Zuger Tüftellabor auf Sponsorensuche

Unterstützung aus New York

Die ikonenhafte Pose haben sie schon mal drauf: Die kleinen Einsteins im Tüftellabor Zug. (Bild: pbu)

Beliebt bei den Kindern, gemieden von Sponsoren. Das «Tüftellabor Einstein» in Zug ist ausgebucht, kämpft aber um finanzielle Mittel. Mitunter gar im Ausland – und dies mit Erfolg.

Der Name ist Programm: Einstein – Physiker, Erfinder der Relativitätstheorie, Genie und natürlich auch: Tüftler. Ob in den Räumen des ehemaligen Zuger Kantonsspitals ebensolche bahnbrechenden Entdeckungen ertüftelt werden, ist zwar ungewiss. Sicher aber ist, dass dieser Tage experimentiert, gewerkelt und ausprobiert wird, was das Zeug hält. Denn vom 6. bis 9. Oktober findet das dritte Tüftelcamp der Schweiz statt (siehe Box). Auch das «Tüftellabor Einstein» in Zug macht dabei wieder mit – und ist seit Tagen restlos ausgebucht. Gut ein Dutzend Kinder arbeitet an ihren Projekten. Selbstgemachte Klangkörper stehen heute auf dem Programm – und deren Schallwellen erfüllen ungeniert die Räumlichkeiten.

Neuland betreten

Tüftelcamp 2015

In elf verschiedenen Tüftellaboren, Freizeitwerkstätten und Jugendzentren können Kinder und Jugendliche zwischen neun und 19 Jahren vom 6. bis 9. Oktober am dritten Tüftelcamp der Schweiz teilnehmen. Vom Appenzell über Luzern und Zug bis nach Basel haben junge Entdecker die Möglichkeit, mit verschiedensten Materialien zu hantieren und ihre ganz eigenen Kreationen zu entwerfen. Selbst vom heimischen Wohnzimmer aus kann mitgemacht werden. Denn das Camp macht es möglich, sich per Livestream mit den Labors zu verbinden und von zu Hause aus an den Experimenten teilzunehmen. Das Tüftelcamp ist eine gemeinsame Initiative der Schweizer Tüftellabore, tecmania.ch und tüfteln.ch.

Das Freizeitangebot für Bastler ab neun Jahren trifft scheinbar den Nerv der Zeit. «Es ist ein Angebot für alle Gesellschafts- und Kulturschichten», sagt Geschäftsführer und Laborleiter Andreas Feyer. Talent brauche es nicht unbedingt, sagt er. Neugierde und Spass am handwerklichen Gestalten würden ausreichen. Davon scheinen die anwesenden Einsteins in spe eine Menge zu haben. Stolz präsentieren sie einander selbstständig konstruierte Trompeten, Trommeln und Nebelhörner.

Der Verein Tüftellabor Einstein Zug wurde 2009 gegründet. Seit 2010 befindet sich das Labor im obersten Stock des Nordtrakts in der ehemaligen Kinderabteilung des Kantonsspitals Zug. Hier konnten unterschiedlichste Werkstätten und Ateliers eingerichtet und für Kinder und Jugendliche zur Verfügung gestellt werden. Auf grosszügigen 400 Quadratmetern stehen den jungen Düsentriebs an drei Tagen in der Woche professionelles Werkzeug und eine Unmenge an Materialien zur Verfügung. Bezahlen müssen sie lediglich das Material, die Benützung der Geräte ist kostenlos.

«Es kommt jedem Kind zugute, wenn es weiss, wie man lötet und was eine Agraffe ist.»

Andreas Feyer, Laborleiter im Tüftellabor Einstein

Andreas Feyer, der das Labor seit gut einem Jahr leitet, spricht von einer wertvollen Ergänzung zum schulischen Angebot. «Es kommt jedem Kind zugute, wenn es weiss, wie man einzelne Materialien behandelt, wie man lötet oder weiss, was eine Agraffe ist.» Viele Kinder, die ins Tüftellabor kommen, würden diesbezüglich absolutes Neuland betreten, konstatiert er.

Pensionäre als Coaches

Es ist laut und lebendig im Labor. «Es herrscht eine prickelnde Stimmung, die ansteckt», sagt Feyer, während einer der Coaches mittels Megaphon verlauten lässt, dass bald die Präsentation der gebastelten Instrumente auf dem Plan stehe. Es sind mehrere Coaches da, welche den Kindern mit Rat und Tat zur Seite stehen: Pensionäre, aber auch Langzeitarbeitslose, denen hier eine gewisse Struktur geboten wird.

«Das Konzept mit Pensionären als freiwillige Coaches funktioniert super», ist Feyer erfreut. Viele von ihnen hätten fundierte Fachkenntnisse auf verschiedensten technischen Gebieten – vom ehemaligen Abteilungsleiter bis zum einfachen Handwerker. Wobei: «Die Fachkompetenz kommt erst an dritter Stelle», fügt der Laborleiter an. «Wichtiger noch sind Teamfähigkeit und die Kompetenz, mit den Kindern umgehen zu können.»

«Es prallen Welten aufeinander. Damit muss man umgehen können.»

Andreas Feyer

Entsprechend sei es nicht ganz einfach, gutes Personal beziehungsweise Freiwillige zu finden. Aktuell werden gerade wieder Leute gesucht. Man müsse mit den Gegebenheiten zurecht kommen, sagt Feyer. Er meint damit den Umstand, dass hier Kinder am Werk sind und es nicht immer ganz so geordnet zu und her geht, wie sich das die Pensionäre aus ihrem früheren Arbeitsleben gewohnt sind. «Es prallen Welten aufeinander. Damit muss man umgehen können.»

Zeitraubende Sponsorensuche

Geeignetes Personal zu finden sei aber nicht die einzige Herausforderung, die das Tüftellabor zu bewältigen hat. Weit mehr Kopfzerbrechen bereitet dem Geschäftsführer die Suche nach finanziellen Mitteln: «Es ist ein alljährlicher Kampf, Geldgeber zu finden. Von zehn Sponsorenanfragen kommt im Durchschnitt eine positive Antwort zurück», sagt Feyer.

«Das Jahresbudget beträgt etwa 140’000 Franken.» Der grösste Teil davon – Feyer spricht von gut 80’000 Franken – mache allein die Miete aus. «Wir sind überglücklich, dass der Kanton diesen Posten übernimmt. Es ist unsere Basis, dass wir gratis hier drin hausen können.» Trotzdem, der Rest muss über Sponsoring generiert werden.

«Den letzten Zuschlag von 10’000 Dollar bekamen wir aus New York.»

Feyer, der lieber mit den Kindern tüftelt, als durch die Sponsorenarbeit an den Schreibtisch gefesselt zu sein, sieht sich diesbezüglich aber mitunter in einer vorteilhaften Position: «Dadurch, dass in Zug viele internationale Firmen ihren Sitz haben, verfügen wir in gewisser Weise über einen Standortvorteil.» Anträge würden international gemacht. So fliessen die Gelder zuweilen aus Übersee. «Den letzten Zuschlag von 10’000 Dollar bekamen wir aus New York.»

2018 soll nicht Schluss sein

Bereits heute ist das Tüftellabor auf der Suche nach geeigneten und günstigen Räumen für den Zeitpunkt, wenn das Areal im Jahr 2018 verlassen werden muss. Feyer macht sich jedoch noch keine grossen Sorgen. «Wir sind relativ gelassen, was 2018 angeht.» Die Vorstellungen vom künftigen Domizil sind jedenfalls bereits konkret. Die neuen Räume sollten möglichst vielseitig nutz- und gestaltbar, hell und gegen Lärm gedämpft sein.

«Wir suchen etwas im Raum Zug. Zentral sollte es sein, damit die Kinder ohne grossen Aufwand zu uns kommen können», sagt Feyer. Dass das nicht ganz einfach werden wird, ist ihm vollends bewusst. Er bleibt aber optimistisch: «Wir haben bisher immer einen Weg gefunden. Auch durch widrigste Umstände.»

Keine Begabtenschule

Dann ist es auch schon so weit, die kleinen Einsteins präsentieren ihre Werke via Livestream anderen Tüftlern aus der ganzen Schweiz. Wobei, die Rede von Einsteins sagt Andreas Feyer nicht wirklich zu. Nicht, weil es am Erfindergeist fehlen würde, sondern weil es suggerieren könne, dass das Labor ausschliesslich für Jungen gemacht sei. «Wir wollen explizit auch Mädchen bei uns haben», betont Feyer. Deshalb sei es ihm lieber, wenn der Name des grossen Physikers gestrichen würde.

Dies auch, weil eine Verwechslungsgefahr mit einer Hochbegabtenschule bestünde. «Das sind wir aber nicht», betont Feyer. «Wir wollen die Tüftelfreude bei Kindern wecken. Das ist unsere Philosophie, die sich seit den Anfängen nicht verändert hat.» Der Verein hält jedoch am Namen fest. Letztlich ist es ein kleines Detail, das zumindest auf die Kinder nicht abschreckend wirkt. So sind mittlerweile knapp 400 Kinder in der Tüftler-Datenbank verzeichnet – Tendenz steigend.

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