Nachwehen des Luzerner Tanzverbots

«Diese Aufhebung ist ein Witz»

Trotz der Aufhebung des Tanzverbots ist der Karfreitag in Luzern noch lange keine Partynacht. (Bild: fotalia)

Seit fünf Jahren dürfen die Luzerner endlich immer Tanzen, wenn sie wollen. 2009 wurde das Tanzverbot im Kanton Luzern aufgehoben. Doch die Freude darüber hielt nicht lange an. Denn im streng katholischen Luzern geht man am Feiertag trotzdem sittsam und früh ins Bett.

Karfreitag und Ostermontag – ein verlängertes Wochenende steht vor der Tür. «Die Nächte durchtanzen», denken sich die Partyhungrigen. Das sollte seit der Aufhebung des Tanzverbots vor fünf Jahren eigentlich kein Problem mehr sein. Doch das täuscht. Tanzen ja, die ganze Nacht jedoch nicht.

Trotz Aufhebung des Tanzverbotes bekommt die Nightlife-Gastronomie in Luzern an den sechs wichtigsten Feiertagen im Jahr keine Bewilligung, um länger als bis 00.30 Uhr geöffnet zu haben. Ausnahmen für Verlängerungen dürfen gemäss Gesetz keine gemacht werden. Das Schliessen um Mitternacht lohnt sich für viele Betreiber nicht und ärgert deswegen auch einige. Deshalb bleiben Klubs teilweise gleich ganz geschlossen. Die Bar 59, das Madeleine und das Treibhaus haben beispielsweise entschieden, dass es sich für sie gar nicht erst lohnt die Türen zu öffnen.

«Für die Klubs hat sich seit der Aufhebung des Tanzverbots nichts an der Situation geändert. Es macht ja wohl kaum einer um 22.00 Uhr auf, um bereits zweieinhalb Stunden später wieder schliessen zu müssen», so Mike Häfliger, Mit-Inhaber des Madeleine.

Unverständlich für Betreiber und Gäste

Auch Nicolas Gomez von der Bar 59 hat kein gutes Wort für die Regelung übrig. «Das ist total daneben. Vor allem gibt es diese Regelung nur im Kanton Luzern. Das muss doch wirklich nicht sein.» Ärgerlich für die grossen Klubs sei auch, dass die kleinen, illegalen Klubs machen würden, was sie wollten und sich anschliessend rausreden könnten. Ausserdem bleiben den Ausgehwilligen auch stets genügend Alternativen ausserhalb der Kantonsgrenzen. Grossstädte wie Zürich, Bern oder Basel sind nicht weit.

«Es gibt keine Veränderung zu früher.»
Thomas Gisler, Schüür

Und sich als grosser Klub über die Bestimmung hinwegzusetzen, sei keine gute Idee: «Es kann zu Bussen bis 50’000 Franken kommen. Und um zwei Uhr morgens mehrere hundert Personen rausschmeissen zu müssen, wäre auch für den Ruf eines Klubs sehr schädigend», so Gomez.

«Die Aufhebung ist eigentlich ein Witz», findet auch der Inhaber eines anderen Luzerner Tanzlokals. Für viele Gäste sei eine solche Einschränkung unverständlich.

Die Schüür hat am Karfreitag ein Konzert auf dem Programm. Die Party danach fällt aus. «Es gibt keine Veränderung zu früher. Wir haben am Karfreitag wie immer ein Konzert programmiert und schliessen dann um 00.30. Länger darf man ja nicht», so Thomas Gisler von der Schüür.

Tanzen bis Mitternacht

Doch ist diese Regelung noch zeitgemäss? Thomas Christen, Chef Gastgewerbe und Gewerbepolizei, erklärt: «Die Feiertagsregelungen sind sicher in einer Zeit entstanden, wo das Religiöse und die Kirche die Gesellschaft noch stärker prägten. Das Tanzverbot betraf jedoch den ganzen Tag, deshalb führte die neue Regelung zu einer Liberalisierung». Und dies sei auch der Fall, wenn keine Verlängerungen erlaubt würden.

Die Klubbetreiber sind jedoch anderer Meinung. Die einzige Veränderung sei, dass man nun als Gast bis kurz nach Mitternacht tanzen darf, ohne mit rechtlichen Konsequenzen rechnen zu müssen. An Karfreitag, Ostersonntag und Pfingstsonntag, ebenso am Buss- und Bettag, an Weihnachten und am Aschermittwoch darf heute legal bis 00.30 Uhr getanzt werden.

Solche Einschränkungen werfen genauso wie das Tanzverbot die Frage auf, welche Bedeutung die Feiertage für die Gesellschaft haben und andererseits, ob diese Gesetze den heutigen Bedürfnissen entsprechen.

Religion und Staat

Bis 2009 waren nach Paragraph 22 im Luzerner Gastgewerbegesetz an hohen Feiertagen «allgemein zugängliche Tanzveranstaltungen und Tanzdarbietungen untersagt». Discos und Konzertlokale blieben geschlossen, in Bars und Klubs konnten DJ’s auflegen, doch tanzen durfte streng genommen niemand. Es wurde jedoch schon damals bei Nachfragen Seitens der Medien von der Gewerbepolizei eingeräumt: «Natürlich ist es nicht auszuschliessen, dass es zuweilen zu spontanem Tanzen kommt.»

Doch die Trennung von besagtem Paragraph fiel den Luzernern trotzdem nicht leicht. Es brauchte drei Anläufe, um das Verbot aus dem Gesetz zu kippen – knapp mit 51 zu 50 Stimmen. Im erfolgreichen Vorstoss der grünen Politikerin Katharina Meile wurde das Tanzverbot als «rechtliches Relikt» beschrieben, das nicht mehr dem Zeitgeist entspreche. Es sei nicht Aufgabe des Kantons, das Freizeit- und Ausgehverhalten von Privaten zu reglementieren.

Für ein solches Verbot bestand die Voraussetzung in einem engen Verhältnis zwischen Staat und Kirche. Doch Ruhe- und Feiertage verlieren für den Grossteil der Bevölkerung zunehmend ihren religiösen Gehalt. Daher seien auch solche Einschränkungen von Verlängerungen nicht mehr zeitgemäss, findet Gomez.

 

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