativen wie Lichterschlangen oder Dekolichter seien sehr schön, würden keinen Lärm verursachen und die Umwelt nicht verschmutzen.

Jennifer Frischknecht, Stellvertreterin des Udligenswiler Gemeindeschreibers, sagt, die Gemeindeverwaltung habe zwar nur wenige, dafür aber zumeist positive Rückmeldungen auf den Aufruf hin erhalten. Die eingegangenen Reaktionen würden sich jedenfalls zumeist ziemlich stark von jenen unterscheiden, welche teilweise in den Medien zu lesen waren.

Zustimmend hätten sich besonders auch Leute geäussert, welche mit Tieren zu tun haben. Zudem seien auch diverse Rückmeldungen von auswärts erfolgt. Frischknecht betont, dass es der Gemeinde nicht um ein Verbot, sondern um eine Empfehlung gehe.

Spitzenwerte wie nie sonst während des Jahres

Nach Schätzungen des Bundesamtes für Umwelt (BAfU) werden pro Jahr schweizweit rund 2000 Tonnen Feuerwerkskörper verkauft. In diesen sind rund 500 Tonnen pyrotechnische Feuerwerksätze enthalten. Beim Abbrennen entstehen dadurch rund 360 Tonnen Feinstaub. Einer Studie des BAfU aus dem Jahre 2014 ist zu entnehmen, dass der Verbrauch im Stichjahr 2013 rund doppelt so hoch war wie 20 Jahre zuvor.

«Luftmessungen von Feinstaub am 1. August in der Stadt Zug zeigen, dass es je nach Wettersituation zu sehr hohen Werten kommen kann.»

Gabriele Llopart, Amt für Umweltschutz Kanton Zug

Natalie Kamber, Medienbeauftragte der Dienststelle Umwelt und Energie des Kantons Luzern, hält auf Anfrage fest, dass die Belastung der Luft nach dem Abbrennen von Feuerwerk Spitzenwerte erreiche, wie dies sonst so das ganze Jahr über nicht der Fall sei. In der Folge würden bisweilen gar die in der Luftreinhalteverordnung als 24-Stunden-Mittelwerte festgelegten Grenzwerte überschritten. Menschen mit Erkrankungen der Atemwege oder mit Kreislauferkrankungen müsse deshalb empfohlen werden, Orte zu meiden, an denen viel Feuerwerk abgebrannt wird. Was die Auswirkungen auf das Gehör betrifft, so könnten in unmittelbarer Nähe von explodierenden Feuerwerkskörpern gehörschädigende Spitzenwerte auftreten.

Gefährdungspotenzial für sensible Personen

Laut Gabriele Llopart vom Amt für Umweltschutz des Kantons Zug betreffen Rückmeldungen aus der Bevölkerung zum 1. August vor allem die Lärmbelastung, also die Knallerei durch Feuerwerke. Beklagt werde aber auch die lokale Luftverschmutzung, denn die Belastungen durch Feinstaub (zum Beispiel durch Metallpartikel), Schwefelwasserstoff und Perchlorate seien nicht unerheblich und könnten für sensible Personen ein ernstes

300 Tonnen Feinstaub wegen Feuerwerk

Alljährlich werden in der Schweiz nach Schätzungen des BAFU rund 1700 Tonnen Feuerwerkskörper abgebrannt. Davon sind etwa 400 Tonnen pyrotechnische Feuerwerkssätze. Diese enthalten neben Schwarzpulver auch farbgebundene Metallverbindungen. Diese Substanzen gelangen als Niederschlag in Boden und Gewässer.

Durch das Abbrennen von Feuerwerk werden in der Schweiz jährlich rund 300 Tonnen Feinstaub emittiert. Je nach Wetterlage werden die Tagesgrenzwerte der Luftreinhalteverordnung teilweise massiv überschritten. 1.-August-Feuerwerke seien bei der Schweizerischen Lungenliga regelmässig ein Thema, sagt deren Mediensprecherin Barbara Weber.

Gefährdungspotenzial darstellen.

«Luftmessungen von Feinstaub am 1. August in der Stadt Zug zeigen, dass es je nach Wettersituation zu sehr hohen Stundenmittelwerten kommen kann», sagt Llopart. Anfang der Nullerjahre sei es dort am 1. August auch schon zu Überschreitungen des Tagesmittelgrenzwertes gekommen.

Sorgen auch wegen privaten Festen

Immerhin habe sich im Kanton Zug die Situation in Bezug auf die 1.-August-Feuer in den letzten Jahren stark verbessert: «Nach langen Jahren der Öffentlichkeitsarbeit und konsequenten Verzeigungen ist die Bevölkerung diesbezüglich sensibilisiert», sagt Llopart. «Trotzdem überprüfen Polizei und die Umweltschutzbehörden immer mal wieder die neuralgischen Punkte.»

Natalie Kamber von den Luzerner Umweltbehörden hält fest, dass nur unbehandeltes und naturbelassenes Holz für ein derartiges Feuer verwendet werden darf. Das Verbrennen von Abfällen und Abfallholz (Spanplatten, Paletten, Altholz aus Gebäudeabbrüchen sowie imprägniertes oder beschichtetes Holz) sei entsprechend nicht erlaubt und werde im Kanton Luzern polizeilich geahndet.

In Bezug auf die Feuerwerke verweist Gabriele Llopart vom Zuger Umweltschutzamt noch auf ein weiteres Problem: «Aus behördlicher Sicht ist der zunehmende Trend, private Feste mit Feuerwerken zu gestalten, aus Lärm- und Luftschutzgründen als problematisch einzustufen.» Diese Praxis führe vermehrt zu Konflikten in der jeweiligen Nachbarschaft oder Gemeinde.

Unterägeri bot eine Alternative

Ähnliche Aufrufe in Sachen Feuerwerke wie in Udligenswil erfolgten im Kanton Luzern auch in anderen Gemeinden. Zudem hat etwa im Kanton Zug das Amt für Umweltschutz in der Vergangenheit in wiederkehrenden Medienmitteilungen zu einem massvollen Umgang mit Feuerwerk am 1. August aufgerufen. Vielleicht führen die Diskussionen rund um die Feuerwerkerei tatsächlich dazu, dass über Alternativen nachgedacht wird.

Entsprechendes Neuland betrat jedenfalls bereits vor ein paar Jahren der Kur- und Verkehrsverein Unterägeri. Zwischen 2008 und 2010 liess die Tourismusorganisation am Ufer des Ägerisees anstelle eines Feuerwerkes jeweils hohe Wasserfontänen in den Himmel spritzen, welche mittels raffinierter Beleuchtung beeindruckende und garantiert emissionsfreie Effekte erzielten.

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