Zug: Staatsanwalt verlangt hohe Haftstrafen

Spektakulärer Betrugsprozess

Am Zuger Strafgericht wird ab 12. Januar 2016 ein grosser Betrugsfall verhandelt. Ein erstes Verfahren wurde 2011 eingestellt.

(Bild: mbe.)

Am 12. Januar 2016 beginnt der Prozess gegen Jürgen K. vor dem Zuger Strafgericht. Vorgeworfen wird dem Deutschen, seiner Ehefrau und drei Mitangeklagten gewerbsmässiger Betrug, Geldwäscherei und Misswirtschaft. Ein erstes Verfahren scheiterte in Zug, es kam gar nicht erst zum Prozess.

Die Zuger Justiz beschreibt im Internet unter «Verhandlungstermine» jeweils die kommenden Prozesse. Schon aus der Beschreibung dieses Falls wird klar: Da ist ein grosser Fisch an der Angel.

Fünf Angeklagte müssen nacheinander vor Gericht erscheinen, für jeden Beschuldigten sind mehrere Verhandlungstage reserviert, insgesamt zwölf. Die Zuger Staatsanwaltschaft fordert unbedingte Freiheitsstrafen zwischen 1,5 Jahren und 7,5 Jahren für die Beschuldigten. Der Prozess dauert vom Januar bis Mitte März.

Schaden von 7,2 Millionen Franken

Vorgeworfen wird den Angeklagten gewerbsmässiger Betrug, gewerbe- und bandenmässige Geldwäscherei, ungetreue Geschäftsführung und Misswirtschaft. Den vier Hauptbeschuldigten wird zur Last gelegt, über ein eigens dafür aufgebautes Vertriebssystem in der Zeit von April 2006 bis Mai 2007 Aktien einer wertlosen Gesellschaft, sogenannte «Penny-Stocks», verkauft zu haben.

Dies in betrügerischer Art und Weise. Rund 325 Aktienkäufer sollen so in die Irre geführt worden sein. Der  Vermögensschaden wegen gewerbsmässigem Betrug beziffert sich auf rund 7,2 Millionen Franken, schreibt das Strafgericht. Denselben Beschuldigten wird ausserdem gewerbs- und bandenmässige Geldwäscherei vorgeworfen.

Grosses Interesse erwartet

Die Verhandlungen in diesem Betrugsprozess sind öffentlich. Das Zuger Strafgericht rechnete mit einem grossen Interesse der Öffentlichkeit und bat, sich bis 7. Dezember anzumelden. Der Andrang hält sich aber bisher in Grenzen. «Bisher gingen sieben Anmeldungen ein», heisst es auf Anfrage beim Strafgericht.

Was viele nicht wissen: Das Ehepaar K., das mit drei weiteren Beschuldigten vor Gericht sitzen wird, beschäftigt nicht nur die Justizbehörden. Die Sendungen «Dok» und «Kassensturz» des Schweizer Fernsehens SRF prangern die Geschäftsmethoden des Jetset-Paares seit Jahren an. Bisher ohne Folgen. Das SRF spricht auf seiner Webseite von seiner «Enthüllung der jahrelangen dubiosen Geschäfte».

Im Juli 2014 wurde das Ehepaar K. schliesslich doch von der Zuger verhaftet und in Untersuchungshaft gesetzt. «Viel zu spät», schrieb SRF im August 2014. Das Ehepaar habe in der Schweiz seit den 90er-Jahren «Millionen von Franken erschwindelt». Zuerst mit psychologisch angehauchten Wohlfühlseminaren und dann mit illegalen Schneeballsystemen. Die Rede ist von 40 bis 50 Millionen Franken, das Geld sei verschwunden.

Firma mit Sitz in Baar

Am meisten abkassiert haben der deutsche Staatsangehörige J.K. und seine Ehefrau mit asiatischen Wurzeln laut einem «Dok»-Beitrag (siehe unten) mit der Max Entertainment Group mit Sitz in Baar.

Um diese Firma geht es im Prozess, der am 12. Januar beginnt. Die Firma mit einem Aktienkapital von 700’000 Franken ist laut Handelsregistereintrag inzwischen gelöscht.

Max Entertainment hätte laut SRF im Jahr 2006 die Kampfsportart Mixed Mar­tial Arts zuerst in der Schweiz und dann in Deutschland pushen sollen. «Dok» schrieb dazu: «Dazu gehörten Wettbüros an Grossveranstaltungen. Parallel sollten Sportartikelverkauf und Merchandising die Firmenkasse füllen. Dank inszenierten Shows im Fernsehen und teurer Werbung überzeugte K. potenzielle Geldgeber, mit Aktien in das Startup-Unternehmen einzusteigen. Telefonverkäufer köderten Investoren mit einem geplanten Börsengang.» Doch meistens floss das Geld gar nicht in diese Firma: Das Ganze sei ein raffiniertes Schwindelsystem gewesen.

Einer der Geschädigten war der Luzerner Sportler Rafael Perlungher, der in die USA ausgewandert und später mit einer erfolgversprechenden Geschäftsidee in die Schweiz zurückkehrte. Perlungher vertraute die Finanzierung seines Projektes einem Finanzspezialisten an: J.K. Dessen Vergangenheit kannte er nicht.

«Dok»-Beitrag kritisiert Zuger Justiz

Die Zuger Staatsanwaltschaft hatte schon früher gegen die Beschuldigten ermittelt. Ganze vier Jahre lang. Das erste Verfahren wurde aber 2011 eingestellt. Für eine Anklage wegen Betrugs hätten die Erkenntnisse nicht gereicht. «Täuschungshandlungen konnten mithin nicht nachgewiesen werden», wird die damalige Staatsanwältin zitiert. Der «Dok»-Beitrag kritisierte die Zuger Behörden und sprach von einer «Fehleinschätzung».

Einige Monate später gab das Obergericht des Kantons Zug einem Geschädigten Recht. Dieser hatte gegen die Verfahrenseinstellung der Staatsanwaltschaft Beschwerde eingelegt. Die Folge: Das Obergericht hob die Verfahrenseinstellung auf, die Zuger Staatsanwaltschaft musste den Fall neu aufrollen.

Ein neuer Staatsanwalt beurteilt die Machenschaften von J.K. und seiner Frau nun anscheinend anders als seine Vorgängerin. Weder die Staatsanwaltschaft noch das Zuger Strafgericht wollten vor dem Prozessbeginn gegenüber zentral+ Stellung nehmen.

Hohe Hürde für Verurteilung

Das Paar und seine mitangeklagten Helfer sind nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Deutschland bestens bekannt. Von dort stammen viele der Geschädigten. In unserem nördlichen Nachbarland wäre das Ehepaar wohl schon lange hinter Gittern. Doch der Hauptbeschuldigte J.K. profitiert bei seinen Geschäften von einer Eigenart im schweizerischen Strafrecht.

Einerseits muss dem Täter Arglist nachgewiesen werden. Das heisst: Der Kläger muss aufzeigen, dass der Täter den allfälligen Betrug perfide und durchtrieben geplant hat. Und seine Opfer mit einem «Lügengebäude» in die Irre geführt hat. Andererseits hängt Betrug von der «Opfermitverantwortung» ab: Wer allzu unkritisch war, ist selber schuld.

Die Hürde, für Betrug verurteilt zu werden, ist also hoch. Versuche, die Regelung im Schweizer Strafrecht zu ändern, sind bisher gescheitert. Im Bundesparlament probierte es zuletzt der Zürcher Strafrechtsprofessor und damalige Nationalrat Daniel Jositsch. Sein Vorstoss, der mehr Schutz für die Geschädigten (statt für die Täter) verlangte, hatte aber keine Chance.

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