Doppelmord-Prozess am Zuger Obergericht

Beschuldigter sei «mit keinerlei bösen Absichten zu Frau S. gegangen»

Der Zürcher Anwalt Daniel U. Walder verteidigt den Beschuldigten. «Es geht mir um ein faires Verfahren», sagte er den Journalisten. Dieses kritisiert er teilweise.

(Bild: mbe.)

Nun landet der Doppelmord an einer Zuger Millionärin und ihrer Haushälterin nochmals vor Gericht. Der 50-jährige Schweizer Täter wurde zwar schon 2013 erstinstanzlich zu einer lebenslänglichen Strafe verurteilt. Beide Seiten bestritten aber das Urteil. Die Staatsanwältin verlangt zusätzlich die lebenslängliche Verwahrung. Die Verteidigung bestreitet die Fairness des Verfahrens. Und der Beschuldigte sagt: «Das muss ich gewesen sein.»

Die Schlagzeilen erschütterten damals Zug. Es geht um den Doppelmord in einer Wohnung am Eschenring, im Februar 2009. Dem Beschuldigten wird vorgeworfen, eine damals 54-jährige, vermögende Frau und ihre ebenfalls anwesende Haushälterin in ihrer Eigentumswohnung erdrosselt zu haben, nachdem er sie zuerst brutal gefesselt und geknebelt hatte.

Beide Frauen starben auf fürchterliche Weise. Der Handwerker gab sich als Angestellter der Immobilienverwaltung aus. Später legte er einen Brand, der aber von selber wieder erstickte. Die beiden Toten wurden erst zehn Tage später entdeckt. Schmuck und Bargeld waren weg, zudem wurden die Kreditkarten der Millionärin eingesetzt.

Gutachten kommen nicht zum selben Schluss

Am Donnerstag und Freitag wird der Fall vor dem Obergericht nun noch einmal aufgerollt. 2013 fand der erste Prozess gegen den 48-jährigen Auslandschweizer aus Hamburg statt, der schon länger im Gefängnis in Lenzburg einsitzt. Das Strafgericht Zug verurteilte ihn wegen mehrfachem Mord, Raub, Brandstiftung, Veruntreuung und weiteren Delikten zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe und hat die anschliessende Verwahrung ausgesprochen.

«Das muss ich gewesen sein.»

Der Beschuldigte im Doppelmordprozess

Die Staatsanwältin Gabriela Alther und der Verteidiger legten Berufung ein, bestritten also das Urteil. Die Staatsanwältin verlangt die lebenslängliche, strenge Verwahrung, wie sie mit der Abstimmung über die «Verwahrungsinitiative» eingeführt wurde. Für diese braucht es jedoch zwei Gutachten, die bezüglich Rückfallgefahr zum exakt gleichen Schluss kommen. Das ist offenbar nicht der Fall, die Gutachten weichen in Nuancen voneinander ab.

Der Beschuldigte und sein Anwalt fechten alle Schuldsprüche ausser der Brandstiftung an und bestreiten auch die Gefängnisstrafe und insbesondere die Verwahrung.

Ausstand für Oberrichter

Der Berufungsprozess vor dem Obergericht hätte eigentlich schon vor einem Jahr stattfinden sollen. Doch der Beschuldigte und sein Anwalt verlangten, dass Oberrichter Peter Huber in den Ausstand treten sollte. Zudem verlangten sie einen ausserkantonalen Verteidiger. Diese Forderung ging bis vor das Bundesgericht, wurde jedoch im Februar 2016 abgewiesen.

Nun erfolgt also die Verhandlung am Obergericht. Sie findet am Donnerstag und Freitag statt. Der Fall stösst auf Interesse: 18 Zuschauer sowie viele Journalisten verfolgen die Verhandlung. Der Beschuldigte hat seinen Verteidiger gewechselt, er wird neu vom Zürcher Daniel U. Walder vertreten. Die drei Ersatzrichter sind Peter Huber, Urs Falk und Peter Brändli.

«Ich weiss bis heute nicht, wie Frau S. ums Leben gekommen ist.»

Der Beschuldigte im Doppelmordprozess

Am Donnerstagmorgen sprach der Beschuldigte vor dem Obergericht über seine Tat. Sein Anwalt stellte ihm Fragen zur Sache, die er beantwortete. Der Beschuldigte sagte, er sei «mit keinerlei bösen Absichten zu Frau S. gegangen. Ich konnte mir nicht erklären, was passiert ist.» Er sei minutenlang auf einem Bett gesessen, habe die beiden Frauen tot auf dem Boden liegen sehen und gedacht: «Das muss ich gewesen sein.» Die Verhaftung bezeichnete er als eine «Erleichterung». Er habe die Frauen gewürgt und gefesselt, wisse aber die genaue Reihenfolge nicht mehr. «Für einen gewissen Zeitraum habe ich nur noch Bilder. Ich weiss bis heute nicht, wie Frau S. ums Leben gekommen ist.»

Hatte der Mann seine Taten am Anfang zugegeben, erwähnten er und sein Verteidiger später, dass er eine Affäre mit der vermögenden Frau gehabt habe. Er habe aber nur wenige Leute darüber informiert, weil er verheiratet sei und zwei Kinder habe. Zudem seien schon genügend negative Presseberichte über die vermögende Frau kursiert. Der Mann sprach ebenfalls davon, damals regelmässig Kokain und Alkohol konsumiert zu haben und verschiedene Freundinnen gehabt zu haben.

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