Kunst in Luzerner Wohnquartier

Heftiger Streit um Hans Ernis Riesenwandbild

So sah das «Poseidon»-Wandbild von Hans Erni im alten Hallenbad in Luzern aus. (Bild: zvg)

Der Anwalt und Immobilienbesitzer Jost Schumacher möchte Hans Ernis «Poseidon» in der Tribschenstadt auferstehen lassen. Doch wegen einem Streit mit den Luzerner Behörden droht dies nun zu scheitern.

Es ist ein Gigant, und ein schöner noch dazu: Das Riesenwandgemälde Poseidon des letzten Samstag verstorbenen Luzerner Künstlers Hans Erni (106).  15 Meter lang, acht Meter hoch und vier Tonnen schwer ist das Kunstwerk. Von 1968 bis 2012 zierte es die grosse Wand im ehemaligen Hallenbad an der Bireggstrasse. Seither wartet es, zerlegt in 120 Einzelteile, in einem Keller auf eine neue Bestimmung.

Bild soll an Frigorex-Gebäude

Dabei gäbe es längst einen Interessenten, der den «Poseidon» der Öffentlichkeit wieder zugänglich machen würde: Jost Schumacher, bekannter Luzerner Anwalt, Immobilienbesitzer und Kunstmäzen. Er hat der Stadt Luzern sowie der Stiftung Hans Erni angeboten, das Riesenbild an eine Fassade in der Luzerner Tribschenstadt  zu hängen. Konkret an die Wand des bestehenden Frigorex-Gebäudes, wie die «Neue Luzerner Zeitung» letzten Herbst berichtete. Zu sehen wäre das Bild dann von der Bürgen- und Landenbergstrasse aus. Sowie von den künftigen Mietern der derzeit im Bau befindlichen Siedlung gleich nebenan. Bauherr und Besitzer dieser beiden neuen Blöcke mit 62 Mietwohnungen und Gewerbefläche sowie des Frigorex-Gebäudes ist Jost Schumacher.

Auf diesem Model der Frigorex-Überbauung sieht man im hinteren, bestehenden Gebäude einen Teil des «Poseidon-Wandbildes».

Auf diesem Model der Frigorex-Überbauung sieht man im hinteren, bestehenden Gebäude einen Teil des «Poseidon-Wandbildes».

(Bild: pd)

Die Stadt Luzern hat Schumacher letztes Jahr einen Schenkungsvertrag vorgelegt. Inhalt: Schumacher erhält das Aluminium-Relief, muss jedoch die Sanierungs- und Montagekosten von rund 400’000 Franken selber bezahlen. Damit wäre der Immobilienbesitzer zwar einverstanden gewesen. Doch gemäss Recherchen von zentral+ zeigt sich, dass zwischen ihm und den Stadtbehörden ein heftiger Streit tobt. Von einer baldigen Einigung – und damit einer Lösung für das Erni-Bild – ist nichts in Sicht.

An diese Sichtsteinwand des alten Frigorex-Gebäudes sollte das «Poseidon-Wandbild» montiert werden.

An diese Sichtsteinwand des alten Frigorex-Gebäudes sollte das «Poseidon-Wandbild» montiert werden.

(Bild: Luca Wolf)

Spezieller Deal mit Behörden

Um die knifflige Situation zu erklären, brauchts einen Blick zurück in jene Zeit vor der Fusion von Littau und Luzern per anfangs 2010. Schumacher gehört in Littau unter anderem auch die mittlerweile überbaute Liegenschaft Niedermatt. Damals wollten Stadt Luzern und Littau öffentliche Leitungen und Kanäle unter dem Niedermatt-Areal hindurch verlegen. Die vormalige Landbesitzerin der Niedermatt, welche Schumacher das Grundstück verkauft hatte, hat zugesagt und die Behörden diese Leitung bauen lassen, obwohl der Wert ihres Grundstücks dadurch massiv gesunken ist. Schumacher erklärt: «Im Gegenzug hat die ehemalige Eigentümerin mit den Behörden einen Deal vereinbart. Der damalige Gemeindeschreiber und der Gemeindepräsident haben vertraglich zugesichert, dass als Gegenleistung dereinst keine Anschlussgebühren für eine Überbauung der Niedermatt-Liegenschaft geschuldet sein werden.» Jost Schumacher hat diese vertragliche vereinbarten Rechte und Pflichten beim Kauf der Liegenschaft Niedermatt von der Verkäuferschaft übernommen.

Ein Dächli für den Poseidon

Aufgrund der Ausgangslage dürfte Ernis Vier-Tonnen-Poseidon noch länger im Keller schmoren. Dabei wären die Vorbereitungsarbeiten für die Installation an der Fassade des Frigorex-Gebäudes weit fortgeschritten. «Wir haben etwa schon abgeklärt, ob die Ausrichtung des Bildes an der Häuserfassade ein Problem sein könnte», sagt Jost Schumacher. Denn das Wandbild würde dann gegen Osten gerichtet sein. Regenschauer und Sonnenschein könnten, so die anfänglichen Bedenken, die vielen Weiss- und Blautöne des «Poseidon» ins grün verfärben. Doch diese Gefahr sei laut der involvierten Expertin gering, so Schumacher. Zumal man über das Gemälde ein kleines, etwa einen Meter tiefes Dächli als Regenschutz anbringen würde. Auch würde eine spezielle Schutzschicht das Aluminium-Relief vor Beschädigung und Abnützung bewahren.

Dass der geplante Standort des Erni-Bildes hinter dem Frigorex-Gebäude etwas abgeschirmt liegt, hält Schumacher für vertretbar. «Gleich davor entsteht nun ja ein öffentlicher, für Alle zugänglicher Park mit Sitzgelegenheiten und Bäumen.» Auch sei der geplante Kinderspielplatz nicht nur für den neuen Kindergarten gedacht, sondern für alle Kinder aus dem Quartier.

Stadt will Gebühren eintreiben

Doch nun wolle sich die Stadt Luzern, die diese Vereinbarung geerbt hat, nicht mehr daran halten. Die Stadtbehörden unter dem verantwortlichen Stadtrat Adrian Borgula seien nicht mehr bereit, Schumacher die Gebühren zu erlassen. Sie würden argumentieren, dass ein Gemeinwesen keine derartigen Gegenleistungen anbieten dürfe. Zumal dieser Gegenwert mittlerweile 700’000 bis 800’000 Franken wert ist, wie Schumacher bestätigt. So viel kosten die Anschlussgebühren der Niedermatt-Liegenschaften, welche die Stadt Schumacher nun in Rechnung gestellt hat. Doch Schumacher will das Nein des Luzerner Stadtrates nicht akzeptieren und für sein Recht kämpfen. «Verträge sind dazu da, eingehalten zu werden.»

«Beide wussten, worauf sie sich einlassen»

Schumacher ergänzt: «Damals, als diese Vereinbarung abgeschlossen wurde, wussten beide Seiten, worauf sie sich einliessen und dass Leistung und Gegenleistung in etwa gleich gross waren.» Einen solchen Vertrag dürften die Gemeinwesen auch heute noch abschliessen, weshalb er die Argumentation von Borgula nicht verstehen könne. «Die Gemeinde kann nicht in einer Situation, in welcher es für sie schnell einer Lösung bedarf (Leitung durch die Niedermatt) Versprechungen machen, welche dann nicht eingehalten werden.» Schumacher komme es so vor, als ob die Stadtregierung oft gegen ihn agieren würde, «auch wenn klare Fakten mir Recht geben würden – warum dies so ist, weiss ich nicht.»

Schumacher ist enttäuscht

Für Schumacher ist deshalb klar: «Unter diesen Umständen bin ich nicht mehr bereit, für die Sanierung und Montage des Erni-Bildes 400’000 Franken aus dem eigenen Sack zu investieren.» Auch dass die Stadt nur dank ihm den lang ersehnten zweiten Kindergarten in der Tribschenstadt realisieren kann (zentral+ berichtete exklusiv), wisse die Stadt offenbar nicht zu schätzen. Vom Streit um die für viel Geld von Schumacher kopierten Kapellbrückenbilder, welche die Stadt nicht aufhängen will, wolle er gar nicht mehr sprechen.

Stadt bestreitet Zusammenhang

Seitens der Stadt nimmt Christoph Bättig, Stabschef von Borgulas Direktion Umwelt, Verkehr und Sicherheit kurz Stellung: «Wir sehen keinen Zusammenhang zwischen dem Fall in Littau und dem Bild von Hans Erni.» Und da es sich bezüglich des damaligen Deals zwischen den Littauer Behörden und Schumacher um ein laufendes Verfahren handle, könne man dazu wie üblich keine Stellung nehmen.

Jost Schumacher vor der neuen Frigorex-Überbauung (Bild: Lubag).

Jost Schumacher vor der neuen Frigorex-Überbauung (Bild: Lubag).

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