Suizid nach Attacke erschütterte Zug

Fall Schützenmatt: Jugendliche müssen vor Gericht

Hier fand die Schlägerei statt: Die Zuger Schützenmattwiese.

(Bild: Screenshot: zentralplus)

Fünf Jugendliche hatten einen jungen Mann mitten in Zug attackiert und mittelschwer verletzt. Drei Tage später nahm er sich das Leben. Nun sind die Ergebnisse der Untersuchung da. Eine Frage bleibt aber ungeklärt.

Der Fall hatte Zug erschüttert: Ein 21-jähriger Mann wurde in der Freitagnacht auf den 5. September des letzten Jahres an der Zuger Schützenmattwiese von einer Gruppe Jugendlicher angegriffen – drei Tage später nahm er sich das Leben (zentralplus berichtete). Der Vater des Verstorbenen hat daraufhin über Facebook nach Zeugen gesucht, und dafür hohe Belohnungen ausgesprochen. Er schrieb damals auf Facebook: «Mein Sohn war psychisch angeschlagen, hat sich nach diesem Vorfall nicht mehr auf die Strasse getraut und sich letztendlich für den Freitod entschieden.»

Der Mann wollte allerdings explizit seinen Aufruf nicht als Hetze gegen die Täter der Attacke verstanden wissen. Trotzdem löste der öffentliche Druck offenbar aus, dass die Staatsanwaltschaft der Schlägerei besonders gründlich auf die Spuren ging und für mehrere Personen Untersuchungshaft anordnete (zentralplus berichtete). Der damalige Polizeisprecher Marcel Schlatter sagte gegenüber zentralplus: «Grundsätzlich haben wir bei der Polizei selber die Erwartung, diesen Fall aufzuklären. Insbesondere deshalb, weil er mit dem Suizid des Mannes Dimensionen angenommen hat, mit denen wir nicht gerechnet haben. Wir sind bestürzt über diesen Tod.»

Nun sind die Strafuntersuchungen abgeschlossen. Die Jugendanwaltschaft des Kantons Zug hat am Donnerstagmorgen die Anklage bekanntgegeben. «Normalerweise finden Prozesse nach dem Jugendstrafrecht unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt», sagt Judith Aklin, die Kommunikationsverantwortliche der Zuger Strafverfolgungsbehörden. «Aber dieser Fall hat so viel mediales Echo erfahren, dass wir uns entschieden haben, das Ergebnis zu kommunizieren.»

Zwei Strafbefehle, drei vor Gericht

Vorneweg: Eine Frage hat das Verfahren nicht beantworten können – nämlich, ob die Jugendlichen am Freitod des jungen Mannes mitschuldig sind. «So tragisch dieser Fall auch ist: Der junge Mann, der bei der Schlägerei mittelschwere Verletzungen davongetragen hat, ist nicht an diesen Verletzungen gestorben», sagt Aklin. «Diese Frage kann deshalb juristisch nicht geklärt werden.»

Die Jugendlichen, die den jungen Mann attackiert hatten, waren zum Tatzeitpunkt zwischen 15 und 16 Jahre alt und unterstehen damit dem Jugendstrafrecht. Das Urteil: Zwei Jugendliche erhielten von der Jugendanwaltschaft des Kantons Zug einen Strafbefehl mit einer bedingten, beziehungsweise einer teilbedingten Freiheitsstrafe wegen Angriffs. Einer der beiden hat dagegen Einsprache erhoben. In einem Fall wurde die Freiheitsstrafe mit einer ambulanten jugendstrafrechtlichen Massnahme kombiniert.

Die anderen drei Tatbeteiligten müssen sich wegen versuchter schwerer Körperverletzung und Angriffs vor Gericht verantworten. Die Jugendanwaltschaft beantragt in einem Fall eine ambulante jugendstrafrechtliche Schutzmassnahme und für die anderen beiden Tatbeteiligten je eine stationäre Einweisung in ein Jugendheim. Die Jugendanwaltschaft beantragte für alle fünf Tatbeteiligten Freiheitsstrafen zwischen 9 und 36 Monaten.

Intensive Persönlichkeitsabklärung

Zudem wurden alle Tatverdächtigen einer intensiven Persönlichkeitsabklärung unterzogen. «Man hat sie psychologisch abgeklärt und für sie diejenigen Massnahmen angeordnet, die für sie jetzt erforderlich sind», sagt Aklin. Zwei Jugendliche wurden dazu über mehrere Monate vorsorglich in geschlossenen Erziehungseinrichtungen untergebracht und befinden sich nach wie vor in Jugendheimen.

Zur Klärung des Tatablaufs sassen die Jugendlichen teilweise bis zu 49 Tage in Untersuchungshaft, und es wurden insgesamt knapp 70 Einvernahmen durchgeführt.

«Das Ziel des Jugendstrafrechts ist es, dass sich junge Straftäter wieder normal in unserer Gesellschaft bewegen und einer geregelten Arbeit nachgehen können», sagt Aklin. Dazu werden Strafen und jugendlichenrechtliche Schutzmassnahmen angeordnet, wie beispielsweise eine Heimunterbringung, psychologische Betreuung oder die Begleitung durch einen Sozialarbeiter. «Wenn nötig werden wie im vorliegenden Fall aber auch Freiheitsstrafen ausgesprochen», sagt Aklin. «Im Idealfall werden Jugendliche nur einmal straffällig und sind danach einsichtig und unauffällig – schliessen zum Beispiel eine Lehre erfolgreich ab.»

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