Strassen und Gassen Luzerns – die Baselstrasse

Schrille Vielfalt und urbanes Gewusel

Die Baselstrasse wurde Zeugin einer versuchten Tötung. (Bild: cha)

Manche Läden in dieser Strasse wirken, als hätte sie der Zufall hingestellt. Und selbst ein Blick ins Schaufenster klärt nicht immer darüber auf, ob Sachen verkauft oder bloss zwischengelagert werden. Die Baselstrasse ist ein Ort des wirren Nebeneinanders. Vielleicht ist gerade deshalb Luzern nirgends städtischer als hier.

Auf den Trottoirs der Strasse präsentieren die verschiedenen Lebensmittel- und Spezialitätengeschäfte ihre Frischwaren. Ein Blick durch die Schaufenster zeigt auf engstem Raum einen Querschnitt aus Alltagsgegenständen, welche im Herkunftsland des Ladenbesitzers von Bedeutung sind. Von Heiligenstatuen über Textilien bis hin zum landestypischen Joghurt: Man zeigt, was man hat, und kümmert sich wenig um stilistische oder thematische Einheitlichkeit.

Vom Rotlichtmillieu merkt man tagsüber kaum etwas. Christian Wenk vom Quartierverein BaBel meint dazu: «Nachts brennt im einen oder anderen Fenster ein rotes Licht. Und es gibt Etablissements.» Aber im Alltag an der Baslerstrasse merkt man davon kaum etwas.

Dem Image des Problemviertels entkommen

Die Gegend rund um die Baselstrasse war nie wohlhabend. Urs Häner, Druckereiarbeiter, Theologe und seines Zeichens Untergrundgänger, sagt: «Als vor der Pfistergasse noch ein Stadttor – das Baslertor – stand, war sie Teil des vorstädtischen Bereiches, wo die Arbeiterfamilien wohnten und sich das Kleingewerbe ansiedelte.» Heute hat dieses Gebiet einen Ausländeranteil von rund 50 Prozent und wird von vielen Luzernern als Problemviertel wahrgenommen. Die direkt Betroffenen wollen davon jedoch nichts wissen: «Ihre» Baselstrasse hat viel zu bieten, und die Bewohner sind mit Engagement dabei, das Image aufzubessern.

«An der Baselstrasse kann man eine Weltreise machen, ohne das Klima zu belasten.»

Urs Häner, Theologe und Untergrundgänger

Internationale Spezialitäten

«An der Baselstrasse kann man eine Weltreise machen, ohne das Klima zu belasten», wirbt Urs Häner und spricht damit die hohe Anzahl an Spezialitätenhändlern in der Strasse an. Das Angebot ist so vielfältig, dass die Vereinigung UntergRundgang unter dem Namen «Shop and Food» einen kulinarischen Quartierrundgang anbietet. Bei diesem kann man sich in den Läden mit fremdländischen Besonderheiten eindecken und wird zum Schluss landestypisch bekocht. Dora Cecchini, Mitinitiatorin von «Shop and Food» und Besitzerin eines kleinen mexikanischen Take-aways, sagt: «Seit 20 Jahren arbeite ich hier und biete meine Spezialitäten an. Manche Leute sagen, das sei die gefährlichste Strasse Luzerns. Doch bisher hatte ich noch nie Probleme.» Zu ihrer Kundschaft zählt sie Landsleute ebenso wie Studenten und Professoren der nahe gelegenen Kunsthochschule.

Kinderreichste Gegend Luzerns

Täglich fahren an der Baselstrasse 21’000 Autos vorbei – ein kinderfreundliches Quartier sieht anders aus. Dennoch zählt das Quartier zu den kinderreichsten der ganzen Stadt Luzern. Christian Wenk, Quartierarbeiter Stadt Luzern meint: «Die Kinder nutzen die Räume, die sich ihnen bieten. Gleich hinter unserem Büro gibt es eine eigentlich unattraktive Gasse, dort spielen die Kinder in ihrer Freizeit Fussball. Auch der Schulhausplatz wird rege genutzt.» Man setzt auf eine gute Vernetzung unter anderem mit der St. Karli Kirche und dem Sentitreff, um den Jüngsten im Quartier Gelegenheiten zu bieten, sich auszuleben. Während unserem Gespräch betritt eine Teenagerin das Büro, ruft »Die neue Bravo!» und beginnt in einer Zeitung zu blättern. «Freizeitgestaltung ist ein wichtiger Schwerpunkt, da gehört auch dazu, dass die Jungen einen Ort haben, wo sie die Bravo lesen können.»

Kultur, Ausgehmeile und Aussichtspunkt

Auch am Abend hat die Baselstrasse viel zu bieten. Für alle, die noch nicht dazu gekommen sind, lohnt sich auf alle Fälle eine ausgedehnte Beizentour. Von der Metzgerhalle, welche sich kleine, aber feine Konzerte, DJs und leckere Snacks auf die Fahne geschrieben hat, bis zur Gewerbehalle, die auf einen Mix aus Elektro, Jazz, Pop und Singer-Songwriter setzt. Wer auf markigen Rock und Metal steht, dürfte in der Bruch Brothers Bar gut bedient sein. Der Klub Kegelbahn hat sich seit seiner Entstehung zu einer festen Grösse in Sachen Underground-Elektro entwickelt. Groove-Musik und Improtheater gibt es im Madeleine.

Eine etwas andere Art der Unterhaltung gibt es ein wenig oberhalb der Baselstrasse. Dort befindet sich der von weitem sichtbare Prunkbau Château Gütsch. 1888 in Anlehnung an das Schloss Neuschwanstein erbaut, ist er kaum mehr aus dem Stadtbild von Luzern wegzudenken. Jahrelang dümpelte der Prachtbau vor sich hin, bis er mit neuen Besitzern schliesslich wieder zum Leben erwachte und viele sich erhofften, dass die Gütschbahn endlich wieder ihren Betrieb aufnimmt. Seit 2013 gerieten die Bauarbeiten an der neuen Gütschbahn allerdings immer wieder ins Stocken. Nachdem im November 2014 der städtischen Beteiligung in Höhe von 1,7 Millionen Franken zugestimmt wurde, kann die Bahn nun auf Ende August fertiggestellt werden. Und so wird die eigenartige Liaison zwischen der archaischen Baselstrasse und dem üppigen Luzerner Lustschloss wieder hergestellt. Irgendwie gehören sie halt doch zusammen – beide sind auf ihre Art bizarr. Und das verbindet.

Einige Impressionen aus der Baselstrasse:

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