zentral+ an der Zuger Messe

Der Rettungsguide für alle Mitgeschleppten

Kein Käse, sondern französischer Nougat wird hier verkauft. (Bild: wia)

Wir haben keine Lust auf Möbel kaufen. Wollen keine Beine enthaaren, und Magenbrot hatten wir auch schon genug. Wir durchforsten die Zuger Messe nach ungewöhnlichen Ständen und witzigen Produkten. Stattdessen werden wir fast von einer Partei rekrutiert. Mit Geheimwaffen.

Was, wenn man an der Zuger Messe landet, aber eigentlich gar nicht so Lust darauf hat, sich mit Mixerverkäufern und Möbelpolierern zu unterhalten? Dann gibt es zwei Lösungen. Die einfachste Variante ist es, sich von Weinstand zu Weinstand zu hangeln. Nur dürfte das bei der dritten Halle bereits problematisch werden, wenn man dem Show-Gemüseschneider die Show stiehlt und lauter rumkrakeelt als er. Die zweite Variante wäre, unserem unvollständigen, völlig subjektiven und durchaus wirren Zuger Messeführer zu folgen.

Wir beginnen gleich bei Halle 3 – einfach, weil die per Zufall gerade beim Eingang ist. Los, auf die Suche nach Spannendem. So einfach ist das nämlich gar nicht. Nach fünf Minuten haben wir schon drei Bouillonstände und gefühlte 25 Weinstände passiert, von den Möbelfirmen ganz zu schweigen. Die sehen zwar zum Teil ganz nett aus, doch wollen wir heute kein Sofa kaufen. Nein, wir brauchen etwas Aufregendes.

Gesundheits- versus Gourmetstand

Oha, kaum passt man nicht auf, gerät man in die Fänge einer Gesundheitsfirma, die einem mit Körperanalyse-Geräten auflauert. Und das verheisst nie Gutes. Die Geräte messen nämlich den Körperfettanteil. Und gerade war doch erst Cervelat- und Glacézeit, zudem haben wir die ersten Käse-, Speck-, und Süssigkeitenstände erst gerade hinter uns gebracht. Also nein. Schnell weg hier.

Mit dem Körperanalysegerät auf der Lauer.

Mit dem Körperanalysegerät auf der Lauer.

(Bild: wia)

Rettung ist in Sicht, denn gleich gegenüber besagtem Gesundheitsstand ist «Stefan» stationiert. Einerseits in echt, als rundlicher Mann, anderseits als Marke von etlichen Kräutermischungen, welche zu Dips verarbeitet durchprobiert werden können.  Der Stand ist umzingelt von Menschen. Um Flucht zu finden vor der Realität des Fettmessgeräts? Um sich Boden anzufuttern für die kommenden Weinstände?

Wir begeben uns wieder in den Strom, der uns in Schlangenlinien durch die Halle zieht. Gebäudeversicherung Zug. Stopp! Beim Spiel, das hier angeboten wird, sind Chirurgenhände von Vorteil. Wer schafft es, dem heissen Draht mit dem Metallring nachzufahren, ohne ihn zu berühren? Zu gewinnen gibt’s gebrannte Mandeln.

Mit Wein wird das ohnmächtige Volk angelockt

Die SVP bewirtet einen Stand. Dem Stadt- und Kantonsrat Philip C. Brunner gelingt es immer wieder, sich einzelne Besucher aus dem Menschenstrom zu schnappen und sie dann mit – zugegeben – sehr gutem Weisswein bei Laune zu halten. Und zack, ist man mitten in einer politischen Diskussion, die man nie führen wollte. Die SVP-Formulare liegen schon bereit, um unterschrieben zu werden. Bevor Brunner ein weiteres Mal nachschenken kann, ziehen wir von dannen. An diesem Stand ist Vorsicht angesagt. Sonst findet man sich womöglich bald in einem Wahlvideo wieder.

Würste für Hund und Katz werden hier vertrieben.

Würste für Hund und Katz werden hier vertrieben.

(Bild: wia)

Weiter geht’s, mäandernd über den weinroten Teppich. Das erste Déjà-vu kommt alsbald. Hier waren wir doch bereits. Oder nicht? Doch nicht, verrät uns ein riesiger Stand. Hier gibt’s alles für den geliebten Vierbeiner. Beispielsweise eine suspekt anmutende Wurst mit der Aufschrift «Winterzauber». Ja wie jetzt, kriegen die Köter nun schon Lebkuchen und Zimtwurst? Nicht doch. Die Wurst enthält vielmehr Lebertran und Lachs. Lustig finden wir die «B.A.R.F Ergänzung Büffelhornstreifen». Ob die Produzenten wohl wissen, was «barf» auf Englisch bedeutet?

Ob die Verkäufer wohl Englisch können?

Ob die Verkäufer wohl Englisch können?

(Bild: wia)

Eine Ecke weiter gibt es einen Stand, an dem man sich aus der Hand lesen lassen kann. Eine schöne Abwechslung, finden wir. Der Betreiber blickt erwartungsvoll. Zu erwartungsvoll. Wir lassen es sein. Gehen weiter und passieren auffallend viele Enthaarungsstände. Scheint also gross in Mode zu sein.

Bunt und glibberig

Hinaus auf den Platz, rein in den Stall. Denn, man kann es drehen und wenden wie man will, der Streichelzoo gehört seit Jahrzehnten zu den Highlights der Messe. Abseits vom ganzen Messetreiben hat man hier seine Ruhe und kann sich den frisch geborenen Geisslein, Ferkeln und Kälbern zuwenden.

Fröhlich grunzend liegen die Schweinchen bei Mama Sau.

Fröhlich grunzend liegen die Schweinchen bei Mama Sau.

(Bild: wia)

Irgendwann ist genug gekrault, wir sind wieder in Einkaufslaune. Da vorne tummeln sich ganze Menschenmassen vor einem Stand. Was es da wohl gibt? Es ist ein Händler, der sich vollends auf Silikonwaren spezialisiert. Ja, doch, die Euphorie ist durchaus berechtigt, gibt es hier doch allerlei Buntes fürs Auge, und dazu ist das Zeug auch noch lustig glibberig beim Anfassen.

An diesem Stand gibt es allerhand aus Silikon

An diesem Stand gibt es allerhand aus Silikon

Datteln, bis die Zähne schmerzen

Und dazwischen, umgeben von «Schweizer Illustrierte»-Aboverkäufern, V-Zug-Backofen und Edelweiss-Gummistiefeln, fällt ein Stand ganz besonders auf. Es handelt sich um ein iranisches Ehepaar, das persische Tees, Gewürze und Trockenfrüchte verkauft. Diese Exotik ist eine willkommene Abwechslung. Erst recht, weil man von der Iranerin immer wieder mit süssen Datteln und sauren Pflaumen versorgt wird. So lange, bis die Zähne schmerzen. Zum Glück wartet draussen das Elmex-Zahnpasta-Mobil.

Beim Iraner kann man lange verweilen.

Beim Iraner kann man lange verweilen.

Nun. Es ist nicht ganz so einfach, an der Zuger Messe Aussergewöhnliches, Spektakuläres zu finden. Doch vielleicht geht es hier genau darum. Dass sich der Besucher wie schon während der letzten zehn Jahre über das Schaukeln des Wasserbetts freuen kann. Mit Dutzenden Goodies den Sammlerinstinkt ausleben kann und hin und wieder verstohlen die Hand ins Blubberbad gleiten lassen darf. Und immer dran denken: Wenn’s zu viel wird – einfach Zuflucht im Streichelzoo suchen. Tief durchatmen. Und dann wieder rein ins Getümmel.

Die Zuger Herbstmesse hat am Samstag begonnen und geht bis am 1. November 2015.

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