Perlen des Lozärner Dialäkts

Wer weiss noch, was ein «Munifisel» ist?

Dieser Grosspapi weiss bestimmt, was ein Hänkuplüsch ist. (Bild: Emanuel Ammon/AURA)

Dialektwörter – ein Thema, welches unter Schweizern immer wieder gern stundenlang amüsiert diskutiert wird. zentral+ hat sich durch einen Berg von Lozärner Wörterbüechern gekämpft und dabei die aarigsten und altmödeligsten Worte gefunden.

Der Stolz auf den eigenen Dialekt und die Freude am Vergleichen und Hervorkramen verloren gegangener Mundartwörter ist dem Schweizer eigen. Auch die zentral+-Redaktion nimmt sich davon nicht aus und hat einige der Lozärner Wörterbüecher durchforstet.

Anpassen, aber nicht verlieren

Es scheint jedoch, als würden spezifische Ausdrücke aus unserem Wortschatz verschwinden. Die Erklärung von Ueli Bischof, der an der Pädagogischen Hochschule Luzern eine Projektarbeit zum Luzerner Dialekt verfasste, ist: «Wir wollen verstanden werden. Unterhalten wir uns mit Personen, die einen anderen Dialekt sprechen, kann unsere Wortvielfalt zum Gesprächshindernis werden.» Die Folge: Wir passen uns an und benutzen öfters überregionale Dialektausdrücke. In städtischen Gebieten schreitet dieser Prozess noch schneller voran.

Und dennoch verschwindet der Dialekt nicht, ist Bischof überzeugt. Auch weitere sprachwissenschaftliche Studien zeigen: In der Schweiz hat der Dialekt einen guten Stand. Während er in grossen Teilen Deutschlands immer mehr verloren geht, pflegen die Deutschschweizer Kantone die Tradition der Mundart.

Auffällig ist, wenn man sich durch die zahlreichen Bücher über Dialekte wühlt, dass immer wieder Worte für Geizhälse, zänkische Frauen, Lebemänner oder dicke Männer, süsse Kinder oder Lausbuben auftauchen. Und bereits im Kanton Luzern variieren die Aussprachen oder gar die Ausdrücke stark. Auch Einflüsse aus dem Italienischen und dem Französischen finden sich immer wieder.

Hier eine kleine Aufzählung – und wer alles kennt, darf sich wahrlich Ur-Lozärner schimpfen:

Aleemarsch – vorwärts
Äckegstabi – Halscheeri – Steifer Nacken
Aahou – Aahäulig – Mutsch – Mugger – Anschnitt vom Brot
Aupeneier – Muniseckel – Stierhoden
Aupechaub – Clown
aarig – kurlig – sonderbar
aberhëibsch – unschön
allport – häufig

Aarig kann bei Nicht-Luzerner erstmal eine kleine Verwirrung auslösen. Bringt man es doch am ehesten mit dem Wort Arier, dem Ideal der Nationalsozialisten, in Verbindung. Da mögen wir kurlig doch etwas lieber.

Blööijele – Blauer Fleck
Boleeti – Laferi – Plagööri – Grossmaul
Brosi – Bläätich – Chnüui – dicker Mann
Baschta – Fertig
Balaari – Rausch
Bodesuri – Trübu – Gschiirlisi – lebhaftes Kind
boosge – Böses tun, etwas anstellen
Bröff – Zahnstummel

charchle – röcheln
chodere – Schleim ausspucken
chuute – stürmen
Chlämmerlisack – Chnuupesaager – Chnyperi – Gyznäpper – Rappespalter – Geizhals
Chlupfhuen – schreckhafte Person
Chlüüf – Grobian

Bei der Anzahl an Worten für den Geizhals, die einen förmlich anspringt, wenn man Dialektwörterbücher durchkämmt, kommt man zum Schluss, dass Herr und Frau Schweizer ganz schöne Chnuupesager sein müssen.

Finöggu – zartes Geschöpf
födlelääi – lauwarm
figureetle – etwas machen
Fägnäscht – unruhiges Wesen
Fazenetli – Taschentuch

Fazenetli zeigt eine der schönsten Seiten unserer mehrsprachigen Schweiz: das Einverleiben von Worten aus dem Italienischen und dem Französischen. Während uns jedoch viele Worte aus dem Französischen wie Velo, Lavabo, Jalousie oder Trottoir ganz normal vorkommen, ist Fazenetli – vom italienischen Fazzoletti – doch eine Seltenheit.

Gagel – Munition
Giftschisser – böser Hetzer
Gänggaliwaar – Gfotz – Karsömpu – billiges Zeug
Grötz – Intelligenz/Hirn
gschprängt – gleitig – schnell/eilig
Gföu – Glück
Ghöi – Durcheinander
ginöffle – verwundert schauen
Gschtellaasch – wenn viel Zeug herumsteht
Guggumere – Gurke

Mit dem billigen Zeug scheinen die Urschweizer ebenfalls so ihre Erfahrungen zu machen. Auffällig ist dabei nur, dass im Dialekt offenbar gerne Doofes und Unangenehmes mit kreativen Worten bedacht wird.

Hampëissi – Ameise
Hänkuplüsch – Frottétuch
Häftlimacher – kleinlicher, genauer Mensch
Hausbändu – Krawatte
Huschili – Hotsch – unselbstständige, schusselige oder unmotivierte Frau
hääl – rutschig
Hornere – typisches Februarwetter

Jöiki – Herumtreiber
Justämänt – richtig

Kudämänt – sofort
Käär – Kätsch – Gezank

Länderböde – Holzsandalen
Luftibus – Lumbazi – Schlawiner – Lebemensch/unbesorgte Frohnatur
Latüütere – Taschenlampe
Lismer – Pullover

Merzefläcke – Sommerprossen
Mämmeler – Höckeler – Möschteler – Süffel – Trinker
moff – sauer, wütend
Mettel – Regenwurm
Munifisel – getrockneter Stierpenis (als Viehtreibpeitsche)

Was ein Munifisel ist, braucht man heute grundsätzlich nicht mehr zu wissen – obwohl man sich über diese seltsame Art, Vieh zu «treiben», ziemlich amüsieren kann. Oft finden sich altertümliche Dialektworte für handwerkliche Arbeiten oder Werkzeug darin, die heute gar keine Bedeutung mehr haben. Eine ganz natürliche Veränderung, schreibt auch Ueli Bischof in seiner Arbeit – denn wenn Bräuche oder Arbeitsweisen an Bedeutung verlieren, geschieht dasselbe mit dem zugehörigen Wortschatz.

Nüüteli – schwächliches Kind

Paraplüü – Regenschirm
Parisol – Sonnenschirm
Pfluttere – Bränte – vollleibige Frau

Riibiise – Rääf – Ruech – Scheesä – Tschättere – zänkische Frau
rompusorig – übel gelaunt
Rübis und Tschtübis – total
rüüdig – sehr (Krankheit von Füchsen)

Das Schweizer Weibervolk scheint ein zänkisches zu sein, traut man den Dialektwörterbüchern der Luzerner.

schtaregangs –schnell
Schwelti – eine Menge
Schragglä – Hexe
Schnösu – Schnüfu – härziges Ding
schnäderfräsig – heikel
Sidiaan – raffinierter, frecher Typ
Striizi – Lausbub
Schüdele – Totenschädel
Schwümm – Pilze

Ein raffinierter Typ sei der Sidiaan, heisst es in einigen Dialektbüchern. Doch die Auslegung geht von sehr negativ bis äusserst positiv. So hat der Begriff in der Zentralschweiz einen fast heldenhaften Unterton, wohingegen er in Teilen Deutschlands oder im Elsass eher negativ behaftet sei. Die Herleitung von «Satan» ist daher in Luzern weniger Thema als die andere Variante, die das Wort vom französischen Citoyen ableitet.

Törligiiger – Flütteri – Durchfall
Tschugger – Polizist
Tüüfusnadle – Libelle

Wie es zum Törligiiger kam, kann man sich lebhaft vorstellen. Wenn die Tür zur Toilette auf und zu – und auf und zu – geht.

Wer jetzt noch nicht genug hat, der sollte sich das «Soorser Wöörterbüechli» von Claudio Hüppi besorgen. Darin finden sich über 5000 Wörter und 2000 Redewendungen. «Wimmer so redt» von Josef Röösli-Balmer widmet sich der Entlebucher Mundart. «Luzerner Typen der Mundart» von Hans Kurmann oder «So isch üs de Schnabel gwachse» von Gerhard Bättig haben ebenfalls eine ganze Menge zu bieten. Oder für die Faulen: Auch auf dialektwörter.ch finden sich zahlreiche spannende Mundartausdrücke.

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3 Kommentare
  • Profilfoto von Eugen Fischer
    Eugen Fischer, 27.03.2022, 07:44 Uhr

    Sehr gut, aber es gibt noch viele andere Wörter, die längst vergessen sind.

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  • Profilfoto von Roli Gubser
    Roli Gubser, 12.01.2016, 11:36 Uhr

    Ich möchte noch auf das Buch «Mund-Art – Die Sprache der Luzerner Hinterländer» von Josef Zihlmann, erschienen im Buchverlag Willisauer Bote, 6130 Willisau, aufmerksam machen.

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  • Profilfoto von Sarastro
    Sarastro, 11.01.2016, 17:26 Uhr

    Schön, dass unsere «lokale Muttersprache» wieder mal ein Thema ist. Da gibt’s aber noch einige Ausdrücke mehr, z.B.
    Heregägu – Göuerettli, Moswei, Goschueli, Chlöni, Gaggalari, Bouschli, (Hose)Bomper, weidli, zäntome, u.s.w.
    Claudio Hüppi hat eine umfangreiche Sammlung im «Soorser Wöörterbüechli» zusammen getragen.
    Was mich befremdet ist der Unfug, den Wörtern, die mit einem e enden, in der Mehrzahl ein -ne anzuhängen. Es ist mir unerklärlich, woher diese (Sau)Mode kommt. Selbst am Fernsehen ist sie gang und gäbe: Dort spricht man von (Wetter)Zelle-ne, Kurve-ne, Themen-e……u.s.w. etc.
    Schon lange hört man für da (hier) nicht do, sondern do-ne. Woher stammt wohl dieser Unsinn?

    J. Willi

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