Neuer Stadtteil «Luzern Nord» (Teil 1)

Reussbühl: Nach Umfahrung Tempo 30 statt Blechlawine

Idee von «Luzern Nord» in einigen Jahren: Links Emmen, rechts die geplante Blockrandbebauung entlang der neuen Umfahrungsstrasse, im Hintergrund das Reusszopf-Hochhaus. (Bild: Visualisierung)

«Luzern-Nord»: Rund um den Seetalplatz entsteht die nächsten Jahre ein neues Wohn- und Arbeitsgebiet, auf Land in Emmen und Luzern. Das Areal mit 150’000 Quadratmetern ist rund drei Mal so gross wie die Luzerner Altstadt. Auf der Luzerner Seite wird Reussbühl vom Durchgangsverkehr befreit und ein neues Gesicht erhalten. Was ist geplant, und wo steht man heute?

Viele Grundeigentümer im ehemaligen Littauer Quartier Reussbühl haben in den letzten Jahrzehnten nur noch wenig in ihre Liegenschaften investiert, weil der Kanton seit über 40 Jahren die Umfahrung Reussbühl in seinem Bauprogramm hatte. Jetzt realisiert der Kanton Luzern das Strassenprojekt Seetalplatz mit der Umfahrung Reussbühl sowie das Hochwasserschutzprojekt Kleine Emme im Rekordtempo.

Währenddessen wird hinter den Kulissen das Reussbühl der Zukunft geplant. Dabei werden die verschiedensten Interessengruppen in die Planung miteinbezogen: Stadt und Kanton Luzern, Grundeigentümer, Vereine und Gewerbe sind involviert. Es gibt Workshops, Anwohnerorientierungen. Für das Gebiet mit der Shedhalle der Centralschweizerische Kraftwerke AG (CKW) läuft ein Testplanungsverfahren, an dem vier Teams teilnehmen.

«Dynamische Entwicklung»

Ulrich Freyenmuth, «Gebietsmanager Luzern Nord», hat die Übersicht, was läuft. Nicht nur bei den Bauarbeiten am Seetalplatz. «Reussbühl entwickelt sich positiv und dynamisch», sagt Freyenmuth. Die seit Langem gewünschte Umfahrungsstrasse wird zurzeit realisiert. Statt auf der Haupstrasse mitten durchs Quartier, wird der Autoverkehr künftig auf der neuen Strasse entlang der Kleinen Emme kanalisiert (Verlängerung der Rothenstrasse).

Teams aus Luzern, Zürich, Amsterdam

Für das Gebiet «Reussbühl West» mit der CKW-Shedhalle und dem Gewerbegebiet dahinter entwickeln vier Teams zurzeit kreative Ideen (Testplanungsverfahren). Team 1: Cometti Truffer Architekten, Luzern, und Christoph Fahrni Landschaftsarchitekt, Luzern; Team 2: Bosshard Luchsinger, Luzern, und Toni Weber, w+s Landschaftsarchitekten AG, Solothurn; Team 3: Oester Pfenninger, Zürich, und Martina Voser, Mavo Landschaften GmbH, Zürich. Team 4: «office haratori», Zürich; Nahoko Hara, Zeno Vogel und Jürg Spaar vom «office winhov«, Amsterdam; Jan Peter Wingender, Joost Hovenier und Uri Gilad Lorenz von Eugster Landschaftsarchitektur und Städtebau, Zürich. Der Bebauungsplan Reussbühl West wird auf den Ergebnissen der Testplanung basieren und ab Herbst 2015 erstellt.

Im Gebiet «Reussbühl Ost», wo das markante Reusszopf-Hochhaus steht, ist eine lange Blockrandbebauung geplant, welche das Quartier wie eine Mauer zur Strasse hin abschirmt. Zuerst entstehen aber die Brücken und die Umfahrungsstrasse. «Frühestens ab 2017 kann hier die Realisierung von Hochbauten beginnen», sagt Freyenmuth.

Grundeigentümer gründen IG

Die Besitzverhältnisse im Areal «Reussbühl Ost» sind kompliziert. Die Landparzellen gehören vielen privaten Einzelbesitzern. Einer der grösseren Grundbesitzer ist die Baugenossenschaft Reussbühl, die rund 500 Wohnungen ihr Eigen nennt. Die Genossenschaft war auch die Besitzerin einiger baufälliger Häuser beim Reusszopfweg, die für die neue Strasse abgerissen wurden. Sie wurde für die Enteignung vom Kanton mit anderen Parzellen entschädigt.

Unter der Federführung des Genossenschafters und Architekten Hans-Urs Hengartner haben sich die Grundeigentümer darauf geeinigt, sich zusammenzuraufen. «Wir sind daran eine Interessengruppe zu gründen und wollen gemeinsam ein Projekt einreichen», sagt Hengartner auf Anfrage. Er ist selbst Stockwerkeigentümer im Reusszopf-Hochhaus.

Wenn die Umfahrung realisiert sei, werde Reussbühl eine «Toplage» sein, die Immobilienpreise im Gebiet seien in den letzten Jahren gestiegen, erklärt der Architekt. Wieviele Wohnungen entstehen, ist noch nicht bekannt. Grundlage für die Bebauung bildet der verabschiedete Masterplan Luzern Nord. Dieser sieht folgende Nutzungen vor: 12’365 Quadratmeter für Wohnen, rund 5’700 m2 für Dienstleistung Büro, 500 m2 für publikumsorientierte Dienstleistung und 437 m2 für Einkaufen.

Haben sich die Grundeigentümer einmal gefunden, wird ein Wettbewerbsverfahren für die Blockrandbebauung durchgeführt, parallel dazu wird der Bebauungsplan Reussbühl Ost erarbeitet.

Die Kreuzung der Hauptstrasse mit der Ruopigenstrasse. In der Bildmitte die markante Shedhalle der CWK.

Die Kreuzung der Hauptstrasse mit der Ruopigenstrasse. In der Bildmitte die markante Shedhalle der CWK.

(Bild: mbe./Archiv)

Was passiert mit CKW-Shedhalle?

Doch auch im Gebiet «Reussbühl West» mit der ehemaligen Fabrik-Shedhalle an der Hauptstrasse geht es vorwärts. Dort sind die grössten Eigentümer die CKW und die Zürcher Personalvorsorgekasse (BVK). «In Reussbühl West läuft ein Testplanverfahren unter Federführung der Stadt Luzern», sagt Ulrich Freyenmuth. Architekten und Landschaftsarchitekten entwerfen momentan kreative Ideen, wie das Areal entwickelt werden könnte. Anschliessend werden die Ideen bewertet und es wird entschieden, welche Ideen weiter verfolgt werden.

Erhaltenswert, aber nicht geschützt

Offen ist noch, was mit der Shedhalle passiert: Bleibt sie (teilweise) bestehen, wird sie umgebaut, erhält sie einen Anbau? Alles ist möglich. Ist die Fabrikhalle eigentlich geschützt? Gemäss Auskunft von Gaby Wey von der Stadtentwicklung Luzern ist die CKW-Shedhalle im beschlossenen Bauinventar der früheren Gemeinde Littau als «erhaltenswert» aufgeführt. Erhaltenswert bedeute gemäss den Kriterien der Kantonalen Denkmalpflege «ein charakteristischer Bau von guter Qualität, der erhalten und gepflegt werden soll». «Der Umgang mit der Shedhalle wird im Testplanungsverfahren geklärt werden», sagt Gaby Wey. Geplant ist auch ein neuer Platz, der «Reussbühlplatz», dessen Standort noch nicht genau feststeht.

Ausstellung im Sommer geplant

Das Testplanungsverfahren wird von der Firma Metron Raumentwicklung AG begleitet. Gemäss Wey wurden vier Teams zur Testplanung eingeladen, jedes besteht aus Architektur- und Landschaftsarchitekturfachleuten (siehe Kasten). Zum zeitlichen Fahrplan sagt Wey: «Die Resultate der Testplanung liegen bis im Sommer vor. An einer Ausstellung, die voraussichtlich nach den Sommerferien stattfindet, wird man die Ideen und Modelle anschauen können.»

Das verkehrsgeplagte Quartier Reussbühl wird also in einigen Jahren buchstäblich «aufatmen» und attraktiver gestaltet werden. Geplant ist ein Ausbau des Erholungsgebiets am Reusszopf (zentral+ berichtete im Oktober). Ausserdem soll das Quartier verkehrsberuhigt werden. Fahren heute rund 20’000 Fahrzeuge täglich über die Haupstrasse durch Reussbühl, rechnet man dannzumal noch mit rund 3’000 Fahrzeugen am Tag.

Kein Weg über Banz-Areal

Die Erschliessung des Gebiets «Reussbühl Ost» wird nun definitiv über den Pfisternweg erfolgen, hat die Stadt beschlossen. Alle anderen Varianten, darunter auch eine Strasse bei der Velowerkstatt Banz, sind inzwischen verworfen worden. Banz hat sein Land inzwischen verkauft.

Verkehrsberuhigung

Was geschieht mit den Strassen im Quartier, wenn die Umfahrung einmal in Betrieb ist. «Wie im Masterplan vorgesehen, wird die Hauptstrasse Reussbühl verkehrsberuhigt und mit Tempo 30 signalisiert», sagt Gaby Wey. Mit Ausnahme der notwendigen Quartiererschliessungen für Reussbühl Ost und West diene die Hauptstrasse dann als Bus- und Veloachse. «Auf den angrenzenden Quartierstrassen soll aus Sicht der Stadt, soweit nicht bereits vorhanden, ebenfalls eine Tempo-30-Zone geprüft werden», so Wey.

Reussbühl aus der Vogelperspektive: Unten rechts «Reussbühl West» mit der CWK-Shedhalle, oben rechts «Reussbühl Ost». Das Quartier wird auf der neuen Strasse entlang der Kleinen Emme umfahren werden.

Reussbühl aus der Vogelperspektive: Unten rechts «Reussbühl West» mit der CWK-Shedhalle, oben rechts «Reussbühl Ost». Das Quartier wird auf der neuen Strasse entlang der Kleinen Emme umfahren werden.

(Bild: Luftbild vif, Kanton Luzern, Juni 2014)


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