Luzerns «Herr der Zahnbürsten» im Portrait

Ueli Breitschmid: «Geld ausgeben reut mich»

Ueli Breitschmid am Hauptsitz von Curaden in Kriens (Bild: zVg/Jakob Ineichen).

Dentalprodukte haben ihn reich gemacht. Und seine achteckigen Zahnbürsten gelten in Brasilien als Kultobjekt. Doch der Luzerner Unternehmer Ueli Breitschmid (71) beschäftigt sich auch mit drei eigenen Weingütern, einem Hotel, Häusern an der Lindenstrasse – und weiterhin mit Zähnen. Das hält ihn auf Trab.

Sein Büro im ersten Stock der Curaden AG in Kriens ist eine kreative Explosion. Ein grosser Ventilator hängt an der Decke, auf sämtlichen Tisch- und Ablageflächen stauen sich Papiere und Dossiers, Kunstwerke und exotische Gegenstände. Die Wände sind aus Glas, das schafft Transparenz. Man sieht Ueli Breitschmid schon von Weitem, wie er im Sessel gestikuliert und telefoniert. Wenn er sich erhebt, steht da ein grossgewachsener Mann in Jeans und rotem Pullover, die weissen Haare sind zum Zopf gebunden.

«Meine Töchter sind alle links»

Ein Weltumsegler, ein Bohemien, ein ehemaliger Rockstar? Ein Unternehmer, der mit Zahnbürsten und Dental-Prävention in den letzten Jahren einen Umsatz von 150 Millionen gemacht hat.

«Finanziell geht es mir erst seit zehn Jahren richtig gut.»

«Es ist nicht immer nur gut gelaufen», relativiert Breitschmid die Vorstellung, dass da einer über Jahrzehnte Millionen gescheffelt hat. «In den 1990er Jahren hatten wir sehr schwierige Zeiten. Um einen Hauch wären wir im Konkurs gelandet. Finanziell geht es mir erst seit zehn Jahren richtig gut.» Trotzdem: Auch wenn er jetzt erfolgreich sei und viel bewirken könne, er sei noch immer der gleiche Ueli Breitschmid wie mit 20, 30, 40 oder 50 Jahren.

Wie er sich denn charakterisieren würde? «Neugierig, hilfsbereit, offen, fair.» Breitschmid ist überzeugt: Alles, was man macht, wird früher oder später seine Wirkung zeigen. «Ob du Gutes tust oder Schlechtes: Am Schluss kommt immer alles doppelt retour.» Es klingt wie das Glaubensbekenntnis eines alten Freisinnigen.

Bürgerlich? Klar. «Sicher nicht SVP, von deren Methoden muss ich gar nichts haben. Meine Töchter sind alle links. Aber wir politisieren nicht in der Familie.»

«Ich sponsere Gesundheit. Kultur macht meine Familie.»

1966 hat Breitschmid das Dental-Geschäft seines Vaters übernommen und zu einem inzwischen weltweit tätigen Unternehmen ausgebaut. Die Gewinne hat er stets in Immobilien gesteckt. Jetzt ist er daran, das Portefeuille stärker auf den Platz Luzern zu konzentrieren. «Andererseits investiere ich vermehrt Gelder in die Firma, um unsere Produkte und Dienstleistungen weiter voranzutreiben.»

Ist er auch ein Kultursponsor? «Das ist nicht mein Thema. Ich sponsere die Gesundheit. Kultur macht meine Familie.» Immerhin unterstützt er die Kunst-Plattform «sic! Raum für Kunst» mit dem Elephanthouse, wo sich seine Tochter Laura mit engagiert.

Wäre die Salle Modulable ein Engagement wert? «Warum? Soll ich jetzt dazu eine Meinung haben?», kontert Breitschmid. «Ich bin kein grosser Konzert- und Theatergänger. Also kann ich eigentlich darauf verzichten. Trotzdem würde ich es gut finden, wenn das Projekt realisiert wird.»

«Ohne tiefere Unternehmenssteuern wäre ich gegangen.»

Er kommt in Fahrt. Luzern braucht solche Vorhaben, zählt Breitschmid auf: «Neuer Bahnhof, KKL, Autobahn, Universität, Halbstundentakt nach Zürich, Steuerpolitik: Das hat uns weitergebracht und Luzern in den letzten 30 Jahren zu einer der dynamischsten Städte gemacht.»

Luzern ist sensationell, sagt Breitschmid. Ja, auch wegen den tiefen Unternehmenssteuern. Aber Herr Unternehmer, wie viele Firmen sind tatsächlich neu zugezogen und haben die Wirtschaft dynamisiert? «Die Firmen sind nicht weggezogen, das ist auch eine Errungenschaft. Ich jedenfalls wäre gegangen», entgegnet Breitschmid.

Häuser vom Hasliberg bis an die Lindenstrasse

Breitschmid und sein Kompagnon Heiri Michel haben vor Jahren begonnen, die Lindenstrasse in Reussbühl/Luzern aufzumischen. Breitschmid hat Liegenschaften gekauft, Michel hat sie restauriert und in Betrieb gebracht. So haben sie auch das 30 Jahre lang stillgestandene Hotel Wetterhorn in Hasliberg aus dem Dornröschenschlaf geweckt und zu einem neuen Magneten in Hasliberg gemacht.

«Mit dem Wetterhorn haben wir bis jetzt nur Geld ausgegeben.»

Die kulturellen Veranstaltungen sind ein Anziehungspunkt, aber die Zimmersituation ist noch unbefriedigend. «Wir haben bis jetzt nur Geld ausgegeben.» Aber Breitschmid glaubt an das Objekt. «Wir müssen nochmals investieren und die Zimmer hochpreisiger positionieren, dann wird das in einigen Jahren lukrativ sein.»

Die Lindenstrasse ist auf gutem Weg. Breitschmid besitzt inzwischen 60 Prozent der Fläche, neben Wohnhäusern auch Gastbetriebe wie das Gartenhaus, das Gleis 13 oder das Gebäude mit dem Mullbau. Es war Heiri Michel, der die Idee hatte, an der Lindenstrasse eine Ausgehmeile zu schaffen. «Eine Art Neustadt en miniature.» Die Fusion von Littau und Luzern und die Bauvorhaben am Seetalplatz würden diese Entwicklung erst recht antreiben, ist Breitschmid überzeugt.

Aber über allem schwebt das Prozedere der Stadtentwicklung, das einen freisinnigen Unternehmer auch schon mal ungeduldig machen kann. Breitschmid nimmt es gelassen. Michel und er haben ihre städtebauliche Vision bereits auf einem Plan festgehalten: Eine Überbauung zieht am Hang oberhalb der Lindenstrasse bis zum abfallenden Felsen an der Fluhmühle entlang. Und mitten in der Reuss steht ein Turm. Eine Idee, sagt Breitschmid. «Das muss nicht so werden, aber es wird dort eine städtebauliche Entwicklung passieren.»

Mit Turm in der Reuss – Ueli Breitschmids Vision der Lindenstrasse (Bild: zVg).

Mit Turm in der Reuss – Ueli Breitschmids Vision der Lindenstrasse (Bild: zVg).

Zähneputzen lernen statt Zähne flicken

Breitschmid hat noch einiges vor. Das Geschäft mit der Zahnpflege fasziniert ihn. In den letzten Jahren hat sich die Firma auf die Prävention konzentriert: Sie entwickelt immer differenziertere Produkte zur Zahnreinigung und geht damit auf Gegenkurs zur immer noch vorherrschenden «Reparaturmedizin».

«Eine Praxis mit Präventionsangeboten hat heute einen Konkurrenzvorteil.»

Inzwischen leiste Curaden Pionierarbeit in der Gesundheitsprävention.

Breitschmids Firma: Curaden

Zur Breitschmid-Gruppe gehören neben dem Praxis- und Laborausrüster Curaden Dentaldepot die Curaden IT Solutions und der Aus- und Fortbilder Curaden Academy. Hinzu kommt die Curaden AG, welche Vertriebspartner und Tochterfirmen in über 50 Ländern hat. Einen Namen gemacht hat sich die Firma mit den Zahnbürsten-Marken Curaprox und Swiss Smile. Alleine von der Curaprox-Handzahnbürste sollen über 100 Millionen Stück verkauft worden sein.
In der Schweiz arbeiten 255 Personen für Breitschmid an den Standorten Basel, Crissier, Dietikon und Riazzino. Am Hauptsitz in Kriens sind 60 Angestellte beschäftigt. 2012 machte die Breitschmid-Gruppe 150 Millionen Franken Umsatz.

«Unser Kern-Metier ist heute, dass wir Zahnärzte und andere Dental-Profis instruieren, wie die Leute richtig, gerne und erfolgreich Zähneputzen können.» Für den Laien mag das kontraproduktiv anmuten, wenn er an die Zahnärzte denkt, die doch mit Zähneflicken ihr Geld verdienen. Aber Breitschmid ist überzeugt: «Eine Praxis mit professionellen Präventionsangeboten hat heute einen Konkurrenzvorteil.»

Zu Breitschmids Produkten gehören neben unzähligen Zahnbürsten auch die kleinen Bürstchen in allen Variationen, die einem heute von jeder Dentalhygienikerin mit sorgenvollem Blick ans Herz gelegt werden, damit auch ja die Zahn-Zwischenräume sauber gehalten werden. Die neuste Entwicklung ist ein Nuggi für Säuglinge, der verhindert, dass die Kinder einen Kreuzbiss bekommen. Das Produkt wird demnächst lanciert.

Kürzer treten? Lieber nicht!

«Ich habe keine Hobbies. Ich bin mit Leidenschaft Unternehmer.»

Mit seinen 71 Jahren ist Ueli Breitschmid noch voll im Schuss. Pensionierung ist für ihn ein Fremdwort. «Ich habe keine Hobbies. Ich bin mit Leidenschaft Unternehmer.» Ein Bedürfnis nach Freizeit verspürt er nicht. «Freizeit? Für mich ist alles Freizeit. Ich mache gerne, was ich mache.»

Auch wenn seine Familie gerne hätte, dass er etwas kürzer treten würde, scheint das im Moment nicht viel Priorität zu haben. «Eigentlich wollte ich mit 70 den operativen Bereich weitgehend abgeben, aber strategisch braucht es mich weiterhin. Es ist nicht einfach, das Know-how und die Zusammenhänge weiterzugeben. Und bei der Produkte-Innovation und beim Netzwerken kann ich weiterhin aus dem Vollen schöpfen.»

Ueli Breitschmid mit Familie auf dem Weingut Sitenrain in Meggen (Bild: zVg).

Ueli Breitschmid mit Familie auf dem Weingut Sitenrain in Meggen (Bild: zVg).

Drei Weingüter «haben sich ergeben»

Vor der Firma steht ein Oldsmobile Cabriolet. Ein steiler Schlitten, ehrwürdig alt und zeitlos. Breitschmid hat das Auto 1976 für 3500 Franken gekauft und für weitere paar tausend Franken aufmöbeln lassen. Ein Autonarr ist er trotzdem nicht, so wie er auch kein besonderer Weinfan ist, obwohl er mehrere Weingüter besitzt.

«Das hat sich alles ergeben.» Das biologische Weingut Sitenrain in Meggen entstand deshalb, weil er auf dem erworbenen Landwirtschaftsland nur im Zusammenhang mit einer landwirtschaftlichen Tätigkeit bauen konnte. Also legte er einen Rebberg an, der seitdem von seiner Tochter Nora erfolgreich bewirtschaftet wird. 2014 wurde der Weisswein vom Sitenrain als bester biologischer Weisswein der Schweiz ausgezeichnet.

15’000 Flaschen werden in Meggen produziert. «Zur gleichen Zeit kaufte ich in Sizilien ein Haus mit viel Land rundherum. Auch dort haben wir Reben gepflanzt. Das bringt jährlich 30’000 bis 40’000 Flaschen. Und auf dem Weingut in Spanien sind es 25’000 Flaschen.» Er habe nicht umsonst in mehrere Gastrobetriebe investiert, sagt Breitschmid. «Als Weinproduzent ist das eine gute Möglichkeit, seine Produkte bekannt zu machen.»

«Geld sagt mir nichts»

Ein Mann «ohne Freizeit», der immer Zeit hat, ein umtriebiger Millionär, ein unkonventioneller Bürgerlicher – wofür gibt Breitschmid am liebsten Geld aus? «Für nichts», kommt es entgegen. «Ich gebe ungern Geld aus, ich investiere in Innovationen und Firmen.» Der Konsum interessiere ihn wenig. «Mich reut das Geld, da bin ich ehrlich. Wir sind sparsam erzogen worden. Geld sagt mir nichts.»

Was denn? «Menschen. Interessante Leute. Aber Besitz, was nützt dir das?»

Ueli Breitschmid am Hauptsitz von Curaden in Kriens (Bild:zVg/Jakob Ineichen).

Ueli Breitschmid am Hauptsitz von Curaden in Kriens (Bild:zVg/Jakob Ineichen).

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