Wie weiter im Kampf gegen den Abfall?

In Zug littern alle

Szenen wie diese auf der Rössliwiese will man künftig nicht mehr sehen – notfalls mit höheren Sanktionen. (Bild: Christian H. Hildebrand)

Die Stadt Zug ist ein Littering-Hotspot. Mit Prävention und Bussen wird hier seit zwei Jahren versucht, das Phänomen in den Griff zu bekommen – jedoch ohne nennenswerte Fortschritte. Nun schaltet sich der Bund ein.

Bierdosen, Zigarettenstummel, Take-Away-Verpackungen: Littering hat viele Gesichter. Eines ist ihnen allen allerdings gemein – sie werden nicht toleriert, zumindest vonseiten der Behörden. Auch in Zug hat man vor gut zweieinhalb Jahren dem Littering definitiv den Kampf angesagt. Damals nämlich, im Oktober 2013, wurde die Fachstelle Littering ins Leben gerufen (zentralplus berichtete). Und mit ihr wurde ein neuer Tatbestand in den kantonalen Bussenkatalog aufgenommen. Seither müssen Zuger Abfallsünder 100 Franken berappen, wenn sie dabei erwischt werden, wie sie ihren Unrat willentlich zu Boden werfen und ihn dort liegen lassen.

Nun droht den Zuger Abfallsündern zusätzliches Ungemach von Bundesbern. Denn dort plant man die Einführung einer nationalen Littering-Busse, die bis zu 300 Franken betragen soll (siehe Box). Bevor es aber einst so weit sein wird, werfen wir einen Blick auf die Zuger Anti-Littering-Bemühungen und ziehen ein Fazit aus dem kantonalen Projekt.

Der Abfall kommt in der Nacht

2014 wurden im ganzen Kanton Zug 514 Bussen wegen Littering ausgesprochen. Im 2015 waren es 499, wie die Zuger Polizei auf Anfrage mitteilt. So weit die Zahlen. Nur: Hat die Schaffung der Littering-Fachstelle und das Verteilen von Littering-Bussen denn überhaupt was gebracht? «Ja», meint Urs Raschle, Zuger Stadtrat und Vorsteher des Departements Soziales, Umwelt und Sicherheit. «Regelmässige Kontrollen, verbunden mit Bussen, haben das Bewusstsein gefördert, dass die Verunreinigung des öffentlichen Raumes mit Kleinabfällen nicht toleriert wird.»

«Nach Mitternacht wird dann schnell mal vergessen, wo man seinen Unrat ordnungsgemäss zu entsorgen hat.»

Urs Raschle, Zuger Stadtrat

Mit «öffentlicher Raum» ist in Zug insbesondere die Seepromenade gemeint. Denn dort sei das Problem – vorderhand an Wochenenden – besonders gravierend. «Die Hauptproblematik konzentriert sich auf das Gebiet vom Podium 41 bis zum Landsgemeindeplatz», bestätigt Roland Naef, Leiter der Fachstelle Littering. Nicht zuletzt deshalb richtet sich der Hauptverdacht schnell auf die Jugendlichen. «Sie machen sicher einen grossen Teil aus», sagt er. «Es gibt demografische Schwerpunkte. Grundsätzlich littern aber alle.»

Stadtrat Raschle spricht in diesem Zusammenhang von einem zugerischen Problem: «Sobald es wärmer wird, verbringt gerade die Jugend ihre Abende am See, weil sich in Zug nicht viele Alternativen bieten. Dagegen ist zwar nichts einzuwenden. Aber je später die Stunde, desto höher der Alkoholpegel. Und nach Mitternacht wird dann schnell mal vergessen, wo man seinen Unrat ordnungsgemäss zu entsorgen hat.»

Kein Sillleben, sondern schlicht liegen gelassener Abfall entlang der Zuger Seepromenade.

Kein Sillleben, sondern schlicht liegen gelassener Abfall entlang der Zuger Seepromenade.

(Bild: Zug blibt suuber)

Sisyphus auf steinigen Pfaden

An dieser Stelle kommt die Fachstelle Littering zum Einsatz. Oder besser: kam zum Einsatz. Denn die Fachstelle wurde von Anfang an als befristetes Projekt angelegt und läuft auf Mitte Juni 2016 aus. Eine Verlängerung in dieser Form ist nicht geplant. Bereichsleiter Roland Naef ist dennoch der Überzeugung, dass man am Ball bleiben muss: «Ich sehe da Parallelen zum Armdrücken. Man muss den Druck ständig aufrechterhalten, um nicht wieder von vorne beginnen zu müssen.» Mit Prävention alleine ist es jedoch nicht getan. «Ich finde, dass es Bussen braucht, damit die Kampagne glaubwürdig ist», sagt Naef. «Sie sind ganz klar ein Teil des Ganzen. Wenn auch ein eher kleiner Teil.»

«In vielen Fällen macht eine höhere Busse Sinn, so unschön das tönt.»

Urs Raschle, Stadtrat

Und was sagt man in Zug dazu, dass sich der Bundesrat für Ordnungsbussen in der Höhe von 300 Franken ausspricht? «Ein koordiniertes Vorgehen auf nationaler Ebene ist grundsätzlich zu begrüssen», konstatiert Urs Raschle. «In vielen Fällen macht eine höhere Busse Sinn, so unschön das tönt.» Für Roland Naef sei die gängige Zuger Praxis akzeptabel: «100 Franken sind ok. Alles darunter tut zu wenig weh. Man könnte die Busse auch auf 1000 Franken ansetzen. Doch letztlich ist Littering eine Frage von Anstand und Respekt.»

Auf lange Sicht solle eine Verhaltensänderung in der Bevölkerung bewirkt werden, erklärt Naef. Sein Fazit aus den vergangenen Jahren: «Die Situation hat sich sicher nicht verschlechtert. Hie und da zeichnen sich Verbesserungen ab.» Aber eben: Das Ganze gleiche einer Sisyphusarbeit. Stadtrat Raschle formuliert es so: «Wir befinden uns zwar auf dem Weg, doch dieser ist noch lang und mit zahlreichen Steinen versehen. Deshalb ist es wichtig, ihn Schritt für Schritt zu planen und zu begehen.»

Eine regelrechte Spur der Verwüstung.

Eine regelrechte Spur der Verwüstung.

(Bild: Zug blibt suuber)

Reden ist Silber – Bussen sind Gold?

Was vorher der Kanton tat, will nun die Stadt übernehmen. Die Aktivitäten der Fachstelle werden in der Abteilung Sicherheit fortgeführt. Die entsprechende Stelle sei speziell dazu konzipiert worden, um bei wichtigen Themen eine grössere Handhabung und höhere Flexibilität zu erhalten, heisst es vonseiten des Stadtrats. «Dabei wird die Stadt Zug neben den präventiven Massnahmen vermehrt auch auf die repressiven Möglichkeiten des Übertretungsstrafrechts setzen.» Raschles Stossrichtung ist klar: mehr Bussen. Wenn es nach ihm geht, dann sollen Zuger Polizisten und Sicherheitsassistenten vermehrt zur Littering-Kontrolle eingesetzt werden.

Während sich Stadtrat Raschle für mehr Kontrollen und höhere Bussengelder ausspricht, plädiert Roland Naef an die Vernunft der Menschen: «Ich denke, man muss so weiterfahren wie bisher. Immer wieder präventive Schwerpunkte setzen, mal an Schulen, mal bei Gastrobetrieben wie Take Aways und ähnlichen. Gespräche sind der Schlüssel zur Sensibilisierung.»

Zug hat den Kampf gegen das Littering aufgenommen – und ist noch mittendrin. Zu wessen Gunsten der Kampf am Ende ausgehen wird, lässt sich nur schwer abschätzen. Ebenso ist ungewiss, ob künftig noch schwereres Geschütz aufgefahren wird, um gegen das «Ärgernis» vorzugehen. Mit der Schaffung der temporären Fachstelle hat man das Territorium jedenfalls schon mal abgesteckt.

Littering soll schweizweit unter Strafe gestellt werden

Wer Abfall liegen lässt, anstatt ihn korrekt zu entsorgen – wer also Littering betreibt –, soll künftig in der ganzen Schweiz mit einer einheitlichen Busse bestraft werden können. Die Umsetzung dieser neuen Bestimmung würde auf kantonaler Ebene erfolgen. Der Bundesrat unterstützt eine von der nationalrätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-N) vorgeschlagene Änderung des Umweltschutzgesetzes und hat an seiner Sitzung vom 13. April 2016 die entsprechende Stellungnahme verabschiedet.

Die Verschmutzung des öffentlichen Raumes durch Littering habe «ein bedenkliches Niveau erreicht», schreibt der Bundesrat in seiner Stellungnahme. Obwohl schon heute verschiedene Kantone Littering unter Strafe stellen, erachtet die Regierung eine landesweit einheitliche Busse als sinnvoll. Eine solche soll mit bis zu 300 Franken zu Buche schlagen.

Die Gesetzesänderung soll mit der laufenden Revision der Ordnungsbussengesetzgebung koordiniert werden. Den Anstoss hatte die 2013 von Nationalrat Jacques Bourgeois (FDP/FR) eingereichte parlamentarische Initiative zur Verstärkung der Massnahmen gegen Littering gegeben. Der Nationalrat entscheidet voraussichtlich in der Sommersession über die Gesetzesänderung.

 

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1 Kommentar
  • Profilfoto von Steve Goldgap
    Steve Goldgap, 21.04.2016, 12:20 Uhr

    Wenn man einmal Gelegenheit hat nach Singapur zu kommen wird man feststellen, dass selbst an den entlegensten Orten mehr Ordnung herrscht als an den typischen hiesigen Brennpunkten. Die Strafen sind allerdings auch drakonisch und gehen in mehrere hundert CHF – selbst für Kaugummis oder Kippen.
    Auch in den USA werden entlang der Highways und Interstates mehrere hundert Dollar fällig mit der Folge das es nicht so verdreckt ist wie z.B. in Deutschland an der Autobahn.

    Ich habe meine Kinder ständig dazu angehalten und tue es selbst im fortgeschrittenen Teenie-Alter noch aber wohl nicht überall nimmt man die Mühen der Erziehung auf sich und auch viele Erwachsene haben dies wohl schon längst vergessen.

    Meines Erachtens sollten empfindlichen Strafen eingeführt und vor allem durchgesetzt werden. Man kann nicht auf der einen Seite für Umweltschutz und Vegetarismus lamentieren und im selben Moment seinen Müll in der Landschaft entsorgen und erwarten das Andere für einen den Dreck wegmachen.

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