England-Iranerin betreibt neues Lokal für Luzern

Laden, Teestube und Treffpunkt in einem

Seit fast sieben Jahren lebt Neda Moasser in Luzern. Jetzt will sie der Stadt etwas zurückgeben. (Bild: jav)

Ihr Herz führte die gebürtige Iranerin Neda Moasser zu einem Mann in die Schweiz. Die Liebe zu Luzern hielt sie dann aber hier. Nun hat sie ihr eigenes Lokal eröffnet: eine Beiz, ein Laden, ein Veranstaltungsort, oder eine Stube – schwer zu sagen. Aber vor allem ein Ort, der ihr in Luzern eine Stimme verleiht.

Am Löwenplatz, zwischen Einkaufswütigen und Touristenmassen, etwas versteckt gleich neben der Häxestäge, hat Luzern ein neues Lokal bekommen. Seit Februar steht hier «The Phrontistery». Übersetzt heisst das: ein Ort zum Nachdenken.

Auf wenigen Quadratmetern hat sich die England-Iranerin Neda Moasser ihren Traum erfüllt. Ein Lokal, das alles sein kann, was man will. Die Idee dazu reifte bereits seit Jahren in ihr heran. In ihrer Heimatstadt Birmingham, wo sie aufwuchs, und in Manchester, wo sie Marketing studierte, gab es zahlreiche ähnliche Konzepte. «Ein eigener, vielfältiger Ort schwirrte mir immer schon im Kopf herum.» Doch erst in der Schweiz kam es nun zur Verwirklichung.

Verliebt in Luzern

Die quirlige 30-Jährige hatte sich verliebt und kam deshalb nach ihrem Studium immer öfters nach Luzern. «Dabei habe ich mich auch in Luzern verliebt.» Die Liebesbeziehung ist mittlerweile zu einer Freundschaft geworden, und das Verliebtsein in Luzern zu einer Verbundenheit.

Das läuft in «The Phrontistery»

Am 30. März liest die Berner Autorin Christina Frosio aus «Noch ist nicht Herbst» und ausgewählten Kurzgeschichten. Die Moderation übernimmt Aron Hürlimann.

Am 8. April sind die Brüder Samuel und Silvan Kuntz zu Gast. Sie spielen auf ihren Gitarren Eigenkompositionen, die an Al Di Meola oder Kolbe-Illenberger erinnern.

Am 15. April tritt der Ire Nicholas Jude Timothy in der Phrontistery auf. Seine irischen Wurzeln mischt er musikalisch mit Elementen aus Blues, Folk und Soul.

Fast sieben Jahre ist Moasser nun hier, hat sich langsam ein Netzwerk aufgebaut. Ein wichtiger Punkt, will man einen Veranstaltungsort führen. «Es ist schon alles recht klein hier in Luzern. Ich hatte grosses Glück, dass ich so tolle Leute kennengelernt habe – an Festivals und über Freunde, oder auch in der Sopranos Bar, wo ich vorher gearbeitet habe.»

Jahrelang beobachtet

Zum Lokal kam Moasser erst im letzten Herbst. «Ich kannte den Ort von Anfang an und fand ihn toll. Während zwei Jahren bin ich jeden Tag daran vorbeigegangen, immer stand das Lokal leer.» Moasser arbeitet gleich um die Ecke bei der Pharmafirma MSD im Büro. «Und an einem Tag hing plötzlich ein ganz kleiner Zettel im Schaufenster – der Laden war endlich zu vermieten.» Da habe sie sofort zugepackt.

«Ich habe eigentlich nicht das Ziel, damit Geld zu verdienen.»
Neda Moasser

Gemeinsam mit Ufuk Yucesoy, einem Freund aus der Türkei, hat sie die Idee weiterentwickelt und die Phrontistery aufgemacht. «Glücklicherweise konnte ich mein Pensum im Büro auf 50 Prozent reduzieren.» So kann sie nun dienstags, donnerstags und samstags öffnen. Und manchmal für Veranstaltungen am Freitagabend. Finanziell zahle es sich bisher noch nicht aus. «Natürlich soll die Phrontistery mit der Zeit selbsttragend sein. Aber ich habe eigentlich nicht das Ziel, damit Geld zu verdienen», erklärt Moasser in einem ziemlich guten Deutsch mit englischem Akzent.

Alles, was man an Getränken oder Essen konsumiert, wird über eine Kollekte bezahlt – Hahnenburger separat für die Luzerner Organisation «Wasser für Wasser». Die Produkte, meist biologische wie Baumwoll-Tampons oder regionale wie Seifen, und lokale Kunstwerke wie T-Shirts und Bilder, verkauft sie. «Ich wünsche mir, dass sich die Leute später beim Einkaufen vielleicht öfters mal überlegen: Was tue ich eigentlich in und an meinem Körper.» Es gehe ihr darum, das Bewusstsein für Konsum zu stärken.

Tee, Apéro und Ampellicht

Aber neben den Produkten will Moasser noch viel mehr anbieten. «Es gibt so viel Platz für vieles nebeneinander – es darf Schritt für Schritt immer mehr dazukommen.» The Phrontistery soll Laden, Teestube und Treffpunkt sein. Ein Ort für Events, Lesungen, Konzerte, für einen langen Apéro vor dem Partyabend, für Filmabende oder auch kleine Ampellicht-Partys, zählt sie auf.

Ampellicht-Partys? Moasser lacht und erklärt: «Man markiert sich dabei mit der Farbe grün, orange oder rot. Man ist also entweder total offen und zu haben, so halb offen oder ganz klar besetzt. So lernt man jemanden kennen und weiss sofort, womit man es zu tun hat.» Vielleicht treffe man an einer solchen Kennenlern-Party dann auf jemanden «Grünes», der einem gefalle, und ziehe dann gemeinsam weiter in den Ausgang. «Oder man lernt jemand Nettes kennen und weiss von Anfang an – Herz, hier gibt es nichts zu hüpfen.»

«Ich habe hier keine politische Stimme und werde wohl auch nie eine haben.»

Es soll aber trotz kleiner Partys und Vor-Ausgangs-Apéros relativ ruhig bleiben in der Phrontistery. «Es soll angenehm sein wie in einer Stube», betont Moasser und ergänzt lachend: «Aber es ist eben nicht die eigene Stube – man kann ein paar Stunden, einen Nachmittag oder Abend geniessen und dann wieder gehen. Das Vorbereiten und Aufräumen übernehme ich.» Platz hat Moasser auf jeden Fall genug in dem kleinen Lokal. Ein Raum ist sogar noch frei. «Vielleicht finde ich ja jemanden Offenes, der hineinpasst und der diesen Raum mieten möchte.»

Der Hinterhof der Phrontistery

Eine andere Art, mitzureden und mitzugestalten

Mit dem Lokal erfülle sie sich nicht nur einen Wunsch, sie wolle auch Luzern etwas zurückgeben. «Ich habe hier keine politische Stimme und werde wohl auch nie eine haben. Ich kann mich nicht an der Entwicklung der Stadt beteiligen, in der ich lebe und mich engagiere.» Mit The Phrontistery hab ich nun eine Stimme in Luzern.

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