Flauschige Federknäuel im Natur-Museum Luzern

Osterbibeli: erst im Museum, dann im Jenseits

«Jööö»: Die ersten Osterbibeli im Natur-Museum Luzern freuen sich auf Besucher. (Bild: Mario Merola)

Sie sind flaumig-flauschig und lassen Kinderaugen strahlen: Die ersten Osterküken im Natur-Museum Luzern werden bereits fleissig gestreichelt. Das grosse Schlüpfen steht jedoch noch bevor. Was mit einigen der Bibeli später passieren wird, ist allerdings nicht so schön.

«Jöö, sind die süss!», ruft die sechseinhalb-jährige Selina und streckt ihrer fünfjährigen Schwester Sarah das flauschige, handgrosse Osterküken zum Streicheln hin. Nadja, die Mutter der beiden Mädchen, ist mit ihnen aus Affoltern am Albis nach Luzern gereist, um die frisch geschlüpften Bibelis – sie sind als Eintagsküken aus einer grossen Brüterei im Aargau ins Natur-Museum gekommen – zu bestaunen.

Auch die 80 Eier, die im Natur-Museum ausgebrütet werden und aus denen zwischen Karfreitag und Ostersonntag die «Oster-Bibeli» schlüpfen werden, stammen aus derselben Brüterei. Der dreijährige Toni aus Luzern und seine kleine Freundin Liv (4 1/2) aus Ebikon haben je ein Küken in der Hand. Kuschelig und weich seien sie, genauso wie das Plüschhäsli, welches sie sich auf Ostern wünsche, meint Liv. Toni erzählt, dass er am Mittwoch seinen Nuggi dem Osterhasen geschenkt habe und nun als Tauschgeschäft ein schönes Ostergschänkli erwarte.

Liv und Toni auf Kuschelkurs mit «ihrem» Bibeli.

Liv und Toni auf Kuschelkurs mit «ihrem» Bibeli.

(Bild: Mario Merola)

Tausend Besucher am Tag

«Vor 34 Jahren hatte der ehemalige Museumstechniker Edy Felder die Idee, um die Osterzeit Hühner im Natur-Museum auszubrüten», sagt Benedict Hotz, stellvertretender Direktor des Natur-Museums Luzern. Felder habe sich damals schlau gemacht, was es alles brauche, um dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. «Wir haben ganz klein angefangen, im dritten Stock», erklärt Hotz. 2003 sei man aus Platzgründen in den ersten Stock gezügelt, wo das Ganze im grösseren Stil aufgezogen worden sei.

«Ich erlebe jedes Jahr aufs Neue, dass Kinder hier im Natur-Museum zum ersten Mal in Kontakt mit einem lebenden Tier kommen.»
Benedict Hotz, Natur-Museum Luzern

Platz braucht es in der Tat, kommen doch in den elf Tagen zwischen 10’000 und 14’000 Besucher ins Museum, um die frisch geschlüpften Küken zu bestaunen. «Je nach Wetter sind das bis zu 2000 Besucher pro Tag», sagt Hotz. Das seien etwa fünfmal mehr als an gewöhnlichen Tagen. «Inzwischen kommen Grosseltern mit ihren Enkeln, die damals schon mit ihren Kindern zu den Oster-Küken kamen», fügt der 51-Jährige an.

Cheyenne und ihr Grossmami Ursula herzen ein Küken.

Cheyenne und ihr Grossmami Ursula herzen ein Küken.

(Bild: Mario Merola)

Für die Kleinen sei es jeweils ein besonderes Highlight, die Bibelis in den Händen halten zu dürfen. «Ich erlebe jedes Jahr aufs Neue, dass Kinder hier im Natur-Museum zum ersten Mal in Kontakt mit einem lebenden Tier kommen», sagt Hotz. Auf die Frage, ob der ganze Rummel den Bibelis nichts ausmache, sagt er: «Solange die Küken sorgfältig behandelt werden, ist der Stress für sie nicht allzu gross.»

Die Bibeli wüssten nicht, wie ihre Mutter aussehen würde, deshalb werde das Erste, was sie nach dem Schlüpfen sehen, zu ihrer «Bezugsperson». Zudem sind während der Osterkükenzeit immer zwei Aufsichtspersonen zugegen, die darauf achten, dass die Küken mit der nötigen Sorgfalt behandelt werden. «Nach ihrem Aufenthalt im Natur-Museum werden die Tiere meist an Bauernfamilien mit kleineren Hühnerhöfen abgegeben, wo sie weiterleben dürfen», erklärt Hotz.

21 Tage, bis geschlüpft wird

Elias (9 1/2), Jasmin (8) und Eva (4) sind mit ihren Eltern Patrick und Michaela aus Hünenberg ins Natur-Museum Luzern gekommen. «Ihr Flaum kitzelt in meiner Hand», meint Jasmin kichernd und Elias erklärt, er könne die Knochen seines Bibelis gut fühlen. Den Eltern ist es wichtig, ihren Kindern die Bedeutung von Ostern zu erklären. «Elias hatte letztes Jahr Erstkommunion», erzählt seine Mutter, da sei Ostern zuhause immer wieder thematisiert worden.

Jasmin, Elias und Eva (v.l.) sind bereits zum dritten Mal im Natur-Museum Luzern.

Jasmin, Elias und Eva (v.l.) sind bereits zum dritten Mal im Natur-Museum Luzern.

(Bild: Mario Merola)

Dafür sind die fünfjährige Cheyenne und ihr zweijähriger Bruder Leroy noch zu klein. Leroy beäugt die Tierchen skeptisch, während Cheyenne sich von ihrer Grossmutter Ursula ein Bibeli in die Hand legen lässt und ganz zart mit einem Finger über den flaumbedeckten Kopf des Tierchens streichelt.

«Manche Küken brauchen fast einen Tag, um sich aus ihrem Ei herauszuarbeiten.»
Benedict Hotz, Natur-Museum Luzern

21 Tage braucht es, um ein Ei auszubrüten. «Manche Küken brauchen fast einen Tag, um sich aus ihrem Ei herauszuarbeiten, während andere bereits nach einer Viertelstunde draussen sind», erklärt Benedict Hotz. Durch den Farbunterschied könne man das Geschlecht erkennen. «Die hellbraunen sind die Hühnchen, die gelben die Hähnchen», so Hotz.

Aus diesen Eiern im Brutkasten schlüpfen in den nächsten Tagen die Bibelis.

Aus diesen Eiern im Brutkasten schlüpfen in den nächsten Tagen die Bibelis.

(Bild: Mario Merola)

Man wolle das Geschlecht der Küken möglichst bald erkennen können, weil sich die Aufzucht der Hähnchen nicht lohne. Das sind die Schattenseiten der Hühnerzucht. «Bis heute hat die Nahrungsmittelindustrie für männliche Legehühner keine Verwendung», sagt Hotz. Sie würden normalerweise gleich nach dem Schlüpfen umgebracht. Die Hoffnung ruhe auf dem «Zweinutzungshuhn». Coop hat 2014 ein Pilotprojekt mit einem Praxisversuch auf Schweizer Bio-Höfen mit dieser neuen Hühnerrasse gestartet. «Das Zweinutzungshuhn eignet sich sowohl zur Eierproduktion als auch zur Mast», fügt Hotz an. Liv, Toni, Selina und Eva interessiert das wenig. Sie sind einfach nur glücklich über das süsse Federbündel in ihrer Hand.

Öffnungszeiten Natur-Museum Luzern:

Dienstag bis Sonntag von 10 bis 17 Uhr (Samstag ist Schlüpftag!)

Ostermontag ausnahmsweise auch geöffnet

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