Mittelaltermarkt in Luzern

Wenn Aussätzige und Streuner den Obergütsch erstürmen

Ändu und Räffu, die beiden Berner, beim Essen der Spätzlipfanne am Mittelaltermarkt im Obergütsch. (Bild: Beat Blättler)

Schwertkämpfe, Gaukler, Bogenschützen sowie reichlich Speis und Trank: In Luzern hält wieder das Mittelalter Einzug. Wobei, so genau nimmt man es im Obergütsch nicht mit der historischen Wahrheit. Aber eigentlich geht es sowieso um was ganz anderes.

Der Atem wird zur weissen Wolke, das Gras ist nass von der Nacht und die Wolken hängen tief über der Wiese im Obergütsch. Die ersten Männer, Frauen und Kinder in Lederkleidung, mit Umhängen oder Fellen, drehen ihre Runden. Irgendwie passt das Ambiente zum Mittelaltermarkt, der Samstag und Sonntag hier stattfindet.

An rund 70 Ständen gibt es eine grosse Vielfalt an Sachen zu bewundern und zu kaufen, die mehr oder weniger mit dem Mittelalter zu tun haben. «Das Mittelalter dauerte ja etwa 1000 Jahre. Uns geht es nicht um historische Wahrheit, sondern darum, ein Gefühl zu kreieren», erklärt Peter Suter, Präsident des Vereins «Mittelaltermarkt zu Luzern», der diesen Markt bereits zum vierten Mal organisiert.

Andrang an der «Mampferey».

Andrang an der «Mampferey».

(Bild: Beat Blättler)

Philipp beim Holztragen zur «Unterkunft».

Philipp beim Holztragen zur «Unterkunft».

(Bild: Beat Blättler)

Ein sinnliches Erlebnis

Das Gefühl: Das ist für viele Grund genug, um den «Gütschhügel» zu erklimmen. So wie zum Beispiel für Desirée Ganain, die an diesem Morgen extra aus Zürich angereist ist. «Ich komme vor allem wegen der Atmosphäre. Mir gefällt das alte Handwerk. Ich habe eben eine Beinwell-Salbe selber hergestellt, denn ich interessiere mich sehr für Kräuter», erzählt sie und knabbert an einer Waffel.

Desirée Ganain aus Zürich.

Desirée Ganain aus Zürich.

(Bild: Natalie Ehrenzweig)

Der Mittelaltermarkt ist in vieler Hinsicht ein sinnliches Erlebnis. Neben Speis und Trank – zum Beispiel Met, Sirup oder Würste – können Besucher ein Bad im Badebottich nehmen, Bogen schiessen, Speer werfen, sich die Hand lesen lassen. Kinder können sogar mit einem von Hand betriebenen, holzigen Riesenrad fahren, wie es schon im 15. Jahrhundert möglich war. Der Duft von Feuer hängt in der Luft, das Zischen der Glut der Schmiede trägt das Seine zur Atmosphäre bei. Langweilig ist es hier nicht.

Pfeilbogenschiessen.

Pfeilbogenschiessen.

(Bild: Beat Blättler)

Amulette und Symbole werden begutachtet und wohl auch gekauft.

Amulette und Symbole werden begutachtet und wohl auch gekauft.

(Bild: Beat Blättler)

Mit Kind und Kegel

Die Lage ist für den Mittelaltermarkt kein Problem, obwohl Besucher nicht in der Nähe parkieren können, sondern mit dem Bus kommen müssen. «Im Gegenteil. Wir erleben eher, dass Familien gerne einen Ausflug hierher machen. Hier haben wir viel mehr Platz und können auch etwa ein Heerlager zeigen. Letztes Jahr hatten wir so 2000 bis 3000 Besucher. Genau können wir das nicht sagen, da wir die Besucher nicht zählen», erklärt der Vereinspräsident.

Die deutsche Musikgruppe Streuler spielt auf.

Die deutsche Musikgruppe Streuner spielt auf.

(Bild: Beat Blättler)

Hans der Deutsche Grässliche.

Hans der Deutsche Grässliche.

(Bild: Beat Blättler)

Peter Suter selber kam durch seine Kinder, die sich damals für den Mittelaltermarkt vor der Franziskanerkirche interessierten, in Kontakt mit dieser Szene. «Und da hat’s mir den Ärmel reingenommen. Wir treffen uns zweimal im Monat. An andere Märkte gehe ich nicht so oft, da mir dazu die Zeit fehlt.»

Faszination Geschichte

Anders ist das bei Antonella Plüss. Sie liest Interessierten aus den Händen. «Das machten die Menschen schon vor langer Zeit», erzählt sie. «Seit drei Jahren mache ich Handanalysen. Da hat mir meine Kollegin erzählt, dass sie jeweils an den Mittelaltermärkten aus den Händen liest. Das passt gut für mich. Ich arbeite jedes zweite Wochenende in meinem angestammten Beruf, und an meinen freien Wochenenden, also zweimal im Monat, bin ich an den Märkten. Mir gefällt die familiäre Stimmung, das Langsame, die Ambiance. Die Geschichte hat mich schon immer fasziniert.»

Antonella Plüss.

Antonella Plüss.

(Bild: Natalie Ehrenzweig)

Auf der Wiese im Obergütsch entsteht an den zwei Tagen eine eigene Welt. «Es ist eine Zauberwelt, es geht um Fantasie, um Geschichten. Wir haben zum Beispiel den Aussätzigen ‹der hässliche Hans›, der herumläuft und philosophiert», erzählt Peter Suter, dem es nicht gelingt, einen Höhepunkt auszuwählen. «Toll ist sicher, dass die Band Streuner spielt. Wir haben dieses Jahr auch zum ersten Mal eine richtige Bühne. Aber für mich ist der Höhepunkt eigentlich die Vielfalt, die wir haben.»

Das gesamte Wochenendprogramm findet sich hier.

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