Gefährliche Polizeikontrolle

Besoffener Autofahrer dreht durch

Nächtliche Routinekontrolle: Für zwei Luzerner Polizisten wurde es brenzlig. (Bild: Symbolbild, polizeinews.ch)

Zuerst betrinkt sich ein 45-jähriger Schweizer am Fest seiner Exfreundin im Aargau, dann fährt er los in Richtung Luzern. Als ihn die Polizei kontrollieren will, eskaliert die Situation. Nun liegt das Urteil des Kriminalgerichts vor.

Es gibt Momente, in denen entscheiden nur Sekundenbruchteile über Leben und Tod. Am Dienstag veröffentlichte das Luzerner Kriminalgericht das Urteil. Die Unterlagen sprechen für sich. Die Beweislage ist eindeutig. Der beschuldigte R.M. beschleunigt sein Fahrzeug zehn Meter vor einer Polizeikontrolle, bringt damit zwei Polizisten in «skrupelloser Weise» in unmittelbare Lebensgefahr, einer der Beamten wird verletzt und ein Unbeteiligter gefährdet. Dies offensichtlich nur, um einer Alkoholkontrolle zu entgehen. Aber alles der Reihe nach.

Stress mit der Ex

Die Vorgeschichte: Gemäss Zeugenaussagen stieg R.M. am Abend des 16. Mai 2012 in seinen Geländewagen und fuhr von seinem Wohnort in Solothurn an das Geburtstagsfest seiner Exfreundin ins Freiamt. Dort traf er um 19.30 Uhr ein. Der 45-Jährige sass an einem Tisch zusammen mit anderen Personen sowie zu Beginn auch mit den Eltern seiner Exfreundin. Er trank dabei mindestens einen halben Liter Rotwein sowie eine unbekannte Menge Martini.

Ungefähr um 21.30 Uhr forderte seine Exfreundin ihn auf, mit dem Trinken aufzuhören. Er soll von nun an «nur noch Cola trinken». Sie nervte sich über sein aufdringliches und überhebliches Verhalten. Zudem teilte sie R.M. mit, dass er nicht bei ihr übernachten könne.

Eine halbe Stunde später verliess R.M. in stark angetrunkenem Zustand und mit schwankendem Gang das Fest, er setzte sich ans Steuer seines Autos, fuhr los und machte vor den Augen einer Zeugin eine starke Bremsung. Nachdem er fünf Minuten auf der Strasse gewartet hatte, fuhr er mit seinem Geländewagen in schwenkender Fahrweise in Richtung Luzern.

Kontrolle durchbrochen

Gut zwanzig Minuten später kam es fast zur Katastrophe. In Inwil führten eine Polizistin und ein Polizist Verkehrskontrollen durch. Sie standen ungefähr in der Mitte der Fahrbahn, trugen orange Leuchtwesten mit Leuchtstreifen und der Aufschrift Polizei. In den Händen hielten sie leistungsstarke Taschenlampen, auf denen rote Kegel aufgesetzt waren. Beide blickten in Richtung Dietwil.

R.M. näherte sich um 22.20 Uhr mit ungefähr 60 bis 70 Stundenkilometern der Kontrollstelle. Die Polizistin und der Polizist gaben ein klares Haltezeichen. R.M. erkannte die klaren Weisungen der Polizeibeamten. Er verlangsamte seine Fahrt vor der Kontrollstelle. Gleichzeitig fuhr auf der Gegenfahrbahn ein anderes Auto auf die Kontrolle zu.

Dann passierte alles ganz schnell. Ungefähr zehn Meter vor den beiden Polizisten trat R.M. wieder aufs Gas und raste mit erhöhter Geschwindigkeit auf sie zu. Die Polizisitin rief noch «Achtung, der bricht durch». Beide sprangen zurück.

Während die Polizistin sich in Sicherheit bringen konnte, geriet ihr Kollege durch sein Ausweichmanöver auf die Gegenfahrbahn. Der Polizist wurde vom Rückspiegel des anderen Fahrzeuges getroffen und zu Boden geschleudert. Er brach sich das linke Handgelenk, zog sich einen Kreuzband- und einen Innenbandriss am rechten Knie sowie einen Riss des Innenbandes beim rechten Sprunggelenk zu.

R.M. schaute nach dem Durchbrechen der Verkehrskontrolle in den Rückspiegel, wie er später selber einräumte. Dabei nahm er eine Unfallsituation wahr und entfernte sich darauf, ohne anzuhalten, Richtung Inwil.

R.M. war vorbestraft

Das Luzerner Kriminalgericht kommt zum Schluss, dass der gebürtige Schweizer pflichtwidrig, unvorsichtig und fahrlässig handelte. Zwischen den Polizisten und dem Wagen betrug der Abstand lediglich einen halben Meter. Er missachtete die polizeilichen Weisungen, beschleunigte, um sich der Verkehrskontrolle und der sehr wahrscheinlichen Kontrolle zur Fahrunfähigkeit zu entziehen. Der Beschuldigte stritt ab, am Steuer betrunken gewesen zu sein. Zudem sei er auf seinen Führerschein angewiesen, sagte er dem Kriminalgericht.

Doch mehrere Zeugenaussagen belasteten R.M. schwer. Zudem ist er wegen angetrunkenen Zustands zweifach vorbestraft. Das Kriminalgericht spricht R.M. unter anderem der mehrfachen Gefährdung des Lebens schuldig, der Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte sowie der fahrlässigen Körperverletzung.

240’000 Franken Schulden

R.M. wird zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten verurteilt, unter der Anrechnung von zwei Tagen Untersuchungshaft. Von der Freiheitsstrafe sind acht Monate unbedingt zu vollziehen; für die restlichen 14 Monate wird dem Beschuldigten bei einer Probezeit von vier Jahren der bedingte Vollzug gewährt. Zudem hat der Beschuldigte dem Kriminalgericht insgesamt 7500 Franken Verfahrenskosten zu bezahlen.

Die geschädigten Polizisten klagten in diesem Fall noch zusätzlich vor Zivilgericht. Ihnen werden 6000 Franken Schadenersatz zugesprochen. Gegen das Urteil wurde Berufung angemeldet. Der Beschuldigte hat gemäss eigenen Angaben kein Vermögen, jedoch 240’000 Franken Schulden.

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