Anwohner äussern Bedenken

14 Einsprachen gegen Chamer Papieri-Areal

Die Papierfabrik in Cham im Jahre 1933. Das Industrie-Areal soll zu einem Wohn- und Arbeitsquartier werden. (Bild: zvg)

Einen Monat hatte die Chamer Bevölkerung Zeit, Einsprache gegen das Grossprojekt auf dem Papieri-Areal zu erheben. Und tatsächlich: Mehr als ein Dutzend Vorbehalte wurden geäussert. Der Chamer Bauchef bleibt darob allerdings gelassen. Er kann es kaum erwarten, das Grossprojekt an die Urne zu bringen.

Die behördlichen Hürden wurden bereits genommen: Der Gemeinderat Cham sowie der Kanton Zug stimmten unlängst dem Bebauungsplan zur Zukunft des Papieri-Areals zu. Aber auch die Anwohner durften ihr Votum zum Grossprojekt abgeben. Vom 24. März bis zum 25. April 2016 wurde deshalb der Bebauungsplan inklusive Umweltverträglichkeitsprüfung und weiteren Unterlagen öffentlich aufgelegt. Während dieser Zeit konnten Anwohner und Betroffene allfällige Einwendungen gegen das Grossprojekt beim Gemeinderat einreichen.

Gesagt, getan. «Total sind 14 Einwendungen eingegangen», sagt der Chamer Gemeinderat und Vorsteher Planung und Hochbau, Rolf Ineichen. Davon stammen elf von Privatpersonen mit teilweise mehreren Unterzeichnenden und drei Einsprachen kommen von Organisationen. «Wenn man das ganze Projektvolumen ins Auge fasst, dann sind 14 Einwendungen wenig», erklärt Ineichen. «Es handelt sich dabei sowieso eher um konstruktive Anregungen als um Einsprachen. Ich sehe jedenfalls keinen Einwand mit Killerkriterium.»

Situationsplan des Papieri-Areals. Das Gebiet umfasst gut zwölf Hektaren.

Situationsplan des Papieri-Areals. Das Gebiet umfasst gut zwölf Hektaren.

(Bild: zvg)

Hohe Häuser, langer Schattenwurf

Allzu sehr möchte Ineichen nicht ins Detail gehen. Man habe sich seitens der Gemeinde darauf geeinigt, keine Namen zu nennen. Nur so viel: Die privaten Einwendungen kommen von Nachbarn, die Vorbehalte bezüglich des Bauvolumens äusserten. «Es geht dabei um die Dimensionen einzelner Gebäude, also um Länge und Stockwerkhöhe», erklärt der Chamer Bauchef.

Denn die Dimensionen sind gewaltig. Nicht nur, was die Baufläche angeht. Gemäss dem Leitbild «Hochhäuser» der Einwohnergemeinde Cham vom Mai 2011 liegt das Areal der Papierfabrik mit Ausnahme der Grenzbereiche zur Lorze und zum Teuflibach in einem potenziellen Hochausbereich. Die topografische Situation und der ortsbauliche Gesamtzusammenhang ermöglichen somit Hochhäuser an diesem Standort. Die höchsten Gebäude sollen künftig immerhin knapp 50 Meter in die Luft ragen. Dem einen oder anderen Nachbarn könnte ein solcher «Turm» schon mal in der Sonne stehen. Im Bebauungsplan findet sich dazu folgende Visualisierung:

Gebäudehöhen gemäss Richtprojekt. Geplant sind bis zu knapp 50 Meter hohe Häuser.

Gebäudehöhen gemäss Richtprojekt. Geplant sind bis zu knapp 50 Meter hohe Häuser.

(Bild: zvg)

Mangelnde Förderung des öffentlichen Verkehrs?

Es sind allerdings nicht nur die geplanten Gebäude, die seitens der Chamer Bevölkerung Fragen aufgeworfen haben. Bei den Beschwerde führenden Organisationen würde es sich um zwei lokale und eine nationale Organisation aus dem Umweltbereich handeln. Diese hätten unter anderem verkehrstechnische Bedenken geäussert. «Es geht um die Parkplatzsituation und um Erschliessungsfragen», präzisiert Ineichen. Also um die Frage, wie viele Parkplätze den Anwohnern und Gewerbetreibenden zukünftig zur Verfügung stehen werden und wie stark der öffentliche Verkehr gewichtet wird.

Das Projekt

Das Industrie-Areal der Papierfabrik Cham liegt mitten im Siedlungsgebiet der Einwohnergemeinde Cham. Im Verlauf der vergangenen Jahre wurde der Betrieb der traditionellen Papierproduktion von diesem Standort zum grossen Teil nach Italien verlagert. Die Cham Paper Group Schweiz AG beabsichtigt als Grundeigentümerschaft, das rund zwölf Hektaren umfassende Industrie-Areal neuen Nutzungen zuzuführen und es als Wohn- und Arbeitsquartier zu entwickeln.

Auf dem Areal sollen 900 bis 1200 Wohnungen (inklusive 100 preisgünstige Wohnungen) und 900 bis 1250 Arbeitsplätze entstehen. Um der starken Entwicklungsdynmaik in Cham Rechnung zu tragen, ist im Bebauungsplan der Realisierungszeitraum der gesamten Entwicklung des Papieri-Areals auf mindestens 15 Jahre ausgerichtet. Das Richtprojekt ist dazu geeignet, das Areal sukzessive in einzelnen Etappen zu realisieren.

Die Gleichung scheint simpel: Je mehr Parkmöglichkeiten, desto mehr Individualverkehr. Aktuell sind im Bebauungsplan total 1710 Parkplätze vorgesehen. Diese Zahl habe sich im Rahmen des Prozesses von ursprünglich über 2000 Parkplätzen massiv reduziert und wurde vom Kanton im Rahmen der Vorprüfung auch genehmigt, sagt Ineichen. Trotzdem: 1710 Abstellplätze sind eine beachtliche Zahl, welche bei Verfechtern des öffentlichen Verkehrs mitunter für Kopfschütteln sorgen dürfte. Bei der Betrachtung von Entwicklungsarealen von ähnlicher Grösse habe sich jedoch gezeigt, dass die Erschliessungsqualität des Papieri-Areals Parkplatzreduktionen nicht in einem Umfang zulasse, wie dies bei zentral gelegenen Entwicklungsarealen erfolgt.

Neue Umfahrung, mehr Verkehr

Der befürchtete Mehrverkehr rührt nicht nur vom Parkplatzangebot her. Das Verkehrssystem in der Umgebung des Areals wird sich nämlich auch mit der Umfahrung Cham-Hünenberg (Inbetriebnahme voraussichtlich zwischen 2022 und 2025) nachhaltig verändern. «Die Umfahrung spielt für die Realisierung des Projekts eine entscheidende Rolle», sagt Bauchef Ineichen. «Ohne diese für die gesamte Region wichtige Umfahrungsstrasse wäre nicht nur die Entwicklung Papieri, sondern alle in den nächsten Jahren geplanten grösseren Projekte im Ennetsee gefährdet.»

Gemäss dem Umweltverträglichkeitsbericht müsse man rund um das Papieri-Areal künftig mit Verkehrszunahmen von 10 Prozent rechnen. Diese Zunahme werde sich im Bereich Knonauerstrasse zwischen der Zugerstrasse und dem Knoten Teuflibach sowie im Teilbereich Zubringer A4a (Teuflibach–Rütiweid–Gibelfeld) konzentrieren (siehe Plan unten).

Die verkehrstechnischen Grundlagen. Rechts die Umfahrung Cham Hünenberg, welche voraussichtlich zwischen 2022 und 2025 in Betrieb genommen wird.

Die verkehrstechnischen Grundlagen. Rechts die Umfahrung Cham Hünenberg, welche voraussichtlich zwischen 2022 und 2025 in Betrieb genommen wird.

(Bild: zvg)

Mit Gesprächen zum Konsens

Rolf Ineichen, Chamer Gemeinderat und Vorsteher Planung und Hochbau. Er ist überzeugt vom Grossprojekt und blickt der Urnenabstimmung guten Mutes entgegen.

Rolf Ineichen, Chamer Gemeinderat und Vorsteher Planung und Hochbau. Er ist überzeugt vom Grossprojekt und blickt der Urnenabstimmung guten Mutes entgegen.

(Bild: Fransiss)

Die 14 eingegangenen Einwendungen bringen Rolf Ineichen indessen nicht aus der Ruhe. Er sei guten Mutes, dass diese den vorgezeichneten Ablauf nicht negativ beeinflussen werden. Dies auch deshalb, weil der Bebauungsplan nicht gross vom Masterplan aus dem Jahr 2014 abweicht. Und dieser, also der Masterplan, wurde von der Chamer Bevölkerung positiv aufgenommen. «Die Zusammenarbeit, sowohl mit dem Kanton und der Cham Paper Group als auch mit der Bevölkerung, war sehr konstruktiv und speditiv», fasst Ineichen den Verlauf über die letzten Jahre zusammen.

Wie dem auch sei: Die Einwendungen werden nun in der Arbeitsgruppe Papieri, die sich aus Vertretern der Bauherrschaft und der Gemeinde zusammensetzt, geprüft. Als Nächstes wolle man das Gespräch mit den Beschwerdeführern suchen, betont Ineichen. «Ich bin überzeugt, dass bereits mit den Gesprächen einige Vorbehalte aus der Welt geschaffen werden können. Zumal ein paar der Vorbehalte auf Fehlinterpretationen gründen könnten, welche sich eventuell einfach bereinigen lassen.»

Aus diesen Gesprächen wird ein Antrag resultieren, der dem Gemeinderat vorgelegt wird. Dieser wird dann aufgrund des Antrags einen Entscheid fassen, welcher wiederum in die Urnenabstimmung einfliessen wird – die Chamer Bevölkerung soll schliesslich am 25. September 2016 über die Zukunft des Papieri-Areals entscheiden können. «Aus heutiger Sicht spricht nichts gegen eine Urnenabstimmung am genannten Datum», sagt Ineichen. «Bei der Erstellung der Verträge und Dienstbarkeiten können aber immer unvorhergesehene Fragen auftauchen, deren Bereinigung zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen könnte.»

Ein zentraler Baustein für die Gemeinde Cham

Die im Jahr 1657 gegründete Papiermühle an der Lorze in Cham bildete den Ursprung für die Entwicklung der Papierfabrik Cham. Rund 250 Jahre lang wurde an diesem Standort Papier produziert. Mit der Gründung der Papierfabrik Cham AG begann 1912 die grossindustrielle Papierproduktion, welche in Cham zu einem zentralen Wirtschaftsfaktor wurde und die Entwicklung der Gemeinde bis zur nun bevorstehenden Einstellung der Produktion massgeblich mittrug.

Seit den Anfangszeiten sind die Anlagen der Papierfabrik stetig erweitert worden. Das Areal beansprucht heute mit den dicht zusammengebauten Produktions-, Verwaltungs-, Aufbereitungs- und Lagerbauten einen grossen Teil des nördlichen Siedlungsraums von Cham. Die ältesten Fabrikbauten befinden sich direkt an der Lorze.

Den dorfseitigen Auftakt der Abfolge bildet das mächtige Backsteingebäude der ehemaligen Ausrüsterei. An dem durch eine alte Steinbrücke verbundenen gegenüberliegenden Flussufer steht die Obermühle, der älteste erhaltene Gewerbebau an der Lorze. Im Flussraum vor der Fabrikzelle zeugen vielfältige, hydroelektrische Einrichtungen von der Energiegewinnung. Sie decken noch heute einen Teil des Strombedarfs.

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