Letzte Chance für Zuger Versicherungsbetrüger

Ein Einbruch, der keiner war

Das Zuger Obergericht hat die Geschichte vom angeblichen Wohnungseinbruch nicht geglaubt. Der Besitzer der Wohnung hatte alles arrangiert, um die Versicherung zu betrügen.

(Bild: Symbolbild Fotolia)

Ein vorbestrafter 42-jähriger Schweizer hat nochmals eine Chance bekommen. Mit einem fingierten Wohnungseinbruch versuchte er, seine Versicherung um 385’000 Franken zu betrügen. Wenn er sich drei Jahre lang nichts zuschulden kommen lässt, muss er seine Strafe nicht antreten.

Die Eigentumswohnung in Baar muss an diesem Frühlingstag 2008 wie ein Schlachtfeld ausgesehen haben: Die Einrichtung kaputt geschlagen und unter Wasser, Küchenutensilien, das Bad, die halbe Wohnungseinrichtung ist weg. Der Wohnungseigentümer war kurz vor dem Einbruch in die Ferien gefahren. Die nicht eingeweihte Mutter rief den Sohn daraufhin an, dass bei ihm eingebrochen worden sei. Doch in Wirklichkeit war alles arrangiert, vom Sohn. Um seine Versicherung zu betrügen.

Das Obergericht hat den aus Oberägeri stammenden Mann nun wegen versuchten Betrugs und Irreführung der Rechtspflege zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwölf Monaten und einer bedingten Geldstrafe von 1800 Franken verurteilt. Die Probezeit beträgt drei Jahre. Dies geht aus dem schriftlichen Urteil hervor, das zentral+ vorliegt. Die Staatsanwältin, die Berufung gegen das Urteil des Strafgerichts eingelegt hatte, hatte eine Freiheitsstrafe von mindestens 24 Monaten gefordert. Zwölf Monate davon sollte der Mann effektiv ins Gefängnis.

Zu lange zurückliegend

Am 2. Juli fand der Berufungsprozess am Zuger Obergericht statt (zentral+ berichtete). In seinem Urteil lässt das Obergericht wegen verschiedener Bedenken Milde walten. Insbesondere wurden Vorstrafen von 2004 und 2007 vom Strafgericht für die Strafbemessung herangezogen. Das erscheint dem Obergericht zu lange zurück liegend. Nur die Straftat von 2007 könne noch berücksichtigt werden. Zudem sei das Beschleunigungsgebot im Verfahren verletzt worden, der versuchte Betrug ereignete sich bereits 2008.

Seit 2012 verhält er sich ruhig

Heute ist der Täter verheiratet mit einer Südamerikanerin und hat mit ihr ein kleines Kind. Er hat eine IV-Rente beantragt, weil seine Sehleistung stark beeinträchtigt sei. Er sei früher an die falschen Kollegen geraten und «habe Scheisse gebaut», zitiert das Obergericht den Beschuldigten im Urteil. Heute lebe er verantwortungsbewusst und habe sich bei der Geburt seiner Tochter geschworen, sich daran halten zu wollen.

Der Mann beging verschiedene Vermögensdelikte. Er wurde aber auch wegen einfacher Körperverletzung verurteilt, und zwar wegen eines Vorfalls im April 2012. Damals mischte er einer Bekannten ein starkes Beruhigungsmittel in den Kaffee, worauf die Frau gesundheitlichen Probleme bekam. Seit diesem Delikt habe er sich klaglos gehalten, schreibt das Obergericht.

Einbruch war keiner

Dass der Mann versucht hat, seine Versicherung zu betrügen und für den Polizeirapport falsche Angaben gemacht hat, sieht das Obergericht als klar erwiesen an. Er hatte einen Schaden von über einer halben Million gemeldet, seine halbe Wohnungseinrichtung als gestohlen gemeldet, die Wohnung war zerstört. «Verschiedene Verhaltensweisen des Beschuldigten lassen darauf schliessen, dass er den Einbruch in seine Wohnung in Auftrag gab, um anschliessend eine möglichst hohe Versicherungssumme kassieren zu können.» Einerseits hatte der Mann die Versicherungssumme mehrmals erhöht vor dem angeblichen Einbruch.

Zudem achteten die «Einbrecher» gar nicht auf den Wert der Gegenstände. Es seien gezielt Dinge zerstört worden, die in modernen Ausführungen wiederbeschafft werden könnten wie die Küchenmöbel, der Glaskeramikherd und anderes Mobililar. Gegenstände von affektivem Wert wie Legomodelle, Spirituosen oder die CS-Sammlung des Mannes seien von der Zerstörungswut verschont worden. Der Mann hatte zuerst einen bestimmten Nachbarn beschuldigt. Bei einer Hausdurchsuchung fanden die Behörden jedoch keine Hinweise. Dann hatte der Beschuldigte generell neidische Nachbarn für den «Einbruch» verantwortlich gemacht.

Arglistig vorgegangen

Der Mann sei arglistig vorgegangen. Darin stimmt das Obergericht der Staatanwaltschaft zu. Das täuschende Verhalten des Beschuldigten sei nicht einfach zu durchschauen gewesen. Das Strafgericht hatte ihn vom Vorwurf der Irreführung der Rechtspflege freigesprochen, weil es erhebliche Zweifel daran hatte, dass der Einbruch nur vorgetäuscht war.
Die Allianz-Versicherung habe ihre «Opfermitverantwortung» genügend wahrgenommen, findet das Obergericht. Sie habe der Polizei verschiedene Ungereimtheiten gemeldet und zahlte nicht.

Der Mann erhält jetzt also eine letzte Chance. Bewährt er sich nicht, muss er ins Gefängnis. Zudem muss er die Verfahrenskosten zu grossen Teilen bezahlen.

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