Hochwasserschutz gerät ins Stocken

Schäden von 7,5 Mio. Franken – und es werden immer mehr

Unwetterschäden in Dierikon: Machen Aufräumarbeiten unabdingbar und lassen neue Schwachstellen entstehen. (Bild: les)

Ein Trümmerfeld blieb zurück. Die Folgen des Unwetters vom letzten Monat waren verheerend – und bringen die Luzerner Hochwasserschutzbemühungen durcheinander. Immerhin: Am Götzenbach scheint sich eine Trendwende abzuzeichnen.

Anfang Juni in Luzern: Ein heftiges Unwetter tobt in Stadt und Agglomeration. Starke Überschwemmungen richteten üble Schäden an, zwei Menschen kamen ums Leben und das politische Nachspiel liess nicht lange auf sich warten (zentral+ berichtete).

Der Aufwand, den man zwischenzeitlich in den betroffenen Gemeinden Adligenswil, Dierikon, Luzern und Udligenswil für Not- und Sofortmassnahmen betrieben habe, werde auf rund 1 Million Franken geschätzt, erläutert Albin Schmidhauser, Abteilungsleiter Naturgefahren. «Abflussprofile wurden wiederhergestellt und Gerinne repariert», konkretisiert er. «Das hat uns in unserem Programm natürlich zurückgeworfen. Kantonal existieren tausende Schwachstellen. Diese gilt es zu beheben. Solch verheerende Unwetter, wie jenes vom Juni, lassen aber zusätzliche Schäden entstehen, welche unser Programm auf den Kopf stellen.»

Schäden entstanden nicht nur an Flussverläufen. Das Ausmass der Zerstörung wird deutlich, wenn man einen Blick auf die eingegangenen Schadensmeldungen wirft. Bei der Gebäudeversicherung Luzern wurden bis dato 430 Fälle registriert. «Dabei handelt es sich um Schäden an Gebäuden, ohne Inventar, Infrastruktur und Fahrzeuge», erklärt Peter Sidler, Leiter Versicherung. «Konkrete Zahlen betreffend Kosten können wir noch nicht vermelden, aber wir schätzen, dass sich die Schäden auf circa 6,5 Millionen Franken belaufen werden», führt er aus.

Not- und Sofortmassnahmen

Reparaturarbeiten an den Gebäuden seien unterschiedlich weit fortgeschritten. «Das hängt auch von den Besitzern ab. Zum Teil wurden die Arbeiten bereits abgeschlossen, andernorts wird es noch etwas länger dauern», erläutert Gebäudeversicherer Sidler.

Versicherungsgelder für den Hochwasserschutz

Die Verwaltungskommission der Gebäudeversicherung hat an ihrer letzten Sitzung vom 17. Juni 2015 entschieden, für den Hochwasserschutz in den nächsten sieben Jahren 30 Millionen Franken zur Verfügung zu stellen. In den letzten Jahren habe sich eine rückläufige Tendenz bei den Feuerschäden und eine steigende Tendenz bei den Elementarschäden abgezeichnet.

Mit Bezug auf die Ereignisse Anfang Juni trage die Gebäudeversicherung dieser Entwicklung Rechnung, indem sie den Elementarschadenschutz ausbaue. Neben den gesprochenen 30 Millionen Franken für den Hochwasserschutz wird die Beratung für Gebäudeeigentümer ausgebaut und werden finanzielle Beiträge von bis zu 40 Prozent an Objektschutzmassnahmen an bestehenden Gebäuden geleistet.

Was aber wird unternommen, um solch wüste Szenen künftig zu vermeiden? «Der Regierungsrat hat an seiner Sitzung vom 1. Juli die Wiederherstellungsmassnahmen bewilligt und den betroffenen Gemeinden Bundes- und Staatsbeiträge zugesichert», heisst es vonseiten des Umweltdepartements. «Die Abflussgerinne sind soweit wieder instand gestellt, dass sie die gleiche Abflusskapazität wie vor dem Unwetter vom 7. Juni haben.»

Die gleiche Abflusskapazität? Jenes Aufnahmevermögen, welches im letzten Monat nicht ausreichte, um die Wassermassen in den gewohnten Bahnen zu halten? Müsste da nicht mehr getan werden? «Der erste Schritt besteht in solchen Fällen stets in Not- und Sofortmassnahmen. Wir machen die Gerinne frei und verzeichnen neue Schadstellen», sagt Schmidhauser. Solche hätte es beispielsweise am Götzenbach in Dierikon sowie am Würzenbach zwischen Udligenswil und Adligenswil gegeben.

Neuer Schwung am Götzenbach

«Zur Behebung solcher Schadstellen wurden unverzüglich Projektierungen eingeleitet», erklärt Schmidhauser. Bis Ende Jahr müsse man sich diesbezüglich jedoch gedulden, erst dann käme es zur öffentlichen Auflage. In Geduld üben muss man sich auch beim Götzenbach in Dierikon. An jenem Gewässer, welches letztlich für die beiden Todesfälle verantwortlich war, könne – falls alles nach Plan laufe – frühestens im Herbst 2016 mit den Bauarbeiten begonnen werden, sagt Urban Henzirohs vom Bau- und Umweltdepartement.

Das Projekt Götzenbach wurde zwar 2014 aus finanziellen Gründen sistiert. Im Frühling ist es aber wieder aufgenommen worden. «Es wurden bereits im April mit der Gemeinde Gespräche geführt, in welchen es um die Wiederaufnahme des Projekts ging. Aber das Hochwasser vom letzten Monat ist klar mit ein Grund dafür, dass der Projektperimeter erweitert wurde», ergänzt Henzirohs.

Eine Sisyphusarbeit

Die kantonalen Hochwasserschutzbemühungen klingen letztlich nach einer Sisyphusarbeit. «Am liebsten arbeiten wir präventiv. Unwetter machen uns aber jeweils einen Strich durch die Rechnung.» Baustellen gibt es viele, wie ein Blick auf die Gefahrenkarte zeigt. Rot eingefärbte Stellen stehen für erhebliche Gefährdung, Blau bedeutet mittlere Gefährdung und Gelb kennzeichnet Gebiete mit geringer Hochwassergefahr. Dennoch bestehe das Ziel darin, letztlich alle Schwachstellen zu beheben, erläutert Schmidhauser.

Die Faktoren Zeit und Wetter sind tückische Gegenspieler. Ein Restrisiko wird immer bleiben. Bereits Ende Juni liess der Luzerner Regierungsrat verlauten: «Eine Reduktion sämtlicher durch Naturgefahren und namentlich durch Hochwasser bedingter Risiken ist nicht möglich. Auch sind konkrete Hochwasserereignisse wie jenes vom 7. Juni nicht vorhersehbar.»

Bezüglich Finanzierung für den Hochwasserschutz habe sich bislang nichts geändert, sagt Schmidhauser. «Es wurden politische Vorstösse eingereicht. Ansonsten herrscht diesbezüglich der gleiche Stand wie vor dem Unwetter.»

Gefahrenkarte Luzern

Gefahrenkarte Luzern

Gefahrenkarte Dierikon - Adligenswil

Gefahrenkarte Dierikon – Adligenswil

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