ZHB saniert und spart – der Direktor im Interview

«Uns trifft es happig, das ist nicht lustig»

Ulrich Niederer, der Direktor der ZHB, im leeren Magazintrakt. Hier wird nach der Sanierung eine Galerie mit Arbeitsplätzen entstehen.

(Bild: lru)

Jetzt wird Erweiterung der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern (ZHB) endlich umgesetzt. Im Interview sagt Direktor Ulrich Niederer, worauf er sich in der neuen Bibliothek besonders freut, aber auch, wie die ZHB unter Sparpaketen ächzt. Und er verrät, wohin die Bibliothek während der Sanierung zieht.

Das Direktoren-Büro befindet sich im zweiten Stock des ZHB-Verwaltungstraktes. Insgesamt 18 hohe Papierstapel zähle ich, überall verteilt im Raum. Man möge ihn doch bitte nicht im Büro fotografieren, meint Direktor Ulrich Niederer, «sonst denken die Leute, ich sei ein Chaot». Ist er keiner? «Überhaupt nicht.» Sein Grinsen sagt etwas anderes.

Ursprünglich stammt Ulrich Niederer aus Lutzenberg AR. Der langjährige Direktor der Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern (ZHB) spricht aber Basler Dialekt. Dieses Überbleibsel aus seiner Zeit an der dortigen Uni passt zu Niederer, Bildungsbürger alter Schule. Er streut lateinische Redewendungen in seine Rede, seine Antworten lassen Freude an der Sprache durchblicken. Und Niederer trägt bei der Arbeit handgestrickte Socken und Birkenstock-Finken Mephisto-Sandalen. Als seine Stelle ausgeschrieben war, erzählt Niederer, sei der «Arbeitsort im Park» in der Stellenausschreibung angepriesen worden.

zentralplus: Ulrich Niederer, hatten Sie in den letzten Jahren oft Angst um diesen Arbeitsort im Park?

Ulrich Niederer: Nein. Auch nicht bei der Volksabstimmung über die Erhaltung des Gebäudes 2014. Es gab eine Phase, als der Park ein wichtiger Teil der Drogen- und Alkoholszene war. Das war für uns schwierig, weil unsere Eingangstreppe ein Aufenthaltsort war. Die Leute in dieser Szene haben ein anderes Verständnis, wie ein Alltag auszusehen hat, als die Leute, die in die Bibliothek kommen.

zentralplus: Die ZHB ist ja immer noch ein Quartiertreffpunkt. Menschen kommen wegen des Internets oder brauchen die Toilette.

«Wir finden keine Spritzen mehr in WC-Rollen und keine blutverschmierten Kabinen mehr.»

Niederer: Unsere Toiletten sind ja auch öffentlich für alle Parkbenutzer. Die Stadt finanziert eine zusätzliche Reinigung pro Tag. Und viele Probleme haben sich entschärft. Wir finden keine Spritzen mehr in WC-Rollen und keine blutverschmierten Kabinen mehr.

Das Telefon funktioniert noch, der Trakt ist seit 2011 gesperrt: Bei einem Erdbeben hätte das Gewicht der Bücher das Magazin zum Kippen bringen können.

Das Telefon funktioniert noch, der Trakt ist seit 2011 gesperrt: Bei einem Erdbeben hätte das Gewicht der Bücher das Magazin zum Kippen bringen können.

(Bild: lru)

zentralplus: Gibt es Leute mit Hausverbot?

Niederer: Ja. Das hatte aber stark mit der Drogenlandschaft zu tun. Und eine Zeit lang diente unsere Garderobe auch der Hehlerei: Jemand hat die Ware im Schliessfach deponiert, den Schlüssel jemand anderem übergeben und der hat es dann bei uns geholt. Unterdessen haben diese Probleme stark nachgelassen. Hausverbote sind inzwischen selten.

zentralplus: Kriegt man Hausverbot, wenn man Bücher klaut?

Niederer: Wenn wir jemanden auf frischer Tat ertappen, könnte es schon ein Hausverbot geben. Zuerst gäbe es wohl eine Verwarnung. Man kann aber auch eine Nutzungssperre kriegen. Etwa, wenn jemand zu hohe Gebühren auflaufen lässt und nicht bezahlt.

«Anders als die Polizei verdächtigt man uns nicht, mit Bussen unser Budget aufzupolieren.»

zentralplus: Geschieht das oft?

Niederer: Die Zahlungsmoral hat sich in den letzten Jahren eher verbessert. Die Mahngebühren gehen zurück. Anders als die Polizei verdächtigt man uns nicht, mit Bussen unser Budget aufzupolieren, unser Reglement ist ja fix. Dennoch ist dieser Erfolg für uns zwiespältig: Denn diese Einnahmen fehlen uns dann im Budget …

Arbeitsplätze im Keller – hier werden Bücher gebunden.

Arbeitsplätze im Keller – hier werden Bücher gebunden.

(Bild: lru)

zentralplus: Wenn ich richtig gerechnet habe, sind Sie jetzt seit 21 Jahren ZHB-Direktor.

Niederer: Sie haben richtig gerechnet.

zentralplus: Wie viele Bücher haben Sie selber ausgeliehen in dieser Zeit?

Niederer: Ich habe immer wieder Bücher ausgeliehen. Ich lese sehr gerne. Wenn Sie sich umschauen, sehen Sie in den Regalen hier viele Bücher mit Signaturen. Zum Teil haben sie einen Dauerstandort hier im Büro des Direktors. Und zum Teil sind sie ganz normal ausgeliehen. Und immer wieder muss ich runter an die Ausleihe, um zu zeigen, dass ich sie noch habe.

Ulrich Niederer zwischen leergeräumten Bücherregalen.

Ulrich Niederer zwischen leergeräumten Bücherregalen.

(Bild: lru)

zentralplus: Arbeiten Sie eigentlich den ganzen Tag mit Büchern?

Niederer: Nein. Ich bin von meiner Ausbildung her Anglist und Germanist. Ich mag Bücher sehr. Aber die Erfahrung zeigt etwas anderes: Je mehr organisatorische Managementfunktionen man hat, desto mehr hat man mit allen anderen Themen zu tun als mit Büchern. Und wenn ich mich noch in einem ganz beschränkten Gebiet mit der Beschaffung von Büchern beschäftigte, so war es immer das Allererste, wofür ich keine Zeit mehr hatte. Heute habe ich nur noch ein Vorschlagsrecht für Bücher über das Bibliothekswesen.

«Wenn die sanierte ZHB wieder eröffnet wird, werde ich pensioniert sein. So ein Projekt sollen diejenigen Leute ausgestalten, die dann damit leben.»

zentralplus: Was Sie machen, haben Sie jetzt aber noch nicht gesagt.

Niederer: Ich habe mehr mit der Strategie und der Ausrichtung der Bibliothek zu tun. Beim Sanierungsprojekt ist inzwischen eher mein Stellvertreter federführend. Das hat damit zu tun, dass ich grosso modo noch ein, zwei Jahre hier bin. Wenn die sanierte ZHB wieder eröffnet wird, werde ich pensioniert sein. So ein Projekt sollen diejenigen Leute ausgestalten, die dann damit leben werden. Ich scheue mich nicht vor Entscheiden, aber ich will keine treffen, die die Zukunft so präfigurieren, dass nur ich darin leben könnte.

Tag der offenen Tür im Bücherlager

Im Büron bei Sursee wurde am Freitag die Kooperative Speicherbibliothek Schweiz eröffnet. In diesem Bücherlager lagert auch die ZHB Luzern ihre älteren Bestände – in lebensfeindlichem Klima (zentralplus berichtete).

Diesen Samstag, 25. Juni, findet der Tag der offenen Tür in der Speicherbiliothek statt. Der Psychoanalytiker und Radiosatiriker Peter Schneider liest, und es können «preiswerte Helikopterrundflüge» absolviert werden. Ab Sursee verkehrt ein Shuttlebus. Zum Programm.

zentralplus: Eine Erweiterung der Bibliothek ist schon seit 1979 im Gespräch. Jetzt kommt endlich die Sanierung. Das wären dann 38 Jahre bis zum Baustart.

Niederer: Wir haben gute Chancen, das 40-Jahr-Jubiläum zur Erweiterungsplanung bei der Neueröffnung der sanierten Bibliothek zu begehen. Die ist 2019 vorgesehen. Aber wir sind kein Einzelfall: Die ZB Zürich brauchte 36 Jahre.

zentralplus: Am 11. Dezember 2011 hat der Kantonsrat das schon beschlossene Sanierungsprojekt noch einmal gekippt und einen Neubau verlangt. Was haben Sie an jenem Tag gemacht?

Niederer: Da bin ich gerade von einer Reise zurückgekommen, die ich sehr genossen hatte. Und ich hörte von diesem Parlamentsentscheid und dachte: Natürlich passiert das in der Session, in welcher der Kantonsrat erstmals seit sehr langer Zeit das Budget abgelehnt hat. In dieser Situation hatte der Antrag Chancen, weil er mehr Leistungen für weniger Geld versprach.

Der Pausenraum der Mitarbeitenden befindet sich im Magazintrakt – die Stützen tragen das Gebäude.

Der Pausenraum der Mitarbeitenden befindet sich im Magazintrakt – die Stützen tragen das Gebäude.

(Bild: lru)

zentralplus: Und Sie haben sich nicht genervt?

Niederer: Ich war da bereits trainiert. Für mich war es emotional schwieriger, als der Regierungsrat aus Spargründen Anfang 2011 beschlossen hatte, die Sanierung zu verschieben.

zentralplus: Wieso?

Niederer: Wir hatten uns im Sommer freudestrahlend im Garten versammelt und sagten: Jetzt kommt es. Es wäre eine ideale Abfolge von Provisoriumsräumen gewesen und es hat uns frustriert, weil wir auf diesen Moment hingearbeitet hatten. Und zur Motion, die im Kantonsrat dann den Neubau vorgeschlagen hat, gibt es ein passendes Zitat, von dem ich jetzt nicht weiss, ob ich es zitieren soll. Es stammt nämlich von Karl Marx. «Alles passiert zweimal: zuerst als Tragödie, dann als Farce.» Das erste Mal hat uns einfach mehr getroffen als das zweite Mal.

«Man ist ziemlich verloren, wenn man solche Entscheide persönlich nimmt. Die Politik muss Ideen entwickeln können, auch wenn uns diese vielleicht nicht gefallen.»

zentralplus: Sie klingen so entspannt dabei.

Niederer: Seither ist viel Wasser die Reuss hinuntergeflossen. Man ist ziemlich verloren, wenn man solche Entscheide persönlich nimmt. Es gibt den Primat der Politik. Die Politik muss Ideen entwickeln können, auch wenn uns diese vielleicht nicht gefallen. Schwierig war es für mich eher, intern zu vermitteln, dass das kein Entscheid gegen die Leute ist, die hier arbeiten.

Die jahrzehntealte Türbeschriftung sagt: Das ist ein Reserveraum.

Die jahrzehntealte Türbeschriftung sagt: Das ist ein Reserveraum.

(Bild: lru)

zentralplus: Haben Sie als Direktor auch lobbyiert für Ihre Institution?

Niederer: Meine Aufgabe war – auch vom Departement vorgegeben – ziemlich klar. Ich kann darauf hinweisen, welche betrieblichen Konsequenzen ein solcher Entscheid hat. Aber ich kann nicht in die Politik gehen und lobbyieren. Die politische Verantwortung liegt beim Departementsvorsteher, der es mittelmässig toll findet, wenn Leute aus seiner Verwaltung eigene Wege gehen. Das hat nichts mit Resignation zu tun.

«Manche haben gehofft oder auch gefürchtet, dass ich zornig reagiere. Aber das ist nicht zweckdienlich.»

zentralplus: Das klingt jetzt so, als würden Sie das nicht zum ersten Mal erklären.

Niederer: Ja. Das musste ich natürlich erklären. Im Haus und auch gegen aussen. Manche haben gehofft oder auch gefürchtet, dass ich zornig reagiere. Aber das ist nicht zweckdienlich. Ich bin nicht Herkules. Ich kann so einen Entscheid nicht eigenhändig umstossen.

zentralplus: Aber jetzt hat alles geklappt. Das Baugesuch liegt bei der Stadt auf. Die Sanierung soll aber erst im Februar 2017 beginnen. Wieso dauert das so lange?

Niederer: Die detailreiche Ausführungsplanung braucht Zeit. Und die Baumeisterarbeiten zum Beispiel sind aufwendig, sodass sie öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Dieser Wettbewerb braucht Zeit. Nebenher planen wir noch unseren Umzug.

«Der Standort an der Sempacherstrasse wird während der Sanierung komplett geschlossen.»

zentralplus: Was passiert mit der ZHB während der zweijährigen Sanierungsarbeiten?

Niederer: Der Standort an der Sempacherstrasse wird komplett geschlossen. Die Sondersammlung, also unsere wertvollen Bücher, Grafiken und Fotografien, zügeln vorübergehend ins Staatsarchiv und können dort konsultiert werden. Der Rest zieht an die Murbacherstrasse, wo im Moment noch die Dienststelle Informatik beheimatet ist. Dort wird man weiterhin ausleihen können. Es gibt jedoch sehr wenige Lese- und Arbeitsplätze in dieser Zeit und gar keinen Freihandbestand.

Wird 2017 bis 2019 Exil der ZHB: Das Gebäude der Dienststelle Informatik an der Murbacherstrasse.

(Bild: lru)

zentralplus: Was wird für die Benutzerinnen und Benutzer ab 2019 alles neu?

Niederer: Die grössten sichtbaren Änderungen finden im Magazintrakt statt. Heute ist dieser erdbebengefährdet und die oberen Stockwerke sind gesperrt. Der Magazintrakt wird vollständig ausgehöhlt und als Publikumsbereich neu aufgebaut. In der neuen Bibliothek wird er dann einen grossen Freihandbereich und hofseitig eine Galerie erhalten. So kommt mehr Tageslicht herein. Daran entlang gibt es Arbeitsplätze für Besucherinnen und Besucher.

«Im Untergeschoss werden wir endlich unsere wertvollen Bestände ausstellen können.»

zentralplus: Und es gibt wieder mehr Bücher in der Bibliothek?

Niederer: Ja. Im renovierten Magazintrakt, im Freihandbereich, haben wir Platz für rund 90’000 unserer momentan knapp 1,4 Millionen Bücher. Hier werden wir also eine Freihandbibliothek mit den aktuellen Werken der jeweils letzten paar Jahre haben. Weitere 300’000 Bücher stehen am Standort im Uni-Gebäude. Der Rest wird in der Speicherbibliothek stehen und kann wie bisher bestellt werden. Ganz spannend wird’s im Untergeschoss: Dort haben wir endlich die Möglichkeit, unsere wertvollen Bestände auszustellen. Es wird eine mehr als 30 Meter lange Vitrine, ein eigentliches Schaufenster, geben. Weil nur wenig Tageslicht bis nach unten dringt, können wir unsere alten Bestände ständig ausstellen.

zentralplus: Was ändert sich sonst im Haus?

Niederer: Es gibt endlich einen behindertengerechten Zugang: Zum Haupteingang wird eine Rampe führen. Das ist praktisch die einzige Veränderung, die man von aussen sehen wird. Im Weiteren: Die Sondersammlung braucht mehr Platz. Sie kommt in den heutigen Lesesaal zwei. Und links vom Haupteingang, wo die Sondersammlung heute ist, gibt es eine Cafeteria.

«Ein richtiges Café hat sich als sehr schwierig erwiesen. Wir müssten Preise verlangen, die viele unserer Benutzer gar nicht bezahlen möchten.»

zentralplus: Ein Café, wo man sich auch sonst treffen kann?

Niederer: Das eher nicht. Es ist noch nicht klar, ob es ein bedientes Lokal gibt oder ob wir Automaten aufstellen werden. Eigentlich hätten wir schon lieber ein richtiges Café. Aber das hat sich als sehr schwierig erwiesen. Für ein kostendeckendes Angebot müssten wir Preise verlangen, die viele unserer Benutzerinnen und Benutzer gar nicht bezahlen möchten.

Die Regalpfeiler tragen gleichzeitig das Gebäude, bei der Sanierung wird es ausgehöhlt und neu abgestützt.

Die Regalpfeiler tragen gleichzeitig das Gebäude, bei der Sanierung wird es ausgehöhlt und neu abgestützt.

(Bild: lru)

zentralplus: Jetzt haben wir vom Bauen gesprochen. Im Jahresbericht schreiben Sie auch vom «Abbauen». Eine «neue Welle von Kürzungsvorgaben» sei «über den Kanton und die ZHB hereingeschwappt», schreiben Sie. Das klingt wie eine Naturkatastrophe.

Niederer: Ja. (Niederer lacht trocken. Über dieses Thema spricht er deutlich weniger entspannt als über die Bau-Odyssee.)

zentralplus: Ist es das?

Niederer: Wir sind fürs Budget 2017 mit Kürzungen zwischen 15 und 17 Prozent konfrontiert. Wir geben zwar, absolut gesehen, schon viel Geld für Medienanschaffungen aus. Aber 85 bis 90 Prozent unserer Ausgaben sind Personalkosten. Das heisst, wir müssen wieder einmal Personal abbauen. Und das ist nie lustig. Insbesondere, wenn die Erwartungen an den Service immer grösser werden, wir immer mehr Ausleihen haben. Eigentlich sollten wir die Bibliothek fit für die neuen technischen Möglichkeiten machen. Aber wenn wir zu wenig Personal haben, können wir das nicht.

«Die Öffnungszeiten einzuschränken hat sich als Schnitt ins eigene Fleisch herausgestellt.»

zentralplus: Wo werden Sie sparen?

Niederer: Wir probieren, die Dienstleistungen möglichst wenig anzutasten. Bei den letzten massiven Kürzungen zwischen 2004 und 2006 haben wir die Öffnungszeiten eingeschränkt. Aber das hat sich als Schnitt ins eigene Fleisch herausgestellt. Sobald sich die Leute nicht mehr an die Kürzungen erinnert haben, konnten wir nicht mehr erklären, wieso die Öffnungszeiten so schlecht sind. Wir binden viel weniger Bücher als früher und auch die Reperaturen haben wir drastisch zurückgefahren.

zentralplus: Werden Sie Leute entlassen?

Niederer: Im Moment suchen wir nach Lösungen, um das zu verhindern. Mit der neuen Speicherbibliothek können wir die eigenen Magaziner-Stellen kürzen. Wir versuchen, diese Leute bei Abgängen auf einer anderen Position zu beschäftigen; ein Mitarbeiter hat in die Speicherbibliothek gewechselt. Aber nicht alle können oder wollen sich umschulen lassen. Kommt hinzu: Wenn die sanierte ZHB wieder aufgeht, werden wir voraussichtlich massiv mehr Ausleihen haben. Das zeigt die Erfahrung von der Uni-Bibliothek. Dann werden wir genügend Personal brauchen.

«Uns trifft es im Moment happig, das ist nicht lustig.»

zentralplus: Was sagen Ihnen Ihre Kollegen aus Bern, Basel, Zürich? Arme Sau?

Niederer: Ja, das sagen sie schon immer wieder mal. Es gibt auch andere Bibliotheken, die sparen müssen. Aber uns trifft es im Moment happig, das ist nicht lustig.

zentralplus: Gibt es Tage, an denen Sie nicht gerne zur Arbeit kommen?

Niederer: Das ist sehr selten. Diese Kürzungsmassnahmen gehören halt auch zu meiner Aufgabe als Direktor. Es gehört zur Verantwortung an einer derartigen Stelle, dass man probiert, auf eine verträgliche Art mit solchen Situationen umzugehen – verträglich für die Mitarbeitenden, die Benutzenden und den Betrieb.

zentralplus: Und längerfristig werden Sie dann wieder um mehr Kantonsgelder betteln müssen?

Niederer: Man wird mit dem Kanton sicher genau anschauen müssen: Was wollt ihr von uns und was bezahlt ihr dafür?

ZHB-Direktor Ulrich Niederer.

Ulrich Niederer im Sitzungszimmer der Bibliothek.

(Bild: lru)

zentralplus: Zum Schluss: Welches ist Ihr Lieblingsbuch?

Niederer: (Lacht) Im Moment? Es gibt eine wiederentdeckte Version von 1001 Nacht, die ein neues Ende hat. Die war jahrhundertelang in einer türkischen Bibliothek versteckt. 1001 Nacht habe ich bereits als Bub mit hohem Interesse gelesen. Es ist ein unglaublicher Kosmos von Geschichten. Sie kennen die Konstruktion von 1001 Nacht?

zentralplus: Nein.

Niederer: Ein enttäuschter, von seiner Frau betrogener Schah liess jeden Tag eine Jungfrau umbringen. Als Scheherezade an der Reihe war, begann sie dem Schah Geschichten zu erzählen. Und sie endete die Geschichte immer am spannendsten Punkt und sagte: Nächste Nacht erzähle ich weiter. Das ging dann 1001 Nächte lang so. Dann war er so gefesselt von den Geschichten und natürlich auch von ihrer Schönheit, dass er sie am Leben gelassen und sogar geheiratet hat. Das liegt weit oben auf meinem Nachttisch.

zentralplus: Haben Sie es hier ausgeliehen?

Niederer: Nein. Bücher, die mir etwas bedeuten, möchte ich gerne selber besitzen und wieder reinschauen können.

Im ersten Obergeschoss des Magazintrakts lagern noch einige Bücher.

Im ersten Obergeschoss des Magazintrakts lagern noch einige Bücher.

(Bild: lru)

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