Krisengebiet als Arbeitsplatz

Zuger Politikerin verpflichtet sich in der Ukraine

Christina Bürgi Dellsperger (SP) arbeitet aktuell als Diplomatin in Paris. (Bild: zvg)

Die Wahl in den Zuger Regierungsrat schaffte SP-Kandidatin Christina Bürgi Dellsperger im letzten Herbst nicht. Dennoch hat sie seit Anfang Jahr eine neue Arbeitsstelle, die ein Abenteuer zu werden verspricht.

Nicht ein grosszügiges Büro in der Stadt Zug, sondern die Schweizer Botschaft in Kiew ist seit Anfang Jahr das neue berufliche Zuhause von Christina Bürgi Dellsperger. Ausgerechnet das osteuropäische Krisengebiet, in dem sich seit einem Jahr ukrainische Regierungstruppen und Separatisten in einem undurchsichtigen Krieg bekämpfen. Ist Bürgi Dellsperger nach der Wahlniederlage aus Zug geflüchtet? Oder war dieser Stellenwechsel als Alternative bereits vorgespurt? zentral+ fragte nach.

«Im täglichen Leben merke ich vom Krieg oberflächlich nichts», erzählt die Zuger Diplomatin. Es sei aber offensichtlich, dass die Wirtschaft massiv darunter leide. Das zeige sich zum Beispiel beim Wechselkurs: Die einheimische Währung, die Hryvnia, hat sich seit der Ankunft von Bürgi Dellsperger gegenüber dem Franken zuerst um fast die Hälfte verbilligt und legte danach innerhalb einer Woche wieder deutlich zu. Dazu kommt die Inflation, die zwischen 25 und 30 Prozent liegt. Der Staat kämpft gegen die Zahlungsunfähigkeit.

Auf Twitter teilt Christina Bürgi Dellsperger öffentlich weitere Erlebnisse aus ihrem Alltag in der Ukrainischen Hauptstadt: Leere Regale in einem Supermarkt in Kiew oder eine Gedenkstätte mit Bildern von Personen, die bei den Auseinandersetzungen auf dem Maidan – dem zentralen Platz in Kiew – starben.

 

Die Bevölkerung habe keinesfalls resigniert, ergänzt sie, auf diese Bilder angesprochen: «Die Leute sind duldsam, realistisch und diszipliniert. Viele möchten aber um jeden Preis eine Eskalation des Krieges vermeiden.»

Analyse und Berichterstattung

Ihre aktuelle Tätigkeit auf der Schweizer Botschaft in Kiew sei aufgrund der globalen Brisanz des Konflikts geprägt von «Wichtigkeit und Dringlichkeit»,  die Arbeit als Diplomatin generell kein «Schönwetterberuf». Und sie fügt an, ihre früheren Tätigkeiten in Paris oder Tokyo seien unter den normalen Umständen sicher einfacher gewesen als ihre gegenwärtige Aufgabe.

«Ich kann nicht mit absoluter Gewissheit sagen, was dort wirklich passiert»

Christina Bürgi Dellsperger, Zugerin und Schweizer Diplomatin

Diese besteht darin, dem Bundesrat Analysen und Berichte aus erster Hand aus der Ukraine zu liefern. Die vom Konflikt direkt betroffenen Gebiete hat sie dafür aber bisher nicht besucht. «Deshalb kann ich auch nicht mit absoluter Gewissheit sagen, was dort wirklich passiert», so Bürgi Dellsperger.

Für konkrete Hilfeleistungen an die Bevölkerung ist die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) zuständig. Die Aufgaben der Botschaftsmitarbeiter bestehen darin, Kontakte mit Behörden, Firmen, Nichtregierungsorganisationen und der Bevölkerung aufzubauen und zu pflegen.

Kein Zufall

Dass sie nun zum selben Zeitpunkt eine neue Anstellung im Ausland antrat, zu welchem sie ihre Arbeit als Regierungsrätin aufgenommen hätte, bezeichnet Bürgi Dellsperger als zufällig. Regelmässige Stellenwechsel gehörten zu ihrem Beruf als Diplomatin.

Tatsächlich bahnte sich diese Veränderung in ihrem beruflichen Umfeld an. Sie erklärt: «Eigentlich war vorgesehen, dass ich bereits im Sommer 2014 wieder ins Ausland versetzt worden wäre. Aufgrund meiner Kandidatur für den Regierungsrat ist der Termin auf 2015 verschoben worden.»

Die Behauptung, es handle sich bei diesem Karriereschritt um eine Flucht nach der Wahlniederlage, lässt sie entsprechend nicht gelten. Noch am Wahlsonntag letzten Oktober bilanzierte die 55-Jährige nüchtern, sie sei vom Ergebnis «nicht sehr enttäuscht» (zentral+ berichtete). Über eine Wahl hätte sie sich dennoch gefreut.

Politische Ambitionen bleiben

Dass Christina Bürgi Dellsperger in den nächsten Jahren wieder als Kandidatin auftaucht, ist derweil gut möglich. Ausschliessen will sie diese Möglichkeit auf jeden Fall nicht. Falls es während der Legislaturperiode zu einer Vakanz kommen sollte, würde sie sich bezüglich einer neuen Kandidatur zusammen mit ihrer Partei, der SP, austauschen. Die Diplomatin hält fest: «Die Nichtwahl hat auf mein Engagement für die Politik keinerlei Auswirkungen.» Dazu zähle ja auch ihr Beruf als Diplomatin.

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