Luzerner Tschuttiheftli bald erhältlich

Habe Shaqiri, brauche Quadratschädel–Rooney

Im Tschuttiheftli wurden alle EM-Teilnehmer von Künstlern gezeichnet. Von links: der Waliser Gareth Bale, der Schweizer Xherdan Shaqiri und der Pole Robert Lewandowski.

(Bild: zvg)

Ein einzigartiges Fussballheftli, in dem die Spieler nicht nur abfotografiert, sondern von Künstlern gestaltet wurden – eine Sammlung jenseits von Mainstream und Kommerz. Die Rede ist vom Tschuttiheftli. Das Liebhaberheft aus Luzern geht bereits in die vierte Runde. Und hat Neuigkeiten auf Lager.

Die Fussball-Europameisterschaft in Frankreich rückt näher. Auch wer mit Fussball nicht sonderlich viel am Hut hat, hat bestimmt mitgekriegt, dass die Panini-Bildchen wieder erhältlich sind. Sammeln, kleben, tauschen – es kann los gehen. Doch ist das Heft voll, bleibt es irgendwo liegen und verstaubt. Beim Tschuttiheftli ist das anders. Ein paar fussballverrückte Luzerner wollten vor ein paar Jahren für farbenfrohes, originelles «Zocken» sorgen. Wir besuchten die Leute hinter dem Projekt. 

Überall hat’s Sticker dran

Der Luzerner Silvan Glanzmann sitzt hinter ein paar Kisten von Klebern und Tschuttiheftchen an seinem Arbeitsplatz im Neubad. Man kann seinen Arbeitsplatz durchaus als unordentlich beschreiben. Sein braunes Haar kräuselt sich ins zufriedene Gesicht, auf dem Pult flirtet uns der spanische Fussballer Sergio Busquets mit einem Lippenstiftkuss entgegen. Eine herrlich verspielte Angelegenheit.

Silvan Glanzmann präsentiert das spanische Mittelfeld-Ass Sergio Busquets.

Silvan Glanzmann präsentiert das spanische Mittelfeld-Ass Sergio Busquets.

(Bild: glo)

Nur noch eine Woche, dann ist es so weit, dann kann man mit dem Sammeln der Tschuttibildli beginnen. Vor rund zehn Jahren entschieden sich ein paar Freunde dazu, Fussball aus einem etwas anderen Blickwinkel zu zeigen, die Idee resultierte in einem beliebten Fussballmagazin. 2008 sollte zum Anlass der EM in der Schweiz dann eine Spezialausgabe her: Entstanden ist das Tschuttiheftli als Sammelalbum.

Glanzmann blättert durch das neue Heft, seines ist bereits voll: «Wir fanden die Panini-Bilder cool, aber mit der Zeit dann auch immer weniger, weil es halt einfach immer kommerzieller wurde.» Das Tschuttiheftli soll alles andere als kommerziell sein, die Kleber sind keine herkömmlichen Fotografien, sondern das Produkt eines Wettbewerbs, welcher die besten Illustratoren mit der Umsetzung der kleinen Kunstwerke beauftragt hat.

Die Schweizer Nationalmannschaft: Trainer Vladimir Petkovic, (noch offizieller) Captain Gökhan Inler, Zauberzwerg Xherdan Shaqiri und der Luzerner Stephan Lichtsteiner.

Die Schweizer Nationalmannschaft: Trainer Vladimir Petkovic, (noch offizieller) Captain Gökhan Inler, Zauberzwerg Xherdan Shaqiri und der Luzerner Stephan Lichtsteiner.

Bilder werden im Gefängnis verpackt

«Das ging dann alles recht schnell. Die Kleber konnte man hier in Luzern kaufen und an ein paar Stellen in Zürich. Der endgültige Durchbruch gelang, als das Fernsehen auf das Tschuttiheftli aufmerksam wurde», so Glanzmann. Damals wurde noch alles von Hand verpackt, es gab also plötzlich ein paar Überstunden und Nachtschichten für die Fussballbegeisterten. Heute werden insgesamt 400’000 Stickertüten produziert, also vier Millionen Bilder. Alles wurde professionalisiert, auch das Durchmischen der Sticker verläuft automatisch und fair. Jemand kommt vorbei und holt die Kisten ab fürs Gefängnis. Fürs Gefängnis? «Ja, die werden im Gefängnis abgepackt und auch gleich versandt.»

Verlosung

Wir verlosen ein Tschuttiheftli mit einigen Bildern. Schreiben Sie uns eine E-Mail mit dem Betreff «Tschuttiheftli» und Ihren Kontaktdaten bis am Mittwoch, 6. April, 12 Uhr, an [email protected]. Die Gewinner werden ausgelost und per E-Mail informiert. Teilnahmeberechtigt sind alle Community-Mitglieder von zentralplus.
Mit Ihrer Teilnahme erklären Sie sich mit unseren AGB einverstanden.

Das Tschuttiheftli soll einzigartig bleiben, die Kleber nicht überall in Massen erhältlich sein, sondern an speziellen Orten. «So wie hier im Neubad oder in Buchläden, wo man dann hingeht und tauscht.» Der Erfolg zeigt sich trotzdem oder eben gerade deshalb: Neuerdings sind die Sticker auch in Österreich erhältlich, der Export nach Deutschland war bei der vorherigen Ausgabe Programm und ist auch dieses Jahr gefragt.

Glanzmann hat sich wieder hingesetzt, einige Kisten sind weg, die gehen ins Gefängnis. Der kulturelle Aspekt scheint ihm am Herzen zu liegen. «Bei uns steht der friedliche Teil der Fussballwelt im Zentrum. Das Heft wurde kreiert für Menschen wie du und ich, solche vielleicht, die Fussball mögen, aber auch an Theater und Konzerte gehen. In der Öffentlichkeit gibt es viele Menschen, die allerlei Dinge tun und nicht nur Fussball-angefressen sind.» Und damit man etwas für den guten Zweck tun kann, ist «children win» von terre des hommes mit von Partie. Die Organisation setzt sich dafür ein, dass in Zukunft auch im Fussball mehr auf die Menschenrechte geachtet wird. Diese Projekte befinden sich ebenfalls im Tschuttiheftli.

Das Tschuttiheft kostet 4 Franken, eine Tüte mit zehn Sammelbildern 1.50 Franken. Macht man also alles richtig, gibt man fürs Tschuttiheftli mit allen 365 Bildern 58.75 Franken aus. Die Bilder sind an über 50 Verkaufsstellen in der ganzen Schweiz oder unter www.tschuttiheft.li erhältlich – wo sich doppelte Bilder auch umtauschen lassen.

Weltmeister Deutschland: Trainer Jogi Löw, Torwart-Libero Manuel Neuer, Abwehr-Ass Jérôme Boateng und Spielmacher Mesut Özil.

Weltmeister Deutschland: Trainer Jogi Löw, Torwart-Libero Manuel Neuer, Abwehr-Ass Jérôme Boateng und Spielmacher Mesut Özil.

Auch Luzerner Künstler am Werk

Jedes Team ist in einem eigenen Stil gestaltet worden und 200 Illustratoren wollten diese Aufgabe wahrnehmen. Die Wettbewerbsaufgabe lautete: zeichne ein Bild von Zinedine Zidane; eine Jury von 8 Mitgliedern entschied dann über die Erkorenen (zentralplus berichtete). Jeder der Gewinner würde seine Mannschaft zugeteilt kriegen und diese gestalten. Bei den internationalen Künstlern seien Luzerner zwar nicht speziell berücksichtigt worden, trotzdem haben es mehrere in die Endauswahl geschafft. Einer davon ist Benedikt Notter (39).

Wir fragen bei Notter nach, weshalb er die Spieler der Ukraine als Finger dargestellt hat? «Das entstand beim Wettbewerb, man musste sich da irgendwie irgendwas aus den Fingern ziehen, also malte ich gleich die Finger selber. Vielleicht ist es eine Art Kasperlispiel, ein Theater mit Fingerpuppen.» Der Luzerner Künstler lächelt, er findet das Tschuttiheftli wunderbar sensationell. Er mochte seine Arbeit, kreiert gerne Serien und macht das auch ganz schön erfolgreich, immerhin ist er zum dritten Mal als tschuttiheftli-Illustrator mit dabei.

Der Luzerner Künstler Benedikt Notter zeichnete die ukrainische Mannschaft als Finger.

Der Luzerner Künstler Benedikt Notter zeichnete die ukrainische Mannschaft als Finger.

Auch Fussballerinnen wurden gezeichnet

Am 8. April findet nun im Neubad der Kick-off-Event statt. Moderiert von TV-Moderationslegende Beni Turnheer. «Es werden auch einige der Künstler anwesend sein.» Zudem sind die Originalbilder im Rahmen der fumetto-Ausstellung bestaunbar. Noch was Tolles: Gezeichnet wurden nicht nur Männer; die elf besten europäischen Fussballspielerinnen sind ebenfalls illustriert worden. Und: Die künstlerische Alternative zu den Panini-Bildern bleibt diesmal nicht nur im Gedächtnis der Fussballfans haften, sondern auch auf der Haut – dank abwaschbaren Fan-Tattoos.

Das österreichische Team: Schweizer Trainer Marcel Koller, Torwart Robert Almer, Exzentriker Marko Arnautovic und FC Basel-Stürmer Marc Janko.

Das österreichische Team: Schweizer Trainer Marcel Koller, Torwart Robert Almer, Exzentriker Marko Arnautovic und FC Basel-Stürmer Marc Janko.

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