Die heikelsten Punkte des Luzerner Velokonzepts

Stadt hält an Velo-Tunnel fest – trotz absehbarem Abriss

Veloparkiersysteme wie diese hier beim Bahnhof Luzern sind sehr platzsparend und sollen künftig vermehrt zum Einsatz kommen.

(Bild: lwo)

Der Stadtrat will den Veloanteil bis in fünf Jahren verdoppeln und bis 2035 verfünffachen. Dazu will er massiv mehr Veloparkplätze anbieten. Doch diverse Massnahmen sind rechtlich umstritten, politisch heikel, sehr teuer oder noch völlig unklar. Im Interview mit zentral+ nehmen Stadtrat Adrian Borgula und Martin Urwyler vom Tiefbauamt Stellung.

Um der Bevölkerung das Velofahren in der Stadt schmackhaft zu machen, will der Stadtrat unter anderem viel mehr und bessere Veloparkierungsplätze realisieren. Bis 2017 sollen in einer ersten Etappe 850 zusätzliche Veloparkplätze entstehen, 2600 sollen optimiert werden. In einer zweiten Etappe sollen noch viel mehr Parkplätze hinzu kommen. Am 28. Januar entscheidet das Stadtparlament über den Kredit von 1,63 Millionen Franken für die erste Tranche. Die grosse Übersicht mit allen Zahlen und Grafiken dazu finden Sie hier. zentral+ sprach an der Medienkonferenz diesen Freitag zusätzlich mit dem zuständigen Stadtrat Adrian Borgula und mit Martin Urwyler, Projektleiter Mobilität, über die kniffligsten Punkte.

Adrian Borgula (links) und Martin Urwyler an der Medienkonferenz diesen Freitag.

Adrian Borgula (links) und Martin Urwyler an der Medienkonferenz diesen Freitag.

(Bild: lwo)

zentral+: Der alte Posttunnel führt unter den Gleisen hindurch und könnte Platz für rund 430 Veloabstellplätze bieten. Das wäre für viele Velofahrer enorm praktisch. Zusammen mit der neu zu erstellenden Treppe an der Habsburgerstrasse würde das Projekt gegen 2,5 Millionen Franken kosten. Würden dann aber der Tiefbahnhof dereinst realisiert, müsste das alles wieder abgerissen werden. Warum will der Stadtrat trotzdem das Projekt trotz leeren Kassen weiter führen und nächstes Jahr mit einem Planungskredit ins Stadtparlament?

Adrian Borgula: Weil die Rückmeldungen von den im Planungsprozess involvierten Personen durchwegs positiv sind. Natürlich müssen wir dies dann im Parlament diskutieren. Wir sind aber überzeugt, dass das Potential dieses Projekts gross ist. Weil der Tunnel den SBB gehört, arbeiten wir auch eng mit ihnen zusammen. Ein möglicher Baustart wäre so ab 2018 möglich.

«Die Autoparkplätze vor dem Zurgilgenhaus sind aus Sicherheitsgründen problematisch.»

Adrian Borgula, Vorsteher Direktion Sicherheit, Umwelt und Verkehr

zentral+: Am Kapellplatz/Zurgilgenplatz beim Schwanenplatz sollen mittelfristig alle neun Autoparkplätze aufgehoben werden. Das würde Platz geben für 190 Veloparkplätze. Tönt gut für die Velofahrer, weil der Platz sehr zentral ist, tönt aber schlecht für die Auto- und Taxifahrer, die die Parkplätze genauso schätzen.

Borgula: Dieser Punkt wird sicher zu Reden geben. Aber man muss sehen: Diese Autoparkplätze sind aus Sicherheitsgründen problematisch. Die Ein- und Ausfahrten auf die Seebrücke oder den Schweizerhofquai sind gefährlich. Zudem sind neun Parkplätze von über 12’000, die es in der Stadt gibt, nicht viel.

zentral+: Die Stadt will die Velovermietung Nextbike weiter ausbauen. Warum? Ich sehe kaum je solche Fahrräder auf der Strasse. Dafür gammeln sie in den Veloständern vor sich hin.

Borgula: Dann fahren Sie aber nicht sehr aufmerksam durch die Stadt (lacht). Nextbike wird rege genutzt.

Martin Urwyler: Dieses Angebot wird auch dank Firmen vermehrt genutzt. Diese reservieren Velos für ihre Mitarbeiter. Auch die städtischen Mitarbeiter können das Angebot gratis nutzen.

zentral+: In der Altstadt braucht es laut Stadtrat noch mehr Veloparkplätze. Eine Variante wäre, eine neue Velostation beim Ausgang des sich in Planung befindlichen Parkhauses im Musegghügel zu realisieren. Wie realistisch ist das und wie weit ist hier die Planung?

Urwyler: Die Initianten des Projekts schauen nun, ob und wie eine solche Velostation möglich wäre. Diese müsste sicher im Ausgangsbereich des Tunnels, der von den Parkplätzen zum Grendel führt, realisiert werden. Konkreteres können wir aber noch nicht sagen.

«Es zeichnet sich jetzt schon ab, dass die Umsetzung einer Bearbeitungsgebühr für wild abgestelle Velos heikel würde.»

Adrian Borgula, Stadtrat

zentral+: Gemäss Bericht des Stadtrates wird nächstes Jahr auch eine Strafmassnahme gegen Velofahrer geprüft, die ihr Fahrrad «wild» irgendwo abstellen. Wenn die Leute vom Velodienst diese Velos umstellen müssen, könnten die Velofahrer mit einer Busse respektive einer Ordnungsgebühr bestraft werden. Wie konkret sind diese Pläne?

Borgula: Wir sind noch an den Abklärungen. Allerdings zeichnet sich jetzt schon ab, dass die Umsetzung heikel würde. Denn zuerst müssten wir eine rechtliche Grundlage für diese Gebühr erarbeiten, und das scheint schwierig.

zentral+: Wenn Autofahrer sich nicht an die Parkierungsregeln halten, werden sie ruckzuck gebüsst. Bei Velofahrern passiert nichts. Haben andere Städte solche Bussen etwa schon eingeführt?

Borgula: Nein, davon wüsste ich nichts. Wir schauen diesen Punkt nun im Rahmen des überarbeiteten Reglements über die Nutzung des öffentlichen Grundes genau an und entscheiden dann.

zentral+: Die riesige Velostation hinter dem Bahnhof nahe der Uni ist nur zu einem Drittel ausgebucht. Dort hätte es also noch viel Platz. Wären die Velofahrer nicht so faul, die paar Meter um den Bahnhof zur Station zu fahren, könnte sich die Stadt teure neue Veloparkplätze in Gebiet Hirschmatt sparen.

Borgula: Wir probieren ja, die Velofahrer auf das Angebot aufmerksam zu machen. Etwa mit einer verbesserten Signalisation. Aber das nützt nur bedingt. Wir sind arbeiten wir dran, wie wir die Velostation noch besser auslasten können. Dass die Velofahrer faul sind, würde ich übrigens so nicht sagen. Die Zufahrt zur Velostation ist von der Neustadt her sicher nicht optimal und nicht attraktiv.

Urwyler: Zudem muss man sagen, dass wir die Velostation damals einfach so gross wie nur irgendwie möglich gemacht haben. Wir haben von den SBB den Platz erhalten und die maximale Anzahl Veloparkplätze realisiert. Dies war aber kein Fehler, denn wenn etwa die Grossüberbauung Rösslimatte hinter dem Bahnhof, Richtung Tribschen realisiert wird, werden wir um diese Plätze froh sein.

zentral+: Die Veloständer entlang der Zentralstrasse sind sehr praktisch, weil sie gedeckt und zentral sind, aber ziemlich hässlich. Verändert sich dort etwas?

Urwyler: Nur betreffend des Parkierungssystems. Dieses wird ausgewechselt, der Rest bleibt.

zentral+: Mehr Veloparkplätze sind das eine, um die Leute aufs Umsteigen zu bewegen. Bessere und sicherere Veloverbindungen das andere. Was macht die Stadt hier als nächstes?

Urwyler: Am 29. Februar beginnen die Bauarbeiten für den Veloweg auf dem alten Zentralbahn-Trasse von Luzern nach Kriens/Horw (zentral+ berichtete). Zudem starten im April die Strassenarbeiten im Gebiet Hirschmatt-West. So entstehen auch dort mehr durchgehende Veloverbindungen.

Stadtrat Adrian Borgula gibt den Journalisten nach der Medienkonferenz diesen Freitag Auskunft.

Stadtrat Adrian Borgula gibt den Journalisten nach der Medienkonferenz diesen Freitag Auskunft.

(Bild: lwo)

 

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