Ein Zeichen gegen Gewalt

Grosse Solidarität für Emmer Gewaltopfer

Die Anteilnahme für das Gewaltopfer war gross. (Bild: Nora Breuer)

Auch einen Monat nach der brutalen Vergewaltigung der jungen Frau in Emmen ist die Betroffenheit in der Bevölkerung gross. An der Solidaritätsfahrt vom Samstag hatte man die Gelegenheit, dem Opfer einen Brief zukommen zu lassen – auch die Eltern haben sich an die Anwesenden gewandt.

Wer nicht wusste, warum sich am späten Samstagnachmittag weit über 200 Velo- und Rollstuhlfahrer wie auch zahlreiche Fussgänger am Mühlenplatz versammelten, hätte wohl kaum auf den traurigen Hintergrund schliessen können. Ein Monat ist seit dem tragischen Vergewaltigungsfall einer 26-jährigen Frau am Dammweg in Emmen vergangen – und die Solidarität gegenüber dem Opfer und dessen Angehörigen reisst nicht ab.

Die Menschen versammelten sich, um ihrer Anteilnahme Ausdruck zu verleihen, um sich gemeinsam auf den Weg in Richtung jenes Ortes zu begeben, wo vor kurzer Zeit das Leben einer jungen Frau durch ein brutales Verbrechen zerstört wurde. Unter ihnen befinden sich Frauen und Männer jeden Alters, Familien wie auch Vertreter der Stiftung für Schwerbehinderte Luzern (SSBL), für welche das Opfer bis vor kurzem noch als Fachfrau Gesundheit tätig war.

Ein Zeichen gegen alle Formen der Gewalt

Begleitet von der Polizei machten sie sich nach 17 Uhr gemeinsam auf den Weg in Richtung Emmen. Es war jedoch kein Trauermarsch. Etwas Aussergewöhnliches lag in der Luft – etwas Positives und Hoffnungsvolles, das nur schwer zu fassen war. Die weissen Bänder, die an den Velos, Handgelenken, Kinderwagen und Hundehalsbändern befestigt wurden, verliehen dieser Stimmung Ausdruck.

«Für mich ist es immer noch unfassbar, dass so etwas passieren konnte.»
Isabel Grüter

Sie dienten als Zeichen der Verbundenheit – sei dies unter den Anwesenden als auch gegenüber dem Opfer. Dieses Erkennungszeichen soll auch nach der Solidaritätsfahrt an den Velos präsent sein, so wünscht es das Organisationskomitee. Als Zeichen gegen Gewalt.

«Ich bin tief betroffen von diesem brutalen Verbrechen», sagt Isabel Grüter aus Luzern. Darum habe sie gemeinsam mit ihrer Schwester beschlossen, an der Solidaritätsfahrt teilzunehmen. «Ich möchte, dass die junge Frau weiss, dass wir an sie denken und mit ihr fühlen. Für mich ist es immer noch unfassbar, dass so etwas passieren konnte», so Grüter weiter. «Es gibt einem zu denken, dass man als Frau selbst hier nicht mehr sicher ist.»

Nachrichten, Blumen und Kinderzeichnungen

Im Schritttempo ging es auf dem Velo oder zu Fuss entlang des Sankt Karli-Quais zur Geissmattbrücke, weiter auf dem Veloweg entlang des linken Reussufers bis zum ehemaligen Spielplatz am Reusszopf in Reussbühl. Obwohl sich der Tatort nicht dort befindet, wurde hier ein Kirschbaum gepflanzt, der an die Tat erinnern soll.

«Die Vision eines Lebens ist vernichtet worden.»
Rolf Maegli, Direktor der SSBL

Trotz der vielen Menschen war es ein sehr persönlicher Anlass. An jeden Teilnehmer wurden Karten und Schreibzeug verteilt, um eine Nachricht an das Opfer und dessen Familie zu schreiben. Diese konnte im Anschluss in eine Box gelegt werden. Neben den vor Ort verfassten Briefen wurden mitgebrachte Nachrichten, Blumen und Kinderzeichnungen unter das Bäumchen gelegt. Ein sehr emotionaler Moment für viele der Beteiligten.

Diese Box mit Briefen, Blumen und Kinderzeichnungen wird dem Opfer und dessen Angehörigen überreicht.

Diese Box mit Briefen, Blumen und Kinderzeichnungen wird dem Opfer und dessen Angehörigen überreicht.

Familie des Opfers ist dankbar

«Die Vision eines Lebens ist vernichtet worden», sagt Rolf Maegli, Direktor der SSBL, in einer kurzen Ansprache gegen Ende der Veranstaltung. «Das lässt ein Gefühl der Ohnmacht aufkommen.» Doch diese Ohnmacht sei die falsche Antwort, betont er. «Gewalt ist in unserer Gesellschaft allgegenwärtig. Sie richtet sich stets gegen Schwächere.» Deshalb sei es an der Zeit, jede Form von Gewalt zu benennen und zu verurteilen. 

«Das gibt uns Kraft – Kraft daran zu glauben, dass das Gute letztlich über das Böse siegen wird.»
Familie des Opfers 

«Ein Monat nach der Tat ist die Solidarität noch gross», so Maegli weiter. «Doch was wird in einem Jahr sein?», fragt er. «Während es für uns weitergeht, ist das Opfer durch diese Tat gezeichnet.» Darüber solle man nachdenken und sich konsequent gegen Gewalt einsetzen. «Man muss etwas machen, das über diesen Tag hinweg Bestand hat.»

Am Ende der Veranstaltung liest Maegli einen kurzen Brief der Familie des Opfers vor, die sich sehr über die Unterstützung seitens der Bevölkerung freut. «Das gibt uns Kraft – Kraft daran zu glauben, dass das Gute letztlich über das Böse siegen wird.»

Organisatoren blieben anonym

Wie angekündigt blieben die Organisatoren auch während der Solidaritätsfahrt anonym (zentral+ berichtete). Obwohl die Helfer anhand roter und gelber Bänder erkennbar waren, wurden den Medien gegenüber keine offiziellen Auskünfte erteilt. «Wir möchten nicht mit Namen erwähnt werden, weil es bei der Solidaritätsfahrt nicht um uns, sondern um das Opfer und deren Angehörige geht», sagte ein Mitglied des OKs vergangene Woche gegenüber zentral+.

Die Familie des Opfers sei nicht anwesend gewesen, hiess es am Samstag. Dennoch waren Angehörige vor Ort, wie durch Gespräche zu erfahren war.

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