Ausschreitungen an FCL-Spielen

So teuer kann ein Fussballmatch werden

Starke Polizeikräfte begleiten den Abzug der FCZ-Fans durch die Voltastrasse letzten Sommer. Nach diesem Spiel gabs heftige Krawalle – sechs Beteiligte konnten nun verurteilt werden. (Bild: zvg.)

Kuscheljustiz? Nein. Die Luzerner Justiz geht hart gegen Fussballfans vor, die an FCL-Spielen für Ärger sorgen. Sogar wer keine direkte Gewalt gegen Personen ausübt, sondern sich «nur» in einer gewaltbereiten Gruppe bewegt, muss mit hohen Geldbussen rechnen. Das kann dann schon mal über 7000 Franken kosten, wie Recherchen von zentral+ zeigen.

Am 16. August des vergangenen Jahres spielte der FC Luzern gegen den FC Zürich. Das Resultat ist schon lange vergessen, die Fanauseinandersetzungen nicht. Rund 600 Zürcher reisten in einem Extrazug nach Luzern. Die Polizei meldete: «Nach der Ankunft in Luzern haben sie mehrere Böller und Rauchkörper gezündet.» Auch im Stadion gab es kurze Reibereien und einiges Feuerwerk. So weit wenig Aufregendes, sondern Polizeialltag bei Risikospielen. Nach dem Spiel bewarfen laut Polizei «gewaltbereite Luzerner Fans den Buskonvoi der FCZ-Fans mit Steinen und schlugen mit Eisenstangen auf die Busse ein.» Die beiden Fanlager gingen dann auch noch beim Bundesplatz aufeinander los. «Dabei wurde eine Handlichtfackel geworfen.» Wasserwerfer und Gummischrot mussten eingesetzt werden. Die Polizeikräfte wurden mit Steinen beworfen.

Sechs Rayonverbote

In den vergangenen Monaten hat die Staatsanwaltschaft sechs mittlerweile rechtskräftige Strafbefehle gegen damals beteiligte Personen verfasst. Vier ergingen gegen Luzerner Fans, zwei gegen Zürcher. Alle Verurteilten erhielten als Nebensanktion ein Rayonverbot aufgebrummt. Heisst: Sie dürfen sich während ein bis drei Jahren vor, während und nach einem Fussballspiel nicht in der Nähe von detailliert geregelten Orten wie etwa dem Fussballstadion oder dem Bahnhof aufhalten.

zentral+ hat die sechs Verurteilungen eingesehen. Sie belegen einerseits die harte Gangart der Luzerner Justiz, andererseits die hohe Wirkungskraft des Schweizer Strafrechts insbesondere bei den Delikten Landfriedensbruch und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte. Dies gestützt durch die langjährige Praxis des Bundesgerichtes.

Kantonsrat will Gesetz verschärfen

Die bereits harten Sanktionen will die Mehrheit der kantonsrätlichen Kommission für Justiz und Sicherheit (JSK) weiter ausweiten. An «Gewaltausübung beteiligte Personen» – dazu zählen alle, die wegen Landfriedensbruchs oder Gewalt und Drohungen gegen Beamte und Behörden verurteilt wurden – sollen bis 30’000 Franken der Kosten des Polizeieinsatzes «ab Beginn der Gewaltausübung» in Rechnung gestellt werden können. Die Regierung hatte noch vergleichsweise milde 4000 Franken vorgeschlagen. Der Kantonsrat wird an seiner Junisession diesen Montag oder Dienstag über das neue Polizeigesetz debattieren. zentral+ wird live darüber berichten.

Rauchböller geschmissen – 2100 Franken Busse

Die beiden verurteilten FCZ-Anhänger hantierten im FCL-Stadion mit Rauchkörpern. Daneben ging der Wurf eines 22-Jährigen. Er warf – laut Staatsanwalt – im Eingangsbereich des Gästesektors «einen Rauchkörper mit einer Nettoexplosivmasse von 380 Gramm über den Zaun in das umzäunte Stadionareal». Nur: «Der Rauchkörper brannte nicht.» Urteil: «Schuldig des versuchten missbräuchlichen Verwendens eines pyrotechnischen Gegenstandes (Rauchkörper).» Die Sanktion ist happig: 60 Tagessätze à 100 Franken, bedingt auf zwei Jahre – die 6000 Franken muss er folglich nur bezahlen, wenn er sich eines weiteren Delikts schuldig macht. Dazu eine unbedingte Busse von 1500 Franken plus die Gerichtsgebühren von 580 Franken. Der Fehlzünder kostet den Verurteilten also 2080 Franken, zu bezahlen innert 30 Tagen.

Immerhin einen lauten Knall erreichte der zweite Zürcher, schuldig des «missbräuchlichen Verwendens eines pyrotechnischen Gegenstandes (…) unter Missachtung der Schutz- und Sicherheitsvorschriften». Im Klartext: Der 21-jährige Mann aus Zürich hatte «nach Ankunft des Extrazuges auf der Zentralstrasse einen bodenknallenden Böller in der Hand gehalten, gezündet und zu Boden geworfen». Die Strafe: 90 Tagessätze à 30 Franken, bedingt auf zwei Jahre, eine Busse von 675 Franken plus die Gerichts- und Verfahrenskosten von 630 Franken. Das bedeutet: Der Böllerschuss kostet 1305 Franken, plus Kaufpreis Böller.

Das nächste Mal wirds 10’000 Franken teurer

Die beiden verurteilten Zürcher begingen keine Gewaltdelikte. Auch den vier erwähnten Luzernern können keine eigenen Gewalthandlungen nachgewiesen werden. Dennoch werden sie wegen Landfriedensbruchs und Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte markant bestraft. Am stärksten sanktioniert wird ein heute 28-jähriger Einwohner der Stadt Luzern, dieser zusätzlich auch wegen Widerhandlung gegen das Vermummungsverbot. Er erhält eine Strafe von 130 Tagessätzen à 110 Franken, davon 40 unbedingt. Das heisst: Er muss neben der Busse von 1500 Franken und den Gebühren von 1210 Franken bereits 4400 Franken der Strafe bezahlen. Der Fussballabend kostet ihn – ohne Verpflegung, Bier und Eintritt – also satte 7110 Franken. Weitere 9900 Franken können bei der nächsten Verurteilung dazukommen.

Drohung gegen Szenepolizisten

Dazu erleidet er zusätzlich eine kleine Wertminderung seiner Garderobe: Eingezogen und vernichtet wird sein «sichergestellter blauer Pullover mit Netz zum Vermummen». Dem Verurteilten wird vorgeworfen, dass er sich nach dem Match zum Fanlokal Zone 5 begeben habe. Dort sei er gegen 22 Uhr eingetroffen, «vermummt durch das Netz des von Ihnen getragenen Kapuzenpullovers, zusammen mit den ersten vermummten Fans des FC Luzern». Die Polizei habe sofort eine Polizeikette errichtet, «um die beiden Fanlager auseinanderhalten und einen nochmaligen Angriff der Luzerner Fans auf den Buskonvoi verhindern zu können». Der «Mob von mehrheitlich vermummten Personen» habe «eine aggressive Haltung gegen die Polizei» eingenommen. So habe «einer der Vermummten» einen zivilen Szenekenner weggewiesen und erklärt, er wisse, wo er wohne. Auch sei «aus dem Mob ein Bierbecher gegen die Polizei geworfen» worden.

Vermummt, aggressiv – schuldig

Nur: Was tat der Verurteilte, laut Staatsanwalt? «In dieser Phase waren Sie Teil des Mobs, entmummten sich aber wieder und gaben dem Mob Anweisungen, auf dem Trottoir zu bleiben, als die Polizei sich mehrfach zur Durchsage an den Mob genötigt sah, dass bei Betreten der Strasse «Gummi» eingesetzt werde.» Weitere vermummte FCL-Fans seien dann dazugekommen und bei Eintreffen des Buskonvois mit den Fans des FC Zürich habe «der Mob eine aggressive Haltung» eingenommen.

Die Rolle des Verurteilten laut Staatsanwalt: «Dabei vermummten Sie sich wieder. Aus dem Mob wurden zwei Bierflaschen geworfen, welche in der Nähe der Polizeikette zerschellten. Die Polizei setzte darauf gegen den Mob «Gummi» ein, wobei Sie beim zweiten Wasserwerfereinsatz auf der Rückseite pflotschnass geworden sind. Nachdem Sie durch den Wasserwerfereinsatz pflotschnass waren, sind Sie vermummt vorerst im Bereich des Bundesplatzes verblieben und sind nicht mit dem Mob zum Bahnhof Luzern mitmarschiert.» Später habe er sich «dem Mob» aber wieder angeschlossen und sei «vermummt an vorderster Stelle des Mobs über den Bundesplatz geschritten.» Das wars.

Erst Anfang dieser Woche hat das Kantonsgericht das Urteil über einen heute 24-jährigen FCL-Fan aus dem Kanton Luzern bekannt gegeben. Der Mann hat sich 2012 vor dem Spiel FCL gegen den belgischen Verein Genk vermummt in einer Gruppe von krawallsuchenden FCL-Anhängern aufgehalten. Geprügelt hat er sich nicht, doch der Aufenthalt im Mob sowie seine Vorstrafen haben der Justiz gereicht, um ihn zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 110 Franken, also 9900 Franken, zu verurteilen (zentral+ berichtete). Auf Wunsch des Mannes kann dieser die Strafe in Form von acht Wochen gemeinnütziger Arbeit abarbeiten.

«Waren von Anfang an hart in der Strafe»

Simon Kopp ist Sprecher der Luzerner Untersuchungsbehörden. Laut Kopp hat sich am Umgang der Justiz mit Fussballchaoten in letzter Zeit nicht viel geändert: «Die Luzerner Untersuchungsbehörden gehen schon seit 2007 sehr konsequent gegen Hooligans vor. Ich bin der Meinung, dass man von Anfang an konsequent und hart in der Strafe war.»

Hinweis der Redaktion: Hans Stutz, freier Mitarbeiter von zentral+, ist grüner Kantonsrat.

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