Von tiefen Steuern und fehlenden Singles

So denken Expats über Zug

Die Stadt Zug. Viele Expats leben hier. Doch wie denken sie über Stadt und Leute? (Bild: zvg)

Sie bringen ökonomische Wertschöpfung und verleihen Zug internationales Flair: die Expats. Viel mehr weiss man von ihnen aber nicht. Da lohnt sich ein Blick ins Expat-Onlineforum. Denn da nehmen sie kein Blatt vor den Mund und sagen, was sie wirklich über Zug denken.

«Ich spiele mit dem Gedanken, mit meinem Mann und unseren zwei Kindern nach Zug zu ziehen. Es ist ein grosser Schritt. Ich habe bereits viel über die Stadt gelesen. Aber ich wäre froh, wenn ihr, die ihr bereits in Zug lebt, mir noch mehr Informationen geben könntet.» Dieser Aufruf stammt von einer Ungarin und steht im «English Forum Switzerland», einem Portal für Expats, die in die Schweiz ziehen wollen oder bereits hier leben.

Anfragen solcher Art finden sich zuhauf auf der Seite. Noch zahlreicher sind die entsprechenden Antworten. Vom kurzen Statement («schöne Landschaft, schön ruhig, schön seelenlos und schön teuer») bis hin zu ausführlichen Abhandlungen, welche jegliche Eventualität in die Ratschläge mit einbezieht, findet sich die gesamte Palette an Erfahrungsberichten. Das bietet einen aufschlussreichen Einblick darüber, was Expats von Zug halten.

Zug: ein Eldorado für Expats?

Vom ersten bis zum letzten Platz

Glaubt man dem Befund der letztjährigen Erhebung von «The Expat Explorer», kommt die Schweiz bei den Expats im Grossen und Ganzen zwar äusserst schmeichelhaft weg. Bei bestimmten Punkten sind die Ergebnisse aber miserabel (siehe Grafik): Freunde finden, letzter Platz; soziales Leben, Platz 33; Anpassung an die neue Kultur, Platz 29; Integration am Wohnort, Platz 28 – bei einem Ländertotal von 34.

Ein ähnliches Ergebnis zeitigt die diesjährig durchgeführte Umfrage des Expat-Portals «Internations» (siehe Grafik). Auch hier versagt die Schweiz punkto sozialer Integration (Platz 58 von 64). Sechs von zehn Befragten fällt es offenbar schwer, Schweizer Freunde zu finden. Und stattliche 43 Prozent der befragten Expats empfinden die hiesige Bevölkerung als unfreundlich.

Das ist insofern spannend, als unlängst medial darüber berichtet wurde, dass Expats die Schweiz zunehmend meiden würden. Nicht, weil es hier nicht schön sein sollte. Und ganz sicher nicht, weil der Kontostand am Ende des Monats zu gering ausfallen würde. Nein, die Schweizer seien das Problem. Oder genauer: Die Integration klappe nicht recht, die Expats bekundeten Mühe, Freunde zu finden und am sozialen Leben teilzunehmen (siehe Box).

Dennoch: «In Zug hat es viele Expats», bemerkt ein Forumsmitglied namens Brian. Man komme gut mit Englisch durch. Deutsch zu lernen, sei zwar hilfreich, aber nicht einfach, fügt er an. Ausserdem müsse man sich vor Augen halten, dass Zug keine Stadt, sondern ein Dorf sei. «Das Gute an Zug ist, dass es nahe von Zürich und Luzern liegt», schreibt Brian weiter.

Um Deutsch zu lernen, böten sich Lektionen bei der Migros Schule an, schaltet sich ein anderer Forumsteilnehmer ein. «Soviel ich weiss, ist das die günstigste Variante. Es gibt auch die Möglichkeit, Privatunterricht zu nehmen. Das ist aber teuer.» Es sei kei Problem, die Kinder auf die öffentliche Schule zu schicken, denn sie würden die Sprache sehr schnell lernen, meint eine gewisse Rachel. «Ich verstehe kein Wort, wenn sich meine Tochter in Schweizerdeutsch unterhält», sagt sie und schiebt ein zwinkerndes Smiley hinterher.

«Zug ist ein toter Ort»,

heisst es in einem Forumsbeitrag.

Für Familien top, für Singles flop

Zug sei auf jeden Fall hervorragend, um eine Familie aufzuziehen, schreibt ein Expat aus England. «Tiefe Steuern, eine sehr schöne Altstadt, ein grosser See und gute, saubere Luft. Friedlich und gut für die Seele.» Zug sei ein ruhiger Platz, an dem nicht viel passiere. Ideal für Familien, schreibt jemand unter dem Pseudonym Richard. Ein gewisser Felix spricht gar von der am meisten zivilisierten Gesellschaft. «Party-Animals» seien hingegen in Zürich besser aufgehoben. «Als Single ist es schwierig, sich zu integrieren. Zu viel ist auf Paare und Familien ausgerichtet», heisst es an einer Stelle.

Es gibt durchaus auch kritische Stimmen. «Zug ist ein toter Ort», beklagt sich ein Forumsmitglied. Es sei langweilig, alle Geschäfte hätten spätestens um 18 Uhr geschlossen und das Nachtleben sei gänzlich inexistent. «Eine total öde Stadt, die man in nur einem Nachmittag erkundet hat.»

«Zug ist wie ein verschlafenes Touristenkaff in Maine – ausserhalb der Saison.»

Forumsmitglied Larry

In Zug regne es häufig und es sei oft neblig. Zuweilen werde die Anonymität einer grossen Stadt vermisst. In einem Eintrag wird bemängelt, dass es in Zug keine brauchbaren Singles gäbe: «Um jemanden kennenzulernen, bleibt mir nichts anderes übrig, als nach Zürich zu fahren. Gibts in Zug denn keine Singles?»

Kulturell erlebe man einen Schock, mahnt Forumsmitglied Larry. Zug sei wie ein verschlafenes Touristenkaff in Maine – ausserhalb der Saison. «An Sonntagen ist alles geschlossen.» Wer sich mehr Leben gewohnt sei, solle besser nach Zürich. In Zug sei einfach nichts los, und zwar ständig, schreibt jemand unter dem Pseudonym Cupcake. «Luzern ist viel besser, was das Einkaufen, den sozialen Anschluss und das kulturelle Angebot betrifft.»

Die Schweizer Mentalität

Und wie steht es um die Zuger Freundlichkeit? «Die Leute sind nicht überfreundlich, aber auch nicht feindlich – ausser mein Nachbar, natürlich», lautet ein Forumseintrag. «In Zug ist es einfacher, neue Leute zu treffen, als in Zürich», schreibt ein Community-Mitglied. Auffallend ist, dass insbesondere die hohe Dichte an englischsprechenden Expats im Kanton immer wieder lobend erwähnt wird. Dadurch sei es ein Leichtes, Kontakte aufzubauen. Auch hier wäre es vorteilhaft, eine Familie zu haben.

Es geht aber auch anders: «Die Leute sind komisch», schreibt jemand unter dem Pseudonym Pinkpanter. Es sei schwer, mit Einheimischen ins Gespräch zu kommen. «Das liegt wahrscheinlich an der Schweizer Mentalität.» Andernorts heisst es: «Ohne Deutsch hast du keine Chance. Selbst wenn du die Leute in Englisch ansprichst, antworten sie in ihrer Landessprache. Das sind sehr ignorante Menschen.»

Vom Lobgesang bis zur Hassrede: Die Forumseinträge zeichnen ein ambivalentes Bild von Zug. Einige Schlussfolgerungen lassen sich dennoch ziehen. Für Familien scheint Zug genau das Richtige zu sein. Singles sollten sich besser für Zürich oder Luzern entscheiden, weil da einfach mehr los ist. Auf keinen Fall solle man sich nach Schwyz begeben. Oder in den Worten von Henry: «Meide den Kanton Schwyz wie ein hässliches, schleimiges Tentakelmonster. Er wird bewohnt von Wilden – und stinkt nach Kühen.»

The Expat Explorer 2014

The Expat Explorer 2014

(Bild: zvg)

Expat Insider 2015, Internations

Expat Insider 2015, Internations

(Bild: zvg)

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