Familienergänzende Kinderbetreuung

Nur zwei Kitas in der ganzen Region Entlebuch

Die Kitas in Zug bekommen heute Geld von der Stadt. Mit dem Systemwechsel geht das Geld per Betreuungsgutscheine an die Eltern.

(Bild: zentralplus)

Wer in der Region Entlebuch nach einer Kindertagesstätte in der Nähe seines Wohnorts sucht, hat es nicht einfach. Ausser in Wolhusen gibt es mittlerweile keine Kitas mehr, da die Nachfrage fehlt. «Zum Glück», findet die Sozialvorsteherin der Gemeinde Flühli.

Seit Ende 2013 die Kita «Mini» in der Gemeinde Entlebuch ihre Türen schloss, müssen Eltern ihre Kinder in eine der beiden verbleibenden nach Wolhusen bringen. Diese Situation ist nicht für alle Eltern zufriedenstellend. Sie müssen lange Bring- und Holwege auf sich nehmen, die ohne Auto kaum zu bewältigen sind. 

Warum besteht in der Region Entlebuch kaum ein Angebot bezüglich der familienergänzenden Kinderbetreuung? «Ich würde mich nicht trauen, in einer sehr ländlichen Gemeinde eine Kita zu eröffnen», meint Silvana Maier, Leiterin der Kita «Chlini Sonneschin» in Wolhusen. «Es dürfte schwierig sein, genügend Kinder zu finden.» Zum einen wüssten viele Eltern auf dem Lande gar nicht, was eine Kita alles leiste und zum anderen würden sie es bevorzugen, selbst auf ihre Kinder aufzupassen.

«Hier im Waldemmental ticken die Leute noch anders. Zum Glück, möchte ich sagen.»
Vroni Thalmann-Bieri, Sozialvorsteherin der Gemeinde Flühli 

Dem Trend der Stadt entgegen

Ähnlich sieht man das auch seitens der Gemeinde Flühli. «Auf dem Land oder hier im Waldemmental ticken die Leute noch anders. Zum Glück, möchte ich sagen», sagt Sozialvorsteherin Vroni Thalmann-Bieri. «Hier wird die Eigenverantwortung in der Bevölkerung noch vorgelebt. Nicht alle wollen dem Trend der Stadt und Agglo Folge leisten.»

Sie stelle fest, dass der Wert der Familie wieder vermehrt an Bedeutung gewinne und teilweise sogar vor dem Ziel eines hohen Einkommens stehe. «Man kann heute mit weniger zufrieden und dennoch glücklich sein», so Thalmann-Bieri weiter. Sei man gelegentlich auf familienergänzende Betreuung angewiesen, seien es die Nachbarn, Grosseltern oder freiwillige Helfer, bei welchen man Unterstützung fände.

«Sie ziehen lieber nach Flühli zurück, als dass sie ihre Kinder in irgendeiner Kita in der Agglo abgeben.»
Vroni Thalmann-Bieri, Sozialvorsteherin der Gemeinde Flühli 

So seien auch schon einige der Weggezogenen mit ihren neugegründeten Familien wieder nach Flühli zurück gekommen. «Sie kommen lieber zurück zu den Eltern respektive Grosseltern, als dass sie ihre Kinder in irgendeiner Kita in der Agglo abgeben müssen.» Somit erstaunt es auch nicht weiter, dass man seitens der Gemeinde Flühli keinen Handlungsbedarf sieht. «Für mögliche Notfälle, wo keine Verwandten oder Nachbarn da sind, reicht scheinbar das Angebot in Wolhusen und man richtet sich danach», sagt Thalmann-Bieri.

Tagesplatzvermittlung als Alternative

Betreuungsgutscheine seit Kita-Schliessung

In der Gemeinde Entlebuch hat die Leiterin der Kita «Mini» Ende 2013 aufgegeben. «Die Gemeinde Entlebuch hatte Verständnis für den Entscheid, hat diesen aber trotzdem bedauert und sich entschieden, sich auf andere Weise in der vorschulischen Kinderbetreuung zu engagieren», meint Sozialvorsteher Joe Herzog. So hat Entlebuch im November des vergangenen Jahres als erste Gemeinde in der Region Betreuungsgutscheine eingeführt. «Im Moment machen zwei Familien Gebrauch von diesem Angebot. Beide sind froh, dass sie ihre Kinder in einer Kita in der Nähe ihres Arbeitsortes betreuen lassen können.»

Nach der Schliessung der Kita «Mini» seien verschiedene Anbieter von Kitas auf die Gemeinde Entlebuch zugekommen. «Für eine Kita-Niederlassung fehlte jeweils der Nachweis für eine genügende Anzahl an zu betreuenden Kindern, auch über die Gemeindegrenze hinaus», so Herzog.

Flühli ist auch die einzige Gemeinde in der Region, die keine Leistungsvereinbarung mit dem Verein «Tagesplatzvermittlung Region Entlebuch» hat. Dieser vermittelt Tagesfamilien in den Gemeinden Escholzmatt, Marbach, Schüpfheim, Hasle, Entlebuch, Doppleschwand und Romoos. Die dem Verein angeschlossenen Gemeinden unterstützen diesen finanziell.

«Wir versuchen, eine massgeschneiderte Lösung für jede Familie zu finden», erklärt Claudia Duss-Küng, Vermittlerin des Vereins. Dazu gehöre auch, dass man Kinder stets in Tagesfamilien in deren Wohngemeinde vermittelt. Abweisen habe man bisher noch niemanden müssen, auch wenn es manchmal schwierig sei, die Bedürfnisse der Eltern und Tageseltern in Einklang zu bringen. «Von den Eltern wird oft eine hohe Flexibilität der Tageseltern erwartet», so Duss-Küng.

Ohne Nachfrage, kein Angebot

Das Angebot an familienergänzender Kinderbetreuung in der Region Entlebuch könnte gemäss Duss-Küng trotzdem besser werden. «Ich würde mehr Kitas begrüssen», meint sie und ist überzeugt, dass der Bedarf an Kitas im Allgemeinen unterschätzt werde. Eine Konkurrenz für die Tagesplatzvermittlung seien Kitas nicht, da es sich um ein anderes Betreuungsmodell handle.

«Ohne Nachfrage ist ein wirtschaftliches Angebot einer Kita gar nicht möglich.»
Regula Heuberger, Sozialvorsteherin der Gemeinde Schüpfheim 

Doch warum initiieren die Gemeinden aus der Region Entlebuch nicht mehr? «Ohne Nachfrage ist ein wirtschaftliches Angebot einer Kita gar nicht lohnenswert», erklärt Regula Heuberger, Sozialvorsteherin der Gemeinde Schüpfheim. Man habe sich beim Aufbau der Tagesplatzvermittlungsstelle für die Region engagiert. «Dies scheint uns nach wie vor eine auf unsere Verhältnisse angepasste Lösung zu sein», meint Heuberger. Bisher habe man nur eine Anfrage bezüglich einer Kita erhalten. «Diese Familie hat nun das Angebot in Wolhusen angenommen, auch wenn dies für ihre Situation nicht optimal ist.»

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