Änderungen nach Kritik an Luga

Tierische Vorwürfe an die Messeleitung

Finden nicht alle lustig: Publikumsmagnet Säulirennen an der LUGA.

(Bild: zvg)

Laut Tierschützern soll die letztjährige Tierausstellung der Luga etliche Mängel aufgewiesen haben. Vor allem der allseits beliebte Streichelzoo sei wenig beispielhaft gewesen. Im Kreuzfeuer der Kritik steht auch eine der beliebtesten Attraktionen.

Von der letzten Freitag gestarteten Luzerner Frühlingsmesse Luga sind Tiere nicht mehr wegzudenken. Ein Besuch des Messe-Stalls, mit seiner Auswahl an Nutz- und Kleintieren, gehört für die jährlich rund 115’000 Luga-Fans einfach dazu (zentral+ berichtete). Besonders beliebt ist das Säulirennen. Der Umgang mit den Tieren stösst aber nicht überall auf Gegenliebe.

«Weder respektiert noch überwacht»

Der Schweizer Tierschutz (STS) stellte der Luga letztes Jahr kein gutes Zeugnis aus, auch wenn «einige akzeptable oder auch vorbildliche Gehege» vorhanden gewesen seien. «Der Streichelzoo hinterliess einen schlechten Eindruck», teilte der STS mit.

Vor allem habe es den Tieren an Rückzugsräumen gefehlt. Diese seien nur teilweise vorhanden gewesen und weder respektiert noch überwacht worden, so der STS. Die Kritik stammt aus Fachkreisen. Der STS sei mit Zoologen und Veterinären unangemeldet vor Ort gewesen, ist dem Bericht zu entnehmen.

«Teilweise wurden die Tiere wie Spielzeug behandelt.»

Schweizer Tierschutz (STS)

Konkret bemängelt hat der STS den Umgang mit kleineren Nutztieren wie Hühner und Ferkel. «Teilweise wurden die Tiere wie Spielzeug behandelt und regelrecht herumgereicht», kritisiert der STS. Und zielt damit nicht nur auf die Besucher. Die Tiere seien durch die, teilweise jugendliche, Aufsicht nachlässig betreut worden.

Säulirennen wird in Frage gestellt

Unter Druck kommt auch die Tiershow. «Die Kritik am Säulirennen nimmt spürbar zu», klagt Marcel Roth, Organisator und Veranstalter des langjährigen Publikumsmagneten. Nicht erst seit dem Bericht der Tierschützer gebe das Säulirennen immer wieder Anlass zu Diskussionen. Doch nun befürchtet Roth massiven Gegenwind. «Dabei steckt so viel Herzblut in diesem Anlass», regt sich Roth auf. «Warum muss denn immer alles in Frage gestellt werden?»

Zwar hat sich der STS in seinem kritischen Bericht nicht grundsätzlich gegen das Säulirennen gestellt. «Das kommt auf die Umstände an», sagt Martina Schybli, Tierärztin und Leiterin der Fachstelle Heimtiere beim STS, «zum Beispiel, wie stark die Säuli dem Publikumslärm ausgesetzt sind oder ob sie gehetzt werden». Dennoch werfen die Aussagen der Tierschützer Schatten auf die Tiershow.

Ein Kompromiss

Einen Grund für die mangelhaften Bedingungen sieht der STS in der lückenhaften Gesetzesregelung. «Die Tierschutzverordnung lässt zu viel Spielraum», sagt Schybli. Das sei ein Problem, insbesondere bei Messen und Ausstellungen. Der STS bemängelte zudem, dass die seit 2008 gesetzlich vorgeschriebene Würde der Tiere «in der Praxis teilweise stark zu wünschen übrig lässt». Tiere seien nicht nur zum Knuddeln da.

«Wir sind keine Kinderkrippe und kein Spielplatz.»

Tony Kaufmann, Bauer vom Luga-Streichelhof

Auf diese Vorwürfe angesprochen, sagt Messeleiterin Luzia Roos-Bättig: «Für das Wohl der Tiere tun wir unser Möglichstes.» Grundsätzlich würden alle Tierschutznormen strikt eingehalten. «Der Kantonstierarzt nimmt die Ausstellung jedes Jahr genau ab», so Roos-Bättig. Geprüft würden nicht nur die Tiere selbst, sondern auch die Stallungen, Boxen und Gehege. «Wir legen Wert auf eine vorbildliche Tierhaltung.»

Doch ein Streichelzoo sei immer Kompromiss zwischen dem Tierwohl und dem Bedürfnis der Besucher, die Tiere aus nächster Nähe zu erleben, räumt Roos-Bättig ein.

Nur ausgewählte Tiere

Man nehme die Kritik dennoch ernst. «Dieses Jahr sind die Rückzugsräume besser abgeschirmt und für Besucher nicht mehr zugänglich. So können sich die Tiere wirklich ausruhen», erklärt Roos-Bättig. Ebenso sei die Aufsicht verbessert worden.

Zudem habe man den Streichelhof auch optisch angepasst, so Roos-Bättig weiter. «Wir wollen die Tiere möglichst realitätsnah, wie auf dem Bauernhof, zeigen.» Nicht zuletzt deshalb arbeite man eng mit dem Luzerner Bauernverband und Zuchtorganisationen zusammen. Und mit dem Verzicht auf die Bezeichnung «Zoo» werde die Würde der Tiere noch besser gewahrt. «Das Tierwohl steht auch für uns an oberster Stelle.»

Aus diesem Grund kümmern sich die Bauern gleich vor Ort und persönlich um ihre Tiere. Der Luzerner Tony Kaufmann zum Beispiel, kommt mit seinen Tieren schon seit fünf Jahren an die Luga. «Unsere Tiere im Streichelhof sind sich Besuch gewohnt», sagt Kaufmann. Zusammen mit seiner Familie und einigen Angestellten führt der engagierte Berufsmann den Erlebnisbauernhof Weiernheim in Winikon.

Kaufmann versteht die Kritik an «seinem» Streichelhof nur zum Teil. «Schauen Sie, so eine Messe ist halt schon etwas Spezielles.» Deswegen sei er auch selbst mit vier Angestellten und etlichen Helfern vor Ort, um seine Tiere bestmöglich betreuen zu können, sagt der Bauer. «Meine Tiere liegen mir am Herzen.»

Grosses Vertrauen in die Besuchermassen

Dass es Stresssituationen geben könne, stellt auch Kaufmann nicht in Abrede. «Das kann vorkommen». Er sei darum stets am Verbessern. Auch dieses Jahr habe man wieder einiges angepasst. Grundsätzlich habe er aber grosses Vertrauen in die Besucher, hält Kaufmann fest. «Trotzdem gibt es keine Garantie dafür, dass keiner einem Huhn nachrennt.» Es mache auch einen Unterschied, ob die Eltern mit ihren Kindern zusammen den Streichelhof erleben würden «oder ob Kinder zu uns abgeschoben werden», streicht der erfahrene Luga-Bauer hervor. «Wir sind keine Kinderkrippe und kein Spielplatz.»

«Wird die Welt denn besser, wenn an der Luga keine Tiere mehr gestreichelt werden dürfen?»

Tony Kaufmann, Bauer vom Luga-Streichelhof

Kaufmann ist sich sicher, dass der STS bei der Begehung des Streichelhofs einen «unglücklichen Zwischenfall» miterlebt habt. «Man muss sehen, dass es sich dabei um eine Momentaufnahme handelt.» Der Bauer und Tierhalter findet es schade, dass der STS nach seinen Beobachtungen nicht den persönlichen Kontakt gesucht habe. «Ich weiss bis heute nicht, wer, was, wo, wann und wie beobachtet hat.»

Solche Vorkommnisse bedaure er, sie seien aber Teil des Kompromisses, wägt Kaufmann ab. «Wird die Welt denn besser, wenn an der Luga keine Tiere mehr gestreichelt werden dürfen?» Stadt und Land, Konsumenten und Produzenten hätten sich schon genug entfremdet, meint Bauer Kaufmann.

Er sei Landwirt «aus Leidenschaft» und wolle einen Bezug schaffen zwischen Mensch, Tier und Umwelt. Eines aber könne er mit Sicherheit sagen, betont Kaufmann: «Meine Tiere werden nicht geplagt. Das würde ich niemals zulassen.»

Verzicht auf Streichelhof ist kein Thema

Ein Verzicht auf den Streichelhof wäre auch nicht im Sinn des STS. «Wir sind nicht grundsätzlich gegen Tierausstellungen und Streichelzoos», sagt Martina Schybli. Diese seien aus pädagogischer Sicht durchaus wertvoll und hätten eine nicht zu vernachlässigende Wirkung. Die Beziehung zwischen Mensch und Tier sei eine wichtige Voraussetzung für den Tierschutz, erklärt Schybli. Es gehe um Bezug, um Wertschätzung, so die Tierärztin. «Man schützt nur, was man gern hat.»

Trotzdem fordere man eine tierfreundliche Haltung auch von Messen, hält Schybli fest. Eine solche müsse den Tieren ausreichend Platz und die notwendigen Rückzugsmöglichkeiten bieten. Das sei der Fall gewesen, sagt Martin Brügger, stellvertretender Kantonstierarzt. Im konkreten Fall hätten sowohl Tiere als auch Tierhaltung allen geltenden gesetzlichen Vorschriften entsprochen, fasst Brügger zusammen. «An der Luga geht alles mit rechten Dingen zu und her. Den Tieren geht es an der Luga gut.»

Was halten Sie vom Streichelhof und vom Säulirennen? Nutzen Sie die Kommentarfunktion und teilen Sie uns Ihre Meinung mit! 

Sehen Sie hier noch mehr Bilder vom Streichelzoo an der Luga:

Deine Ideefür das Community-Voting

Die Redaktion sichtet die Ideen regelmässig und erstellt daraus monatliche Votings. Mehr zu unseren Regeln, wenn du dich an unseren Redaktionstisch setzt.

Deine Meinung ist gefragt
Deine E-Mailadresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert. Bitte beachte unsere Netiquette.
Zeichenanzahl: 0 / 1500.


2 Kommentare
  • Profilfoto von Antonietta Tumminello
    Antonietta Tumminello, 29.04.2015, 11:48 Uhr

    «Tiere sind nicht dazu da, dass wir sie essen.
    Tiere sind nicht dazu da, dass wir an ihnen experimentieren.
    Tiere sind nicht dazu da, dass wir sie anziehen.
    Tiere sind nicht dazu da, dass sie uns unterhalten.
    Tiere sind nicht dazu da, dass wir sie ausbeuten.»

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
  • Profilfoto von Forest
    Forest, 27.04.2015, 21:50 Uhr

    Auf Schweizer Bauernhöfen wird mancherorts das Minimum an Tierschutzvorgaben eingehalten, das ist Alltag, wie wir wissen. Wie weit ehrlicher wäre es doch, wenigstens KAG_Tiere zu zeigen. KAG Bauern jedoch würden sich wahrscheinlich weigern, in den engen, lärmigen Gehegen ihre Tiere zur Schau zu stellen.
    Wie wär› s mit einem Auslauf mit grosszügigem Gehege auf der Allmend? Die Besucher müssten dann die Tiere im Freie ansehen gehen, dem Tierwohl entsprechend.

    👍0Gefällt mir👏0Applaus🤔0Nachdenklich👎0Daumen runter
Apple Store IconGoogle Play Store Icon