Infoabend zum Hirschpark Luzern

News vom Asylzentrum: Aufschrei? Fehlanzeige!

Lediglich 23 Leute wohnten der Informationsveranstaltung von Stadt und Kanton zum Asylzentrum Hirschpark bei. (Bild: les)

Der Hirschpark wird ausgebaut und von einem temporären zu einem dauerhaften Asylzentrum. Dies haben Stadt und Kanton Luzern entschieden. Regierungsrat Guido Graf räumt am Infoabend Fehler ein. Doch die Reaktionen der Anwohner darauf sind überraschend.

Das Asylzentrum Hirschpark wurde im Mai 2014 als temporäre Lösung für drei Jahre eröffnet. Nun haben Kanton und Stadt Luzern sich aber darauf geeinigt, dass die Anlage dauerhaft ein Asylzentrum bleibt (zentral+ berichtete). Und der Hirschpark wird ausgebaut. Statt 100 wird es nach dem Umbau 180 Sollplätze fassen. An einer Informationsveranstaltung standen der Luzerner Sozialdirektor Guido Graf und der Stadtluzerner Sozialdirektor Martin Merki den Bewohnern Red und Antwort.

Oder eigentlich muss gesagt werden, hätten Red und Antwort gestanden. Denn das Interesse für die Veranstaltung war sehr gering. Ganze 23 Personen folgten der Einladung der beiden Sozialdirektoren. Viele darunter ihres Amtes wegen als Mitglied der Begleitgruppe oder sonst in direkter Verbindung zum Asylzentrum. «Das Thema Asyl bewegt» lässt sich als Schlagzeile dieses Anlasses definitiv nicht verwenden. Aber das muss gar nichts Schlechtes bedeuten.

Das ehemalige Pflegeheim Hirschpark wird nun zu einem dauerhaften Asylzentrum umgenutzt (Bild: SRF).

Das ehemalige Pflegeheim Hirschpark wird nun zu einem dauerhaften Asylzentrum umgenutzt (Bild: SRF).

«Meine Einschätzung der Lage war falsch»

Als Erstes informierte Regierungsrat Guido Graf. Er präsentierte eindrückliche Zahlen zum Asylwesen im Kanton Luzern, und war schonungslos ehrlich. «Seit der Eröffnung des Hirschparks ist viel passiert», begann er seine Ausführungen. «Ich habe nie mit einer solchen Entwicklung der Zuwanderungsströme gerechnet. Und – ich nehme die Schuld auf mich – meine Analyse der damaligen Situation war völlig falsch.»

Guido Graf erläuterte die besondere Dynamik, die sich im Asyl- und Flüchtlingsbereich seit 2014 entwickelt hat.

Guido Graf erläuterte die besondere Dynamik, die sich im Asyl- und Flüchtlingsbereich seit 2014 entwickelt hat.

Die jetzige Situation sei so, dass der Kanton zu wenig Sollplätze habe (siehe Grafik) und nach Möglichkeiten Ausschau gehalten habe, wo solche realisiert werden können. Da das Asylzentrum Eichwald aufgrund der finanziellen Lage des Kantons gestrichen werden musste, wurde gemeinsam mit der Stadt der Ausbau des Asylzentrums Hirschpark beschlossen. «Die Liegenschaft ist in Kantonsbesitz und liegt in einer Nutzungszone für öffentliche Zwecke», erläuterte Graf. «Und es gibt kaum Probleme, im Hirschpark herrscht ein wirklich gutes Miteinander», lobte er. Graf brachte aber auch zum Ausdruck, dass das Areal weiterhin für die Luzerner Psychiatrie vorgesehen ist, diese allerdings momentan räumlich noch keinen Bedarf hat.

«228 Menschen auf 100 Plätzen kann ich nicht verantworten.»

Guido Graf, Luzerner Sozialdirektor

So viel zum Entscheid, den Hirschpark von einem temporären zu einem dauerhaften Asylzentrum zu machen. Für den Ausbau von 100 auf 180 Sollplätze ist aber etwas anderes fast wichtiger. «Im Dezember 2015 wohnten im Hirschpark 228 Menschen bei 100 Plätzen. Eine solche Überbelegung kann ich als Sozialdirektor nicht verantworten und bringt auch Probleme mit sich», erklärte Graf. Dass später aber wieder doppelt so viele Asylbewerber einquartiert werden, als es die Kapazität im Hirschpark erlaubt, ist für Graf keine Option.

Der Kanton startet nun das Umbauprojekt, das Baugesuch wird voraussichtlich Anfang Sommer 2016 eingereicht. Danach führt die Stadt Luzern ein ordentliches Baubewilligungsverfahren durch, das drei bis sechs Monate dauern kann. Mit einem Umbaustart ist also frühestens im Oktober zu rechnen. Ferner erklärte Graf, dass der Kanton Luzern weiter nach Standorten für ein Zentrum für unbegleitete minderjährige Asylsuchende Ausschau halte sowie für zwei Containersiedlungen.

«Man merkt kaum etwas»

Der städtische Sozialdirektor Martin Merki hob hervor, dass die Stadt als Standortgemeinde in der Pflicht stehen würde. «Als bevölkerungsstärkste Gemeinde des Kantons liegt das Soll je nach Berechnungsart bei 800 bis 900 Sollplätzen.» Oder für 1000 Einwohner muss eine Gemeinde 12 Asylbewerber unterbringen. Weiter habe die Stadt auch eine humanitäre Verpflichtung und sei bereit, Verantwortung zu übernehmen, so Merki. «Der Kanton hat sich bisher auch zurückhaltend bei der Unterbringung von Flüchtlingen in privaten Wohnungen gezeigt.» Dieser Aspekt ist besonders auch unter Berücksichtigung des sowieso schon knappen günstigen Wohnraums von Bedeutung. Merki räumte aber auch ein, dass die Stadt ihr Soll weiterhin nicht erfüllt; insbesondere da auch die Zivilschutzanlage Eichhof im April geschlossen wird, seien weitere Unterbringungen notwendig.

«Die Anwesenheit der Asylbewerber ist nicht gross spürbar.»

Pascal Studer, Quartierpolizist

Dann ergriff der Quartierpolizist Pascal Studer das Wort. «Aus Sicht der Polizei ist die Anwesenheit der Asylbewerber nicht gross spürbar», erklärte er. In einem Jahr hätte es genau eine Reklamation gegeben, wo allerdings postwendend eingegriffen wurde und das Problem gelöst werden konnte. Studer lobte die Leitung der Unterkunft, welche es äusserst gut im Griff habe. «Auch hausintern gibt es wenig Streitereien. Und kleine Reibereien gibt es auch, wenn sich viele Schweizer auf engem Raum bewegen müssen.»

Regierungsrat Guido Graf und der Stadtluzerner Sozialdirektor Martin Merki zeigen sich mit dem Betrieb im Asylzentrum Hirschpark sehr zufrieden.

Regierungsrat Guido Graf und der Stadtluzerner Sozialdirektor Martin Merki zeigen sich mit dem Betrieb im Asylzentrum Hirschpark sehr zufrieden.

(Bild: les)

Anwohner akzeptieren Situation

Die anschliessende Diskussion verlief so, wie man es eigentlich in der aufgeheizten Asyldebatte nicht kennt. Sehr ruhig, emotionslos und gelassen. Die wenigen anwesenden Anwohner haben sich an das Asylzentrum gewöhnt und praktisch keine Bedenken. So äusserte sich etwa Marianne Zaccaria, die Schulleiterin des St.-Karli-Schulhauses: «Es gibt absolut kein Problem mit dem Asylzentrum. Die Schule lädt die Kinder etwa an die Schülerfasnacht ein oder stellt Turnhallen zur Verfügung.» Sie lobte die Leitung des Zentrums, «wir alle wären mit der Situation überfordert». Auch die Einhaltung der Sperrzone für junge Männer funktioniere einwandfrei und wenn einmal etwas sei, könne man sich sofort melden und das Problem werde gelöst.

Auch die beiden Co-Präsidenten des Quartiervereins Luegisland waren vor Ort. Ihnen war vor allem die Frage nach der langfristigen, strategischen Planung mit dem Hirschpark und den Auswirkungen auf das Quartier wichtig. Guido Graf antwortete: «Ich habe gelernt, keine Belegungs- oder Jahrzahlen mehr zu nennen.» Dafür erntete er nicht etwa Zorn oder Ärger, sondern absolutes Verständnis. Und René Reinhard erklärte, dass es für das Quartier als Ganzes von Vorteil sei, dass die Asylbewerber im Zentrum gut betreut würden. «Die Gefahr, dass die Situation so entgleiten kann, ist viel geringer, als wenn die Personen unbetreut sind.» Darüber waren sich alle im Saal spürbar einig: Die Leitung des Hirschparks wurde mehrfach in den höchsten Tönen gelobt.

Ihnen gefällt dieser Artikel? Dann teilen Sie ihn via Facebook oder Twitter. Das wird Ihre Freunde freuen und hilft uns, noch bekannter zu werden!

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


0 Kommentare
    Apple Store IconGoogle Play Store Icon