Bahnhofstrasse: wohin mit 300 Velos?

Borgula: Fussgänger, nicht Velofahrer im Fokus

Grüne Promenade statt Betonstrasse: Die Bahnhofstrasse soll zur Flaniermeile werden.

 

(Bild: jl)

Die Luzerner Bahnhofstrasse soll zu einer Promenade werden − gemäss dem Vorbild Schweizerhofquai. Auf einer Treppe an der Reuss sitzen können wird man aber nicht. Und noch ist neben dem Zeitplan zur zweiten Etappe auch unklar, wie 300 Veloparkplätze kompensiert werden sollen.

Wo heute oftmals Touristen, abgestellte Velos und der Autoverkehr den Weg verstopfen, ist ab 2020 gemütliches Flanieren angesagt. Die Bahnhofstrasse bis zum Theater wird in eine Fussgängerzone verwandelt – vorerst jedenfalls zur Hälfte. Die Stadt hat am Freitagmorgen das Siegerprojekt für die Neugestaltung der Bahnhofstrasse vorgestellt. Gewonnen hat das Team um die Luzerner Landschaftsarchitekten Koepfli Partner GmbH. «Dieser Ort hat ein unglaubliches Potenzial», sagt Stefan Koepfli vom Siegerteam. «Es ging nur darum, die Qualität aufzudecken.»

Grün auf beiden Seiten

Mit dem Projekt wird quasi der Schweizerhofquai an der Reuss kopiert: Denn genau diese Flaniermeile galt als Vorbild. Das bedeutet: Die Baumreihe an der Reuss wird verdoppelt. Nebst dem heutigen Trottoir entsteht eine elf Meter breite Promenade mit Mergelbelag. Dort gibt es mehr Platz zum Spazieren, denn die rund 400 Veloparkplätze werden auf die Häuserseite verlagert (hier geht’s zum Artikel).

«Man wird näher am Wasser sein – gefühlt.»

Dominik Frei, Leiter Stadtgestaltung

Direkt an der Reuss sitzen wird hingegen nicht möglich sein. Die Idee einer Sitztreppe zum Wasser hinab ist vom Tisch. Aus Platzgründen, wie Dominik Frei, Leiter Stadtgestaltung, erklärt. Denn wegen des Hochwasserschutzes darf die Reuss nicht schmäler werden. Sprich: Eine Treppe wäre zulasten der Promenade gegangen. Trotzdem sagt Frei: «Man wird näher am Wasser sein – gefühlt.» Sitzgelegenheiten und die grosszügige Gestaltung würden es ermöglichen, auf Bänken direkt an der Reuss zu sitzen.

Baustart 2019 geplant

Wie geht es weiter? Der Stadtrat wird im Herbst einen Projektierungskredit ins Parlament bringen. Parallel dazu beantragt der Stadtrat auch einen Projektierungskredit für die Anpassung der Kreuzung Winkelried-/Pilatusstrasse. Hintergrund ist die Ausfahrt aus dem Kantonalbank-Parkhaus. Wer von dort auf die andere Seeseite will, darf nicht mehr via Bahnhofstrasse, sondern muss via Pilatusstrasse fahren – an der Kreuzung braucht’s dafür eine Anpassung.

Voraussichtlich 2018 kommt das Volk zu Wort und entscheidet über den Realisierungskredit. Die Kosten werden auf rund sechs Millionen Franken geschätzt. Falls die Luzerner Ja sagen, soll 2019 gebaut werden – und ab 2020 kann man entlang der Bahnhofstrasse flanieren.

Das Siegerteam übrigens gewann gegen 56 andere Vorschläge. Wer sich ein eigenes Bild machen will: Alle Projekte werden vom 7. bis 14. September 2016 in der Heiliggeistkapelle im Innenhof des Stadthauses ausgestellt.

Noch kein Zeitplan für zweite Etappe

Die SP, welche die Initiative lanciert hatte, ist mit dem Siegerprojekt zufrieden und fordert nun eine rasche Umsetzung. Wie sie mitteilt, ist die Partei überzeugt, dass Luzern damit noch lebenswerter werde. Besonders würdigt die SP, dass bereits in der ersten Etappe eine bessere Verkehrssituation und mehr Aufenthaltsqualität erreicht werden. Zudem bedankt sie sich bei der Stadt für die vorbildliche Vorgehensweise mit Einbezug aller Beteiligten. Vor rund einem Jahr übte die SP noch Kritik am Stadtrat, weil die zweite Etappe nicht verbindlich terminiert wurde.

Und diesbezüglich hat sich wenig geändert, wie der städtische Verkehrsdirektor Adrian Borgula im Gespräch mit zentralplus erklärt.

zentralplus: Adrian Borgula, das Siegerprojekt scheint auf den ersten Blick relativ simpel. Hat die Jury aus Kostengründen auf etwas Gewagteres verzichtet?

Adrian Borgula: Eine der Wettbewerbsbedingungen war, dass das Projekt im vorgegebenen Kostenrahmen realisierbar ist. Ein Projekt, das 20 Millionen kosten würde, wäre sicher nicht in die engere Auswahl gekommen. Aber dass das Siegerprojekt auf den ersten Blick nicht wahnsinnig spektakulär scheinen mag, hängt eben auch damit zusammen, dass vieles bereits vorhanden ist.

Stefan Koepfli vom Siegerteam (links) und Stadtrat Adrian Borgula sind sich einig: Die Bahnhofstrasse hat Potenzial.

Stefan Koepfli vom Siegerteam (links) und Stadtrat Adrian Borgula sind sich einig: Die Bahnhofstrasse hat Potenzial.

(Bild: jl)

zentralplus: Bislang war nicht klar, wann die zweite Etappe in Angriff genommen wird. Können Sie dazu heute mehr sagen?

Borgula: Nein, diesbezüglich existiert noch kein detaillierter Zeitplan. Denn es gibt noch zwei offene Fragen: Einerseits betreffend die Ausfahrt aus dem Flora-Parking. Andererseits betrifft das die Veloparkplätze. Da können wir nicht einfach eine Lösung aus dem Sack ziehen.

zentralplus: Mit der zweiten Etappe soll es nur noch 100 statt 400 Veloparkplätze an der Bahnhofstrasse geben. Gibt es für den Ersatz bereits konkrete Ideen?

Borgula: Dazu kann ich aktuell nicht mehr sagen, Abklärungen laufen. Diesbezüglich wird womöglich auch die weitere Planung für den Durchgangsbahnhof eine Rolle spielen. Was nicht heisst, dass wir erst eine Lösung haben werden, wenn der Durchgangsbahnhof existiert. Aber vorerst stehen die Fussgänger im Zentrum des Projekts, und für diese bedeutet die Neugestaltung klar eine Aufwertung.

zentralplus: Wird die Bahnhofstrasse jemals ganz autofrei?

Borgula: Wie in der Altstadt wird es auch an der Bahnhofstrasse immer einen minimalen Autoverkehr geben. Aber das werden nur noch wenige Bewegungen pro Tag und kein Durchgangsverkehr sein. In der Initiative ist die Forderung ja auch so formuliert, dass die Bahnhofstrasse «wenn möglich» autofrei werden soll.

zentralplus: Erwarten Sie Einsprachen, die das Projekt verzögern könnten?

Borgula: Wir haben viel Wert darauf gelegt, alle Betroffenen mit einzubeziehen. Das reduziert die Wahrscheinlichkeit von Einsprachen, aber ausschliessen kann man diese natürlich nie. Die erste Sitzung war relativ heftig, die Stimmung nicht besonders gut. Aber ich sehe es jetzt an den Reaktionen: Die Stimmung hat umgeschlagen, das Echo ist positiv. Wir haben jetzt ein überzeugendes Projekt und setzen damit einen Volksentscheid um.

So soll die Bahnhofstrasse ab 2019 aussehen, wenn es nach der Stadt geht: Visualisierung des Projekts zur Neugestaltung. (Bild: Koepfli Partner GmbH, Luzern)

So soll die Bahnhofstrasse ab 2019 aussehen, wenn es nach der Stadt geht: Visualisierung des Projekts zur Neugestaltung. (Bild: Koepfli Partner GmbH, Luzern)

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